"Jens J. lässt über seinen Verteidiger erklären, dass er nicht wisse, was er falsch gemacht habe. Er habe die Frau einfach nicht gesehen und ein normales Fahrverhalten an den Tag gelegt."
Ich habe die Aussagen live im Gericht anders empfunden, als die Mopo es wiedergibt.
Die Aufforderung, dass ihm jemand erkläre, was er falsch gemacht habe, beziehe ich auf sein Fahrverhalten in der konkreten Situation, nicht auf den Unfall oder die fahrlässige Tötung.
Laut Gutachter war auch am vermuteten Fahrverhalten des LKW-Fahrers nichts ungewöhnliches (im Vergleich zu anderen LKW-Fahrern). Ebenso hielt der Gutachter die Geschwindigkeit des LKWs für typisch. Dennoch erklärte der Gutachter auf Nachfrage des Richters, ob er sich genauso verhalten würde, dass ihm aufgrund seiner beruflichen Erfahrung diese Geschwindigkeit zu hoch wäre und er sich in Schrittgeschwindigkeit vorgetastet hätte.
Die Staatsanwältin erklärte zu Ende des Prozesses, dass sie am Vortag die Unfallstelle mit ihrem PKW abgefahren hätte und ihr mit dem PKW schon 20 km/h als zu schnell vorkam.
Außerdem blieb trotz zahlreichen Zeugen am Ende ungeklärt, welchen exakten Weg die Radfahrerin vor dem Zusammenstoß genommen hatte.
Die Unfallermittler und der Gutachter haben anhand der vorhandenen Zeugenaussagen und Unterlagen, die die Radfahrerin mit sich geführt hatte, mögliche Routen und Verhaltensweisen erarbeitet und in die Gesamtdarstellung einbezogen.
Es gab an der Aussage des LKW-Fahrers, ee habe die Radfahrerin nicht gesehen, auch keine Zweifel. Laut Gutachter hing die Sichtbarkeit auch vom Fahrverhalten der Radfahrerin ab, da durch den unruhigen Hintergrund am Unfallort die Erkennung mal leichter mal schwieriger gewesen sein könne.
Hierzu konnten aber leider nur Vermutungen angestellt werden.
"Man ist als Fußgänger und Radfahrer Pkw und Lkw gnadenlos ausgesetzt", sagt der Richter. Wenn man einen klobigen und unübersichtlichen Lkw fahre, fährt er fort, "muss man eben noch vorsichtiger als alle anderen sein".
Der Richter erklärte auch noch "Ein LKW ist ein gefährlicher Gegenstand." Vorher sagte er noch etwas zum Umgang mit gefährlichen Gegenständen was ich mir nicht notiert hatte. Eine weitere Aussage des Richters war. "Sie hätten die Radfahrerin sehen können. Sie hätten Sie sehen müssen." Natürlich wurde im Laufe des Prozesses auch die Vermeidbarkeit des Unfalls durch die Radfahrerin kurz thematisiert, wobei der Richter, dem die Diskussion scheinbar nicht gefiel, bemerkte "Sie hätte auch den Unfall vermeiden können, wenn sie zu Hause geblieben wäre".