Als Angestellter kann ich meine Gesundheit nicht schützen, wenn es gesellschaftlich legitimiert ist, mit leichten bis mittelschweren Erkrankungen am Arbeitsplatz aufzutauchen und mein Arbeitgeber nichts dagegen unternimmt.
Eigentlich sollte das der Markt regeln: Idealerweise ist es für den Arbeitgeber günstiger, wenn sich der Arbeitnehmer krankschreibt. Der Infektiöse ist schneller wieder fit und insgesamt produktiver. Kollegen werden nicht angesteckt und bleiben produktiv. Ggfs. übernimmt die Krankenkasse solange den Lohn (das ist derzeit nur bei längerer Krankschreibung so?).
Klar kann ein Arbeitgeber bei zu häufiger Krankschreibung versuchen den Arbeitnehmer loszuwerden. Dasselbe gilt aber auch bei Quarantäne.
Wenn ich irgendwann zu der Risikogruppe hochbetagter Menschen gehöre, dann bin ich auch drauf angewiesen, dass meine Liebsten stark genug sind, den Traditionen des Weihnachtsfestes zu entsagen und mit Infektionen zu Hause bleiben, anstatt mich in Gefahr zu bringen. Ich kann mich auch noch dran erinnern, dass ich als Schulkind irgendwann mal die Weihnachtsbesuche trotz Fieber absolviert hatte — Weihnachten ist schließlich nur einmal im Jahr und wann sieht man die Verwandten denn sonst noch?
Es handelt sich hierbei um rein private Angelegenheiten, die man privat regeln kann und sollte. Da braucht man keinen Staat.
Und man darf mit Verwandten auch gerne mal ein Sommerfest machen. Auch da muss der Staat keine Vorgaben machen.
In der Zeit vor März 2020 wäre ich doch gestern gleich am ersten Tag ohne Fieber direkt wieder ins Bureau spaziert, um meinen Verpflichtungen gegenüber meinem Arbeitgeber als Arbeitskraft genüge zu tun, und hätte dort andere Menschen angesteckt. Es wäre komplett indiskutabel gewesen, auch nur einen Tag länger zu Hause zu bleiben als nötig.
Siehe oben. Ansonsten schauen wir mal wie sich die Technik weiterentwickelt. Vielleicht gibt es irgendwann wiederverwendbare (= billige) Schnelltests, welche auf diverse luftübertragbare Krankheiten gleichzeitig testen. Reinpusten, paar Sekunde warten, Ergebnis.
Ansonsten könnte es helfen, allgemeine Schätzungen zu veröffentlichen (so es diese noch nicht gibt), wie lange man nach Ende welcher Symptome noch infektiös ist. Wer Home-Office machen kann, bleibt dann solange (freiwillig bzw. Anordnung des Arbeitgebers) im Home-Office.
Wenn Home-Office keine Option ist, muss man schauen, wie man damit umgeht.
Wo ich den Text hier schreibe: Es kann durchaus Situationen geben, wo der Staat tätig werden sollte, z. B. wo Arbeitnehmer mit Lebensmitteln hantieren oder intensiven Kundenkontakt haben. Dort funktioniert der Markt nämlich nicht mehr, weil kranke Kunden externe Kosten sind.