Sehr geehrter Herr X,
an dem angesetzten 2. Arbeitsgespräch Radverkehr werde ich nicht teilnehmen und möchte dies im Folgenden begründen.
Bereits in der Einleitung zum ersten Arbeitsgespräch legte Herr Y großen Wert darauf, zwischen den eingeladenen Mitgliedern der Fahrrad-Initiative Stade (nicht ADFC) und der Verwaltung nicht über grundsätzliche Fragen zu sprechen. Ich halte es allerdings im Gegenteil für absolut notwendig, sich zunächst in grundsätzlichen Fragen einig zu sein, bevor man über Details redet. Besteht grundsätzlich Einigkeit, kann man anschließend beraten, wie und mit welcher Priorität man Detailfragen löst, aber nicht mehr ob man das überhaupt tut. Ansonsten wird sich jede weitere Diskussion im Kreis drehen und ist nicht zielführend. Diese verfahrene Situation haben wir nun bereits seit unserem ersten Treffen im September 2017.
Ich sehe nach wie vor erhebliche Diskrepanzen zwischen rechtlichen Vorgaben und deren Anwendung und Umsetzung in Stade. Bisherige Kritik wurde seitens der Verwaltung regelmäßig als unbegründet zurückgewiesen oder angeführt, dass es keine andere Lösung gebe. Zuletzt am Beispiel verkehrsgefährdender Baustellenabsicherungen, bei der sich -wie in Stade allgemein üblich- Fußgänger und meistens auch Radfahrer am besten in Luft auflösen sollten, während der Kraftverkehr ungehindert an den Arbeitsstellen vorbei geführt wird.
In der Wallstraße werden Radfahrer gebeten, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen und illegal auf dem linken Gehweg zu fahren, anstatt auf der Fahrbahn. Am Salztor wird Richtung Altländer Straße seit eineinhalb Jahren Radfahren und Zufußgehen verboten (vielleicht aber auch nur für Radfahrer, die zuvor vom Fahrrad abgestiegen sind). Das, was vermutlich beabsichtigt ist, nämlich dass Radfahrer ihr Fahrrad auf dem linksseitigen Gehweg schieben, funktioniert aber ganz offensichtlich nicht. Die Zahl der Geisterradler hat sich seitdem deutlich erhöht und es ist zu beobachten, dass viele Radfahrer im weiteren Verlauf der Altländer Straße auf der falschen Seite weiterfahren. Es besteht auch überhaupt kein Grund für eine Anordnung, die dort das Fahrradfahren komplett verbietet, denn jeder Radfahrer, der nicht auf der Fahrbahn fahren mag, kann selbst entscheiden, sein Fahrrad stattdessen auf dem linksseitigen Gehweg zu schieben, zu tragen oder sich einen anderen Weg zu suchen.
Wiederholt habe ich bemängelt, dass schwer erkennbare und gefährliche Hindernisse auf Radwegen errichtet werden (ja, ich habe heute Morgen positiv zur Kenntnis genommen, dass die vorbereiteten Umleitungsschilder rund um den Kreisel Kaisereichen nun an den Rand gelegt wurden). Ich habe Ihnen bereits im September 2017 Bilder von hölzernen Umlaufsperren gezeigt, bei denen nicht einmal annähernd die Gestaltungsrichtlinien der StVO beachtet werden. Diese illegalen Hindernisse bestehen bis heute und erfüllen teilweise nicht einmal einen nachvollziehbaren Zweck. Auf unsere im April 2018 eingereichte Maßnahmenliste haben wir außer einer Empfangsbestätigung bis heute keine Reaktion erhalten.
Herr Y sagte mir einmal, dass es eines Ratsbeschlusses bedürfe, bevor man geltendes Verkehrsrecht in Stade auch für den Radverkehr anwendet. Ich sehe unsere Positionen hier so weit auseinander liegen, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie auf dieser Grundlage eine zielführende Diskussion möglich sein soll. Auf der vergangenen Sitzung des FSV hat Herr Z ganz im Gegenteil betont, dass verkehrsrechtliche Anordnungen alleinig Sache der Verwaltung sind. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben sei die Verwaltung nicht an Ratsbeschlüsse gebunden sondern ausschließlich an geltende Verordnungen und Vorschriften. Warum sollte dies anders sein, wenn es um den Radverkehr geht?
Grundsätzliche Fragen, die aus meiner Sicht geklärt werden müssen, bevor man sich bei weiteren Gesprächen mit konkreten Detailfragen befasst:
- Was sind grundsätzliche Ziele der Stader Verkehrsplanung und welche Rolle spielt dabei der Radverkehr?
- Was fällt alleinig in die Zuständigkeit der Verwaltung und wofür sind politische Beschlüsse nötig?
- Auf welchen rechtlichen Grundlagen beruhen Entscheidungen der Verwaltung?
- Nach welchen Grundsätzen übt die Verwaltung dabei ihren Ermessensspielraum aus?
- Welche Rolle spielen dabei technische Regelwerke und Empfehlungen (RASt06, ERA2010, ...)?
- Welche Konsequenzen werden aus dem Unfallgeschehen mit Radfahrerbeteiligung gezogen?
Am vergangenen Mittwoch wurde mir von Herrn Z die Antwort auf eine zuvor schriftlich eingereichte Einwohnerfrage mit der Begründung verweigert, dass ich Teilnehmer der von der Verwaltung einberufenen Arbeitsgespräche sei. Wenn die Verwaltungsspitze der Meinung ist, dass ich mit der Teilnahme an den Gesprächen mein Recht verwirkt habe, eine Einwohnerfrage stellen zu dürfen, muss ich die Konsequenz ziehen, mich von diesen Arbeitsgesprächen zurück zu ziehen. Es wäre schön, wenn Sie uns nicht weiter als Gegner betrachten, sondern unsere Mitarbeit als hilfreiche Unterstützung bei der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben ansehen könnten.
Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Yeti