Sehr geehrte Frau Blauert,
in der Meldung zur Verkehrsunfallstatistik 2019 für die Polizeidirektion Lüneburg https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/56836/4554079 schreiben Sie:
"11 der insgesamt 12 verstorbenen Fahrradfahrenden trugen keinen Helm. Dieses hätte bei einem großen Teil der Verkehrsunfälle die todesursächlichen Schädel-Hirn-Traumata verhindern können."
Worauf stützen Sie die Aussage, dass ein Fahrradhelm bei einem großen Teil der Verkehrsunfälle die todesursächlichen Schädel-Hirn-Traumata hätte verhindern können? Liegen Ihnen dazu entsprechende Gutachten vor?
Ich beobachte das Unfallgeschehen mit Radfahrenden insbesondere in der Stadt und im Landkreis Stade. Aus den Pressemeldungen sind mir hier in den letzten Jahren die folgenden tödlichen Unfälle bekannt geworden:
16.08.2019 http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59461/4350951 Ein PKW-Fahrer verliert in einer Rechtskurve die Kontrolle über sein Fahrzeug und kommt nach links von der Fahrbahn ab. Dabei rammt er frontal einen entgegenkommenden Radfahrer. In der Pressemeldung stand nicht, ob der Radfahrer einen Helm trug. Falls nicht: Liegen Ihnen Informationen vor, dass der Unfall für den Radfahrer durch das Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
Dies war nach meinen Kenntnissen im Landkreis Stade der einzige tödliche Unfall eines Radfahrers im Jahr 2019. Die folgenden tödlichen Unfälle ereigneten sich in den Jahren 2014 bis 2018.
04.11.2018: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59461/4105413 Ein 90-jähriger Autofahrer missachtet das Rotlicht und stößt mit einem 73-jährigen Radfahrer zusammen, der an der Ampel, die Fahrbahn überquert. Trug der Radfahrer einen Helm und falls nicht: Wäre der Unfall mit Fahrradhelm überlebbar gewesen?
15.10.2018: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59461/4088647 Eine 16-jährige Radfahrerin überquert bei noch geschlossener Halbschranke einen Bahnübergang und wird vom Regionalexpress erfasst. Trug die Radfahrerin einen Helm und falls nicht: Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass der Unfall beim Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
18.06.2018: https://www.tageblatt.de/lokales/blauli…id,1374364.html Ein 51-jähriger Radfahrer stürzt bei Dammhausen in einen Bach und ertrinkt. Trug der Radfahrer einen Helm und falls nicht: Hätte der Helm das Ertrinken verhindert?
20.10.2016: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59461/3461134 Beim Überqueren der L130 zwischen Nottensdorf und Horneburg wird ein 19-jähriger Radfahrer beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst. Der Radfahrer ist einige Tage später seinen schweren Verletzungen erlegen. Trug der Radfahrer einen Helm und falls nicht: Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass der Unfall beim Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
20.07.2015: https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/harsefeld/c-bl…motorrad_a64245 Beim Überqueren der Straße stößt ein 84-jähriger Radfahrer mit einem Motorradfahrer zusammen. Trug der Radfahrer einen Helm und falls nicht: Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass der Unfall beim Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
05.01.2015: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59461/2919488 Ein 53-jähriger Radfahrer wird auf der L11 von einer von hinten kommenden Autofahrerin "erfasst", 20m mitgeschleift und unter dem Auto eingeklemmt. Trug der Radfahrer einen Helm und falls nicht: Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass der Unfall beim Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
30.09.2014: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/59461/2842218 In Buxtehude wird eine 30-jährige Radfahrerin von einem auf ein Firmengelände abbiegenden LKW auf dem Radweg überrollt. Trug die Radfahrerin einen Helm und falls nicht: Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass der Unfall beim Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
02.03.2014: https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/fredenbeck/c-b…estorben_a33340 Ein 85-jähriger Radfahrer stößt beim Überqueren der K70 mit einem Auto zusammen. Trug der Radfahrer einen Helm und falls nicht: Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, dass der Unfall beim Tragen eines Fahrradhelmes überlebbar gewesen wäre?
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich trage in der Regel beim Fahrradfahren selbst einen Helm und kann auch nachvollziehen, wenn die Polizei für das Tragen eines Fahrradhelmes wirbt. Die Aussage, dass das Tragen eines Fahrradhelmes bei einem großen Teil der Unfälle die tödlichen Verletzungen verhindert hätte, halte ich jedoch für reine Spekulation. Ich glaube vielmehr, dass bei einem Großteil der oben angeführten Unfälle ein Helm keine Wirkung gehabt hätte (oder offensichtlich keine Wirkung gehabt hat, wenn einer getragen wurde).
Bei den tödlichen Unfällen im Landkreis Stade der letzten Jahre fallen mir vier Unfälle auf, bei denen Radfahrer beim Überqueren der Straße ums Leben kamen. Drei der verunglückten Radfahrer waren älter als 70 Jahre.
Ist der Polizei bewusst, dass viele Radverkehrsanlagen nicht den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift zur StVO entsprechen? An den Kreis- und Landstraßen wechseln begleitende Radwege zum Teil auf freier Strecke die Straßenseite. Ein Warnschild (VZ 138) soll dann als "sichere Querungsmöglichkeit" gelten, die jeweils am Anfang und am Ende eines linksseitigen Radweges vorgeschrieben ist?
Welche Maßnahmen ergreift die Polizei, um solche Gefahrenstellen zu entschärfen oder halten Sie es für ausreichend, Radfahrenden zum Tragen eines Fahrradhelmes zu raten, um die Unfallfolgen abzumildern?
Mit freundlichen Grüßen und Bitte um Antwort