Beiträge von Yeti

    Es ist nunmal ein Dilemma, weil das, was auf der einen Seite hilft, auf der anderen Seite schadet. Daher ist es nicht zynisch, dass man abwägen muss. Aber natürlich ist das auch keine leichte Entscheidung, zumal man nicht im Voraus genau weiß, welchen Nutzen oder Schaden die Maßnahmen bringen.

    Derzeit steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch ganz gut da, was die Quote der tödlichen Krankheitsverläufe angeht. Das liegt zum Einen daran, dass in Deutschland viel getestet wurde und daher die Dunkelziffer der Infizierten nicht ganz so groß ist wie in anderen Ländern. Zum Anderen liegt es daran, dass unser Gesundheitssystem bisher noch nicht an seine Grenzen gekommen ist. Das ist der Punkt, den man unbedingt vermeiden muss, weil wir sonst die selbe Katastrophe erleben werden wie in Italien.

    Auf der anderen Seite muss auch klar sein, dass die Pandemie erst überstanden ist, wenn ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung immun geworden ist und die "Herdenimmunität" einer unkontrollierten Verbreitung des Virus entgegen wirkt. Solange es keinen Impfstoff gibt, bedeutet das, dass sich noch viele Menschen infizieren werden. Es gibt ja Ansätze, dass man Antikörper aus Plasmaspenden von Leuten gewinnt, die die Krankheit bereits überstanden haben und diese Antikörper zur Behandlung schwer erkrankter Patienten einsetzt.

    Mal 'ne doofe Frage: Kann man nicht die derzeitigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus für notwendig halten, aber sich dennoch Sorgen machen dürfen, was diese Maßnahmen langfristig für Folgen haben könnten? Ich halte bei aller persönlichen Betroffenheit die "Whatever-it-takes"-SIchtweise für nicht unproblematisch.

    Nach der Italienischen Betrachtung versterben 9,5% der identifizierten Erkrankten. Diese Statistik ist sicher mit einigen Problemen behaftet (nicht ausreichende Tests ganz vorne), dennoch darf es in einer halbwegs zivilisierten Gesellschaft meiner Ansicht nach nicht akzeptabel sein Menschenleben in dieser Größenordnung zu riskieren

    Das war kürzlich ein Thema im Podcast mit Christian Drosten . Wer das nicht kennt https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcast4684.html

    Die Sterblichkeitsrate hängt natürlich entscheidend davon ab, welche Zahlen man ins Verhältnis setzt. In Deutschland sind auch Verdachtsfälle getestet worden und damit wurden auch Fälle erfasst, bei denen eine Infektion keine Symptome oder aber einen milden Verlauf der Krankheit ausgelöst hat. In Italien gibt es dafür längst keine Kapazitäten mehr und als gesicherte Positiv-Fälle können fast nur noch die gezählt werden, die in den Krankenhäusern zur Behandlung aufgenommen werden. Dass unter denjenigen mit einem schweren oder sehr schweren Verlauf die Sterblichkeitsrate höher ist, liegt auf der Hand. Und natürlich erst recht, wenn die Kapazitätsgrenzen der Krankenhäuser überschritten sind und nicht mehr jeder eine medizinische Behandlung bekommt, der sie braucht.

    Damit möchte ich aber keinesfalls der Aussage widersprechen, dass die Zahl der Opfer wie in Italien nicht einfach hingenommen werden kann. Der Vize-Gouverneur von Texas sieht das ganz anders: https://www.spiegel.de/panorama/coron…61-ecb8af0f402d

    Ob ich die Polizei damit beeindrucke, weiß ich nicht. Mir würde es reichen, wenn sich die Verfasserin der Pressemeldung selbst in einem stillen Moment kurz die Frage stellt, ob sie da vielleicht dummes Zeug geschrieben hat.

    Die Polizeidirektion Lüneburg macht in der Presseerklärung zur Verkehrsunfallstatistik 2019 Helmwerbung. Das hat bei mir einige Fragen aufgeworfen.

    Bei uns sind ab morgen alle Restaurants geschlossen. Erlaubt bleiben Lieferdienste und der Außer-Haus-Verkauf, aber die Speisen dürfen nicht im Umkreis von 50m um den Betrieb verzehrt werden. Damit möchte man wohl verhindern, dass die Leute vor der Dönerbude wieder in Gruppen stehen.

    Die Restaurants in unserer Straße versuchen sich gerade damit zu retten, dass sie Gerichte zum Mitnehmen anbieten. Allerdings dürfen wir bei denen nichts bestellen, weil wir weniger als 50m entfernt wohnen. Wir müssen dann das Angebot eines weiter entfernten Anbieters nutzen. Der Pizzabringdienst vom anderen Ende der Stadt darf auch noch kommen. Oder wir müssen uns mindestens 50m entfernt auf eine Parkbank setzen und dürfen dann dort essen.

    Das passiert, wenn man in der Allgemeinverfügung die Worte "im Freien" vergisst.

    Zitat

    3. Der Verzehr ist innerhalb eines Umkreises von 50 Metern zu diesen Betrieben unzulässig.

    https://www.landkreis-stade.de/portal/bekannt…4478-20350.html

    *edit: Damit es keine Missverständnisse gibt: Wir kochen selbst und essen zuhause. Trotzdem haben wir überlegt, ob wir unseren Nachbarn helfen können, indem wir dort mal etwas bestellen und mitnehmen.

    Ich dachte, der :) zeigte, dass diese Aussage nicht so ernst gemeint war. Natürlich wollte ich nicht behaupten, dass jemand, der niest, nicht mit dem Corona-Virus infiziert ist oder nicht infiziert sein kann.

    Natürlich gibt es in Baumärkten Dinge, die man auch jetzt dringend braucht. Aber der Baumarkt darf natürlich auch alles andere verkaufen, das man jetzt gerade nicht unbedingt braucht und die Leute gehen in den Baumarkt, um solche Dinge zu kaufen.

    Beim Optiker denke ich auch an Kontaktlinsen: Sind die weniger wichtig als Blumenerde? Frisöre dürfen geöffnet haben: Ist ein Haarschnitt derzeit wichtiger als eine neue Jacke?

    Wenn die Maßnahmen noch länger andauern (was zu erwarten ist), muss hier auf jeden Fall noch nachgesteuert werden.

    Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits bin ich fest überzeugt, dass die unkontrollierte Ausbreitung des Virus drastische Maßnahmen und die Bereitschaft jedes Einzelnen, sich einzuschränken, erfordert. Die Willfährigkeit, von der Malte schreibt, finde ich allerdings auch besorgniserregend.

    Vielleicht ist es erst einmal menschlich, auf eine extreme Situation extrem zu reagieren. Aber es ist eben auch wichtig, nicht alles andere außer Acht zu lassen. Die derzeitigen Regelungen führen dann im Detail bereits zu absurden Konstellationen, die in der Form nicht zusammenpassen: Volle Straßencafés, tagsüber geöffnete, aber abends geschlossene Restaurants. Kann man sich und andere nur abends anstecken? Wäre es nicht sinnvoller, allgemeingültige Abstandsregeln einzuführen, die unter bestimmten Voraussetzungen einen durchgehenden Betrieb ermöglichen?

    Baumärkte haben geöffnet, vermutlich auch um die Materialversorgung des Handwerks zu gewährleisten. Große Teile des sonstigen Einzelhandels sind aber geschlossen: Wäre es nicht sinnvoller, den Zugang zu begrenzen? Warum darf man gerade Blumenerde kaufen, aber keine neue Hose? Der Einzelhandel vor Ort geht vor die Hunde und der Onlinehandel reibt sich die Hände. Ich könnte k*****, wenn ich den Amazon-Werbespot sehe, dass man dort ruhigen Gewissens kaufen kann, weil Amazon seine Mitarbeiter so toll behandelt.

    Ich wundere mich, wer alles gerade lautstark unter dem Hashtag #staythefuckathome gute Ratschläge gibt. Wem mit einem festen Arbeitsvertrag oder gar mit Beamtenstatus gerade Heimarbeit verordnet wurde, der kann natürlich den Mund weit aufreißen.

    Es gibt zwei Seiten: Zum Einen das Bedürfnis, mal vor die Tür zu gehen, bevor einem die Decke auf den Kopf fällt, etwas Frühlingssonne zu tanken, bei allen Einschränkungen und mit der gebotenen Vorsicht, soziale Kontakte auf einem Mindestlevel aufrecht zu erhalten. Das alles sehe ich wenn vielleicht auch nicht grundsätzlich als völlig unbedenklich, dann aber dennoch als vertretbar und in einem gewissen Maße auch als notwendig an. Stellt euch mal vor, ihr habt den ganzen Tag im Krankenhaus geschuftet und sollte abends nicht einmal mehr alleine vor die Tür gehen dürfen, um mal den Kopf frei zu bekommen.

    Auf der anderen Seite gibt es aber immer noch einen Haufen Leute, die nicht begreifen wollen, was gerade abgeht und die sich über alle Empfehlungen und Aufforderungen hinweg setzen und die bestehende Rest-Freiheit missbrauchen, indem sie für Tätigkeiten, die nicht erforderlich sind, hohe Risiken eingehen. Man stößt in solchen Situationen halt auch immer wieder auf Reaktanz.

    Das ist aber nicht die Folge davon, dass die Leute anstatt mit dem Auto mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen, sondern dass sie gar nicht mehr unterwegs sind. Deshalb schrieb ich, dass das, was wir gerade erleben nicht die Lösung gegen den Klimawandel ist.

    Es mag sein, dass der Eine oder Andere gerade erlebt, dass es auch anders geht (gehen muss) als gewohnt und dass weniger Autoverkehr sich gut anfühlt. Aber die derzeitigen Maßnahmen gehen weit über das hinaus, was die Gesellschaft längerfristig aushalten kann. Und wir stehen erst am Anfang der Pandemie!

    Meine Frau betreibt einen kleinen Laden mit Werkstatt. Der Werkstattbetrieb fällt derzeit unter die Ausnahme für Handwerksbetriebe, aber der Laden ist dicht. Wenn eine Ausgangssperre verhängt wird, gibt es auch für die Werkstatt keine Aufträge mehr, weil niemand mehr hier hin kommt und dann brechen die Einnahmen zu 100% weg. Unsere Nachbarin betreibt einen kleinen Buchladen -> geschlossen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befinden sich Kneipen und Restaurants -> geschlossen. Da kommt auch gerade keiner mehr mit dem Fahrrad, wenn das Restaurant geschlossen hat.

    Wer jetzt im Homeoffice einfach weiterarbeiten kann, versteht das vielleicht nicht, was gerade passiert.