So, mein Rad ist wieder sauber.
Aufgrund meines Urlaubs hatte sich die Regulierung zunächst um eine Woche verzögert. Doch am darauf folgenden Montag bin ich mit meinem verschmutzten Fahrrad wieder zum Bahnhof gefahren und habe es demonstrativ genau dort abgestellt, wo die Verschmutzung herbeigeführt wurde. Da ich die Telefonnummer vom Bauleiter ja aus der schriftlichen Antwort bekommen hatte, habe ich ihm kurzerhand per WhatsApp mitgeteilt, dass ich am Montag Nachmittag aus der S-Bahn steigen und das Angebot annehmen werde, die weitere Vorgehensweise vor Ort zu besprechen. Er war einverstanden.
Also bin ich am Nachmittag erst einmal zu meinem Fahrrad. Dort habe ich es überraschenderweise in einem einigermaßen gereinigten Zustand vorgefunden:

Der Bauleiter war zu diesem Zeitpunkt bereits seit einer halben Stunde im wohlverdienten Feierabend. Nur ein weiterer Mitarbeiter der Baufirma war noch da, war über den Fall aber voll im Bilde. Er sagte, gerne hätte man das Fahrrad auch noch gründlicher gereinigt, wenn ich es nicht angeschlossen hätte. So aber hätte nur eine grobe Reinigung durchgeführt werden können. Mir wurde vorgeschlagen, dass ich am nächsten Tag das Fahrrad wieder vorbei bringe und direkt vor den Baucontainern platziere. Auch um fünf Uhr in der früh wird schon gearbeitet, so dass das Fahrrad direkt in Empfang genommen werden könne.
Also gesagt, getan! Am nächsten Morgen Fahrrad postiert. Es war jedoch wieder ein anderer Mitarbeiter vor Ort, der sich meiner annahm. Den Bauleiter gibt es dort wohl gar nicht. Egal. Mir wurde zugesichert, dass das Fahrrad am Abend sauber geputzt abholbereit wäre. Ich bräuchte mir keine Sorgen machen, das Fahrrad würde nicht abhanden kommen. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass die Baufirma gar nicht selbst das Fahrrad eingesaut hatte, sondern ein Sub-Unternehmer, der das Arbeitsmaterial der Baufirma benutzt. Der Sub stellt anscheinend lediglich die Arbeitskraft. Ich erklärte trotzdem noch kurz mein Bügelschloss mit Zahlencode, damit das Fahrrad nicht doch noch wegkommt und setzte mich in die S-Bahn.
Abends empfing mich dann ein fast perfekt geputztes und angeschlossenes Fahrrad.

Und ich hatte nicht den Eindruck, als hätte man den scharfen Strahl eines Hochdruckreinigers draufgehalten. Nein, da muss sich jemand intensiv und ganz genau mit der Reinigung auseinander gesetzt haben. Der Rahmen, der Korb, die Speichen und Felgen: Alles war wieder blitzblank sauber. Ich war schwer beeindruckt. Da zu diesem Zeitpunkt kein Mitarbeiter greifbar war, trat ich meine Fahrt nach Hause an. Zwar bemerkte ich einige Schleifgeräusche, zu Hause angekommen musste ich dann aber nur abgeplatzten Lack von der Innenseite des Schutzblechs entfernen. Die Schutzbleche sind ohnehin unterhalb des Lacks großflächig verrostet, so dass es nicht verwundert, dass dort überall der Lack abblättert.
Heute morgen wiederum hatte ich auf dem Bahnsteig insgesamt drei Mitarbeiter der Baufirma getroffen. Man erkannte mich sofort und begrüßte mich freudestrahlend. Hätte nur noch das Bier am Morgen gefehlt und wir hätten zwischen Betonplattenstapel und Absperrzäunen angestoßen. Zwar begann man dann, sich über mein Fahrrad nun etwas lustig zu machen: Es würde Schrott darstellen, andererseits würden über Facebook schon Höchstpreise dafür geboten. Gaudi hin und her. Man zwinkerte mir zu und ich bedankte mich nochmal für die Reinigung. Auch teilte ich nochmals mit, dass ich sehr positiv überrascht bin über den ganzen Ablauf der Regulierung. So verschwand ich in der kurz darauf einfahrenden S-Bahn. Ach ja, ich fragte noch gezielt nach, ob nun der Sub das Fahrrad gereinigt hätte. Nein, das wäre die Baufirma selbst gewesen. Man hätte die Reinigung anscheinend sehr freudig genossen. Keine Ahnung, was man damit gemeint hat. Das ganze Thema muss die Stimmung auf der Baustelle wohl extrem angehoben haben.
Na, jedenfalls ist für mich die Sache nun erledigt. ich werde stets dieses Erlebnis in Erinnerung behalten, wann auch immer ich an meinem Heimatbahnhof ein- oder aussteige. Und das wird wohl geschätzt noch bestimmt zehntausend Mal der Fall sein. Lustige Sache!
Ich sag mal, es ist schon doch ein Unterschied, ob es nun meinen 60.000-Euro-SUV betreffen würde (wenn ich denn einen hätte), oder eben ein schrottiges, aber dennoch zuverlässiges und funktionsfähiges Bahnhofsfahrrad, was bei eBay vielleicht für maximal 55 Euro weggehen würde. Daher habe ich mich dazu entschlossen, auch nicht den offiziellen Weg über (mecker, mecker...) Sachverständigen, Fahrradwerkstatt, möglicherweise Gericht usw. zu gehen. Die Baufirma hat ihrerseits so süß mitgewirkt und war wirklich um mein Fahrrad und mich echt besorgt. Das belohne ich dann auch mit meiner vollsten Zufriedenheit. Irgendwo muss man ja auch noch Mensch bleiben.