Beiträge von Th(oma)s

    ARD und UDV behaupten, dass Pedelecs gefährlich seien.

    Das ist aber Unfug. Die vergleichsweise große Morbidität (Quote Schwerverletzte/Verunglückte) und Mortalität (Quote Getötete/Verunglückte) der Pedelec-Nutzer ergibt sich m.E. aus zwei banalen Tatsachen: erstens, Pedelecs werden zu einem viel größeren Anteil als klassische Räder außerorts benutzt und 2) die Nutzer sind im Schnitt deutlich älter als die Gruppe der Nutzer klassischer Räder: Abbildung und Quelle dazu.

    Dass sowohl hohes Alter wie außerörtliche Lage starke Risikofaktoren für die erhöhte Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall zu sterben sind, ist aber keine Besonderheit bei Pedelecs. Dieses Phänomen zeigt sich unisono auch bei Fußgängern, Radfahrern und sogar bei PKW-Insassen.
    Dominierdende Hauptursache für Todesfälle mit Pedelecs sind wie bei Fahrrädern die diversen Vorfahrtfehler. Fahrfehler, die sich auf die "aberwitzig" hohen Geschwindigkeiten der Pedelecs zurückführen ließen, gibt es nur in statistisch unauffälligen Einzelfällen.

    Die Logik finde ich spannend. Wenn deine Frau dir sagt, bring Käse mit und im Supermarkt gibts mehr als einen, kaufst du Wurst?

    Die Anweisung des jeweiligen Schildes lautet ja im übertragegen Sinne nicht "Bring irgendwelchen Käse mit"!", sondern "Bring ausschließlich Gouda mit; alle anderen Sorten sind giftig!". Das wiederum beißt sich mit der Anweisung auf dem zweiten Schild/Einkaufszettel: "Bring ausschließlich Emmentaler mit; alle anderen Sorten giftig!". Und da braucht sich keiner zu beklagen, wenn man verwirrt die Finger gänzlich vom Käsekauf lässt.

    Einen Kölner Richter habe ich immerhin dazu gebracht zu sagen, dass eine Anordnung nichtig ist. Er führte weiter aus, dass der Radfahrer sich entscheiden kann, welche Anordnung er für nichtig hält. Aber sobald er das getan hat, ist die zweite Anordnung in Ordnung und er muss dieser folgen.

    Schrödingers Radweg, quasi. :D
    Ist er auch darauf eingegangen, dass die Frage der Radwegbenutzung nur Sinn im Kontext einer von mehreren Verkehrsteilnehmern gleichzeitig benutzten Straße ergibt? Und dass die Interpretation der Schilder durch unterschiedliche Personen vorhersehbar zu unterschiedlichen Gültig- bzw. Nichtigkeiten und damit unterschiedlichem Verhalten führen muss? Und dass diese Unberechenbarkeit das Raum-Zeit-Kontinuum die Verkehrssicherheit schwer in Gefahr bringt?

    Angesichts der urbanen Legende, dass man angeblich ohne Schild gar keine Radwege finden kann, muss man im oben erwähnten Fall "unbeschilderter Hochbordradweg vs. beschilderter Radstreifen" allerdings erstaunt fragen: "Welcher Hochbordradweg??" :evil:

    Ich für mich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mich mit meinem Google-Wissen keine Richter widerlegen kann. Das bleibt anderen Richtern überlassen.

    Die StVO ist ein Verhaltens-Leitfaden für Laien. Wenn der Gesetzgeber möchte, dass ich als Laie nach einer unbeschilderten Einmündung nicht vom Radweg runterfahre, dann muss er mir das im Klartext bitte auch so ins Gesetz schreiben. Alles andere ist billiges Nachkarten aus dem juristischen Elfenbeinturm.

    Wer aufgrund vorheriger Fahrten von der B-Pflicht weiß, muss sich an sie halten. Auch wenn er auf der konkreten Fahrt gar nicht an einem entsprechenden Schild vorbeigekommen ist.

    Unlogisch. Wer auf vorherigen Fahrten an der Nicht-Beschilderung vorbeigekommen ist, weiß ja nicht nur um die Beschilderung, sondern eben auch um die Nicht-Beschilderung :D

    Es hat aber schon Amtsrichter gegeben, die das anders sehen.

    Ich kenne nur den umgekehrten Fall, wo es darum ging, ob man ohne explizite "Ende"-Kennzeichnung an einer Einmündung auf einem zuvor gekennzeichneten linken Radweg weiterfahren darf. Tenor: eigentlich nicht, aber dem Radfahrer könne in so einem Fall Verbotsirrtum zugestanden werden.

    Tenor:
    Die Benutzungspflicht gilt bis zum beschilderten Ende oder einer deutlichen baulichen Veränderung des Radwegs.

    Richterliches (=autofahrerisches...) Wunschdenken ohne Korrellat zum "Gesetz".

    Die StVO kennt die Pflicht zum beschilderten Ende nur für Streckenverbote (Überholverbote, Tempolimits). Radwegbeschilderungen stehen zudem nach der gängigen Rechtsprechung zu § 45 Abs. 9 StVO den Verkehrsverboten gleich. Hast du irgendwo schonmal gelesen, dass Z.250 ohne explizite Aufhebung bzw. eine "deutliche bauliche Veränderung" der Straße über die nächsten Einmündungen weitergelten würde?

    Andererseits: wenn "deutliche bauliche Veränderungen" im Verlauf schon für eine Aufhebung ausreichen, kenne ich eine ganze Menge Radwege, die bereits *weit* vor der nächsten Einmündung nicht mehr benutzungspflichtig wären. :evil:

    Die Benutzungspflicht gilt auch für Dich.

    Welche Benutzungspflicht? Wenn die Kennzeichnung nach einer Einmündung nicht erneut angeordnet wird, dann gibt es für den folgenden Abschnitt halt keine BPfl. Ob aus der betreffenden Einmündung auch KFZ herauskommen können, ist für den Statuswechsel vollkommen unerheblich.

    An dieser Stelle kommt regelmäßig das Argument "aber mit der VwV-Novelle von 2009 ist doch die Vorschrift zur Wiederholung der Kennzeichnung entfallen, also ist die Wiederholung auch für den Fortbestand nicht mehr notwendig!". Das ist ein Denkfehler; der Schluss ist logisch unzulässig. Der Gesetzgeber hat die Anweisung "die Beschilderung ist an jeder Einmündung zu wiederholen" wohl im Gegenteil gerade deswegen gestrichen, weil die vorherige Formulierung zu dem gerne gepflegten Missverständnis führte, dass die Wiederholung der Kennzeichnung auch dann zwingend vorgeschrieben sei, wenn auf dem betreffenden Teilabschnitt eines Straßenzuges die Voraussetzungen zur Anordnung gar nicht erfüllt wären.

    Die Nutzung eines privaten Kfz muß zu dem Luxus werden, der sie beim Ressourcen- und Energieverbrauch ganz überwiegend längst ist: Pure Verschwendung, wie für die Reichen heutzutage Privatflugzeuge.

    Ich meine, der "Luxus" besteht nicht in der Nutzung eines bestimmten Verkehrsmittels, sondern in dem damit und deswegen gezechten erhöhten Mobilitätsbudget. Wenn die Leute mit dem Wagen nur zum Brötchen holen fahren würden, dann wäre die berüchtigte Fahrt zum Bäcker umwelt- und verkehrspolitisch ebenso irrelevant wie die Abwicklung des gleichen Weges zu Fuß, mit dem Rad (oder wegen mir auch mit dem Privathelikopter).

    Verkehrs- und Umweltprobleme resultieren also nicht daraus, dass jemand alles in allem 100 km im Jahr mit dem Wagen zum Bäcker fährt. Sie entstehen daraus, dass der mit einer zusätzlich zurückgelegten Wegstrecke produzierte gesellschaftliche oder persönliche Mehrwert exponentiell gegen Null strebt. Für die Persönlichkeitsentwicklung reicht quasi die traditionelle Bildungsreise nach Italien aus - einmal im Leben. Jede weitere Urlaubsfahrt ist dann nur noch eine endlose Wiederholung des immer gleichen Rituals mit ganz rapide abnehmendem Effekt.

    Was wir bräuchten, wäre eine drastischen Reduktion der ausufernden Mobilitätsansprüche. Dies könnte man durch einen Mechanismus bewirken, der jeden zusätzlich zurückgelegten Kilometer Ortsveränderung von Waren und Personen unabhängig vom Verkehrsmittel *exponentiell* teurer macht. Eine progressiv ansteigende kilometerabhängige KFZ-Steuer wäre da ein Anfang.

    Unfällen mit Personenschaden im Jahr 2016 zwischen Rad- und Kraftfahrern wurden zu 75 % von den Kraftfahrern verursacht. Beim tötlichen Ausgang liegt die Quote bei 56 %.

    Dass die Schuldquote mit der Unfallschwere ansteigt, wird verständlich, wenn man überlegt, dass die Unfallstatistik insgesamt von der großen Zahl an Vorfahrtfehlern dominiert wird. Also einer kommt aus einer Seitenstraße mit Z.205 bzw. von links, während der andere auf einer durchgehenden Hauptstraße bzw. von rechts kommt.

    Angenommen, die Nachrang-Quote sei bei diesem Aufeinandertreffen für Rad- und Autofahrer gleich groß, und die Fehlerquote von beiden sei ebenfalls identisch (warum auch nicht?). Dann bestimmt die Geschwindigkeit des Fahrzeuges, das durchfahren darf, die Unfallschwere. Macht der Radfahrer den Vorfahrtfehler, fährt das KFZ innerorts 40-60 und außerorts bis 80-120 -> BBBUUUMMMMSSSS!!!!. Macht der Autofahrer den Vorfahrtfehler, dann fährt das Rad inner- wie außerorts 10-25 km/h -> büms-chen.

    Rein aus dem Kopf: Von den ca. 400 toten Radfahrern pro Jahr waren das ca. 10. Ob durch Wind oder Unachtsamkeit steht natürlich nicht in der Statistik.

    Da wäre die Quelle sehr interessant.

    In meiner eigenen Datenbank habe ich unter 1909 Todesfällen aus den letzten knapp 5 Jahren nur 10 Berichte, in denen ein Radfahrer vom Radweg aus auf die Fahrbahn geriet und von einem KFZ totgefahren wurde; also nur ca. zwei pro Jahr. Dass zum Unfallzeitpunkt starker Wind herrschte, war aber in keinem einzigen Fall eine Erwähnung wert, wohingegen in der Mehrheit eine andere plausible Ursache genannt wurde (z. B. Kreislaufkollaps, Kollision mit einem in den Weg ragenden Papierkorb).

    Bei 50cm Abstand fahren die Dinger mir dann ja den Arm ab, den ich zum Abbiegen raushalte.

    Da du dich eh erst vergewissern musst, ob was von hinten kommt, bevor du den Arm ausstreckst, hat das autonome Fahrzeug entsprechend auch Zeit genug, deinen Arm rechtzeitig zu "sehen" und diesem auszuweichen. Anders als ein menschlicher Pilot wird es das auch emotionslos jedesmal brav machen.

    Ich schrieb unter anderem von einem plötzlichen Windstoß - Wohnwagengespanne und LKWs werden von so etwas durchaus seitlich versetzt. Ich auch.

    Ah, die alte Legende vom Seitenwind, der Radfahrer ständig ruckartig meterweit nach links versetzt. :D

    Ich frage mich ernsthaft, wie es kommt, dass niemals Radfahrer vom Hochbordradweg herab durch plötzliche Seitenwindböen unter die oft genug im identischen Abstand vorbeifahrende KFZ-Kolonne geweht werden. So eine Bordsteinkante gibt offenbar einen phantastischen Windfang ab. :P

    Wie weit kann mir denn ein autonomes Kfz auf die Pelle rücken, ohne die Unfallgefahr zu erhöhen?

    Das wäre noch zu eruieren. :D
    Ich würde den Überholabstand sinngemäß in zwei unabhängige Anteile zerlegen: ein Teil der anderthalb Meter (2/3?) geht zu Lasten des Autofahrers und berücksichtigt die mit der Geschwindigkeitsdifferenz größer werdende Unschärfen beim Anpeilen (Garagentore sind immer deutlich schmaler als eine Autobahnfahrspur) und die Einflüsse der ebenfalls geschwindigkeitsabhängigen Fahrtwind-Schleppe. Der zweite Teil (1/3?) geht zu Lasten des Radfahrers, und berücksichtigt die aus mehreren Gründen (Seitenwind, einspurig) größere Unschärfe in der Fahrlinie des Fahrrades. Wichtig ist: jeder der beiden Teilabstände wäre grundsätzlich auch einzuhalten, wenn das betreffende Fahrzeug jeweils allein an einem stehenden Hindernis zuverlässig unfallfrei vorbeikommen wollte.

    Das autonome KFZ wird naturgemäß nur etwas vom ersten Anteil reduzieren können. Denkbar wären im Idealfall (!) prinzipiell folgende Faktoren:
    -Der Autopilot lässt vor dem Überholen emotionslos rechtzeitig ein wenig ausrollen, so dass die DeltaV-abhängige Windschleppe verträglicher wird
    -Der Autopilot sieht den Radfahrer immer rechtzeitig und kann, ohne deswegen seine Aufmerksamkeit unfallerhöhend von anderen Details abzuwenden, die Fahrlinie des Fahrrades fehlerfrei mitverfolgen. Infolgedessen kann er anders als der menschliche Fahrer bis zum Beginn der Nebeneinanderfahrt die projektierte Fahrlinie noch an die aktuelle Position des Fahrrades anpassen.
    -Der Autopilot weiß immer 100% genau, wo die rechte Außenkante des Autos liegt. An einem stehenden Hindernis könnte er daher im Idealfall mit 100 km/h und Millimeter-genauer Präzision vorbeikacheln.

    Ergänzung: falls jemand meint, 50 cm wären als halbe (!) Pendelamplitude zu gering angesetzt: wer ernsthaft mehr als insgesamt 1 m seitlich schwankt, sollte besser das Radeln bleiben lassen, denn damit ist er insbesondere und unabhängig von dem KFZ-Überholproblem auch schon definitv untauglich für die Benutzung der üblichen deutschen Radwege.

    Automaten können auch nur die Regeln einhalten für die sie Programmiert sind. Es gibt keinen Grund die Abgasreinigung durch das Motorsteuergerät im Realbetrieb abzuschalten. Trotzdem wird es programmiert und der Gesetzgeber akzeptiert es letztendlich.

    Je größer der einprogrammierte Überholabstand, desto öfter und länger werden sich Fahrten verzögern weil Autos hinter Radfahrern her fahren. Allein diese Zeitverlust zu minimieren wäre ein Grund die Überholabstände, für den Fahrradfahrer unkomfortabel bis beängstigend, knapp zu kalkuliert. Das man damit den ein oder anderen Fahrradfahrer zum potentiellen Kunden macht ist auch nicht unwahrscheinlich.

    Äpfel-Birnen-Alarm!

    Schummeln bei der Abgasreinigung ist wie Doping beim Sport - nur mit großem Aufwand nachweisbar, und der Generalverdacht bleibt bestehen, auch wenn die Kontrollen verstärkt werden. "Schummeln" beim Überholen ist aber wie absichtliches Foulspiel auf dem Platz. Da braucht man keine Urinprobe und kein Labor, da wird das ganze Stadion unmittelbar Zeuge, wenn einer anfängt, aggressiv um sich zu treten.

    Abgesehen davon gilt natürlich: die von menschlichen Fahrern abverlangten Überholabstände sind kein Selbstzweck. Sie sollen einen Sicherheitspuffer bilden, der nicht nur die spontanen Schwankungen der Radfahrer bis zu einem gewissen Maß ausgleicht, sondern der auch verhindert, dass Fehleinschätzungen des Autofahrers beim Ansteuern der erforderlichen Fahrlinie keine Negativabstände nach sich ziehen. Die kursierenden "anderthalb Meter" sind also nur die apriori-Zielvorgabe. Wieviel es dann im Einzelfall am Ende a-posteriori allermindestens gewesen sind, ist damit aber nicht vorgegeben. Das Endresultat hängt offensichtlich nicht zuletzt auch stark vom Verhalten des Radfahrers ab.

    Autonom fahrende KFZ könnten in der Tat den Radfahrern wesentlich dichter auf die Pelle rücken als menschliche Piloten, ohne dass dies die Unfallgefahr erhöhen würde, da sie die erforderliche Fahrlinie mit einer viel geringeren Standardabweichung einhalten.

    Gefahr ensteht nicht durch den Mittelwert, sondern durch die Menge der kritischen statistischen Ausreißer.

    Was bringt dich angesichts des Umgangs des Gesetzgebers mit der Diesel Affäre zu der Überzeugung?

    Seitenabstands-Unfälle mit Radfahrern und überholenden KFZ sind derzeit nur eine unbedeutende Fußnote im Unfallgeschehen. An Fahrrad-Unfällen mit Todesfolge hat der Unfalltyp "Streifen mit KFZ während des Überholens" z.B. nur einen Anteil von ca. 1 % am Gesamtaufkommen. Die Unfallstatistik ist nicht Top Secret, sondern Objekt der Öffentlichkeitsarbeit von Polizei und Verwaltung. Sofern autonome KFZ da ein Sicherheits-Problem hätten, würde sich dies unmittelbar und ohne aufwändige Messtechnik sehen lassen können.

    Die Autofahrer, die aus Bosheit den Radfahrer eng überholen, sind die absolute Minderheit. Die meisten überholen eng, weil sie sonst gar nicht überholen könnten. Die Notwendigkeit zu überholen, ändert sich doch nicht dadurch, dass jetzt ein Computer steuert und nicht mehr der Mensch.

    Es gibt keine "Notwendigkeit zu überholen". Für autonome Autos gleich garnicht.

    Was den Dieselskandal angeht, hat das jedenfalls nicht funktioniert. Da sterben Menschen an Luftschadstoffen, die von Diesel mit Schummel-Software stammen. Aber ein Verantwortlicher kann nicht gefunden werden. Und trotzdem klar ist, dass die Abgaswerte immer noch zu hoch sind, dürfen die Fahrzeuge weiter fahren.

    Kleiner Off-Topic-Einwurf: Schadstoffe, die aus verkehrsfernen Prozessen und aus Fahrzeugen stammen, die die Grenzwerte einhalten, töten genauso wie die zusätzlich gebildeten Schummel-Schadstoffe. Jemand, der 20.000 km p.a. mit einem legalen Motor zurücklegt, tötet daher möglicherweise wesentlich effektiver, als jemand, der 5.000 km im Jahr mit einer vermeintlichen Dreckschleuder fährt.

    Das Problem ist, dass wir bei Umweltnoxen mittlerweile auf einem so harmlosen Level angekommen sind, dass sich Kausalzusammenhänge zwischen Todes- oder Schädigungsrate und Exposition praktisch im statistischen Grundrauschen verbergen. Das macht daher die Beweisführung, ob und ab wann welche Noxe welchen Einfluss besitzt, extrem schwierig. Ich sehe die Grenzwerte daher eher nach dem Motto: "Wir wissen nicht so genau, was alles in welchen Mengen wirklich tötet, aber weil wir auch nicht ausschließen können, dass Noxe xy einen schädlichen Effekt besitzt, streben wir sicherheitshalber eine Verminderung der Konzentration davon in der Umwelt an." Die Einführung eines betimmten Grenzwertes bedeutet allerdings weder, dass man gleich stirbt, wenn er überschritten wird, noch dass man nicht daran stirbt, wenn er eingehalten wird.

    Hinzu kommt, dass ein 80-jähriger, der 2017 an COPD stirbt, seinen ggf. durch Abgase erlittenen Schaden nicht Anno 2017 abbekommen hat, sondern durch die *wesentlich* giftigeren Bedingungen, denen er während seiner Lebenszeit von 1937 an ausgesetzt gewesen ist. Die lineare Extrapolation der heutigen Opferzahlen mit der heutigen Schadstoffkonzentration auf die Zukunft ist daher ausgesprochen unseriös.

    Es wird zwar immer Unfälle geben, die sich nicht vermeiden lassen - etwa wenn ein Reifen platzt und selbst ein perfekter Fahrer / eine perfekte AI machtlos ist. Aber die vermeidbaren Unfälle werden immer weniger werden und das ist der aussichtsreichste Weg zur Vision Zero.

    Flüssiger Autoverkehr, wie wir ihn heute kennen, funktioniert nur durch das ständig an den "Aussassen" nagende Misstrauen, dass einer der vielen Fahrer da draußen seinen -grundsätzlich auch und gerade bei fremdem Fehlverhalten- durch die StVO gebotenen Rücksichtspflichten vielleicht nicht nachkommen wird. Dieses disziplinierende Grundmisstrauen wird augenblicklich wegfallen, wenn wir uns darauf verlassen können, dass die Maschinen einfach brav anhalten, wenn man ihnen in die Quere kommt. Diesen Effekt kann man auf allen KFZ-freien Wegen doch heute schon beobachten. Ein weiterer Faktor besteht darin, dass man sich schlicht schämt, wenn man andere unnötig behindert. Auch die von dieser sozialen Kontrolle ausgehende Rücksichtnahme auf die Interessen des MIV wird wegbrechen, wenn man "bloß" Maschinen behindert.

    Durch Autoströme mit perfekter automatisierter Rücksichtnahme kannst du also als Fußgänger einfach so hindurchschreiten wie weiland Moses durch das Rote Meer. Diese Aussicht fand ich auf den ersten Blick gar nicht so übel. :D

    Wie wird das kraftfahrende Establishment bzw. der dessen Interessen durchsetzende Staatsapparat mit der neuen Herausforderung umgehen? Der Staat wird das Gewaltmonopol, das er spätestens mit der RStVO 1934 an die Kraftfahrerschaft abgetreten hatte, wohl wieder zurücknehmen. Mir fallen da nur zwei Varianten ein: erstens, alles außer reinen Wohngebieten wird zu Kraftfahrstraßen gewidmet. Wer dort als Fußgänger oder Führer eines Nicht-Roboter-Fahrzeuges unter die Räder gerät, haftet egal was passiert selber. Zweitens: zur Überwachung und Disziplinierung der Aussassen erhält jeder Bürger einen Chip implantiert, mit dem StVO-Verstöße, die die Roboter-Autos behindern könnten, umfassend registriert und geahndet werden. Das wiederum sind gruselige Aussichten.