Gerichtsbeschlüsse sind eingetroffen: Geklagt hatte ich gegen die RWBPs auf folgenden Hamburger Straßen: Hoheluftchaussee, Eppendorfer Baum, Nedderfeld und Lokstedter Weg/Osterfeldstraße. In allen vier Fällen klagte ich nicht etwa wegen abgelehnter Widersprüche, sondern wegen behördlicher Untätigkeit (§ 75 VwGO). Das heißt, meine vorausgegangenen Anträge bzw. Widersprüche wurden entweder ignoriert oder aber es folgten Versprechungen vonseiten der Behörde, die nicht eingehalten wurden.
In allen vier Fällen hat die Behörde nicht einmal versucht, Gegenargumente vorzutragen, sondern dem Gericht gegenüber erklärt, dass die Benutzungspflichten abgeschafft würden. In der abschließenden mündlichen Verhandlung wurden Fristen vereinbart, innerhalb derer noch zu ändernde Räumzeiten und/oder Radverkehrsführungen angepasst werden, bevor dann auch die letzten blauen Schilder verschwinden.
Es bedurfte keines Urteils des Gerichts, sondern die Parteien waren sich einig mit den Maßnahmen. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde der letzte Abschnitt des Nedderfeld vor der Kollaustraße vom Verfahren ausgenommen, weil das Gericht sonst darüber hätte urteilen müssen. Die Behörde sieht zu große Gefahren für Radler beim Linksabbiegen in die Kollaustraße, weil man praktisch zwischen zwei Pkw- und einer Busspur fahren würde. Ich sehe das nicht so aber das Gericht neigte ebenfalls zu dieser Ansicht, wenn auch nicht zu 100 Prozent. Damit kann ich leben, weil ich so gut wie nie vom Nedderfeld in die Kollaustraße abbiege.

Gelernt habe ich Folgendes: Auf endlosen Schriftverkehr lasse ich mich nicht mehr ein. Halte ich eine RWBP in meiner Alltagsumgebung für rechtswidrig, beantrage ich deren Aufhebung bzw. lege Widerspruch ein. Gibt es innerhalb von drei Monaten keinen Bescheid, klage ich. Alles andere ist Zeitverschwendung.
Eine Erkenntnis hat sich mir außerdem nochmals bestätigt: Die Stadt Hamburg hat noch immer kein Interesse daran, den Radverkehr wirklich als "echten", dem Kraftverkehr gleichberechtigten, Verkehr zu behandeln. Priorität hat noch immer der Autoverkehr. Benutzungspflichten dienen so gut wie ausschließlich nicht der Sicherheit des Radverkehrs, sondern der "ungestörten" Fahrt der Autos. Eine wirkliche Gleichberechtigung erkenne ich erst dann, wenn dem Auto Verkehrsfläche weggenommen und dem Radverkehr gewidmet wird - auch Fläche für den sog. "ruhenden Verkehr" und auch auf den Hauptstraßen.
Radwege sind unsicher und gefährlicher als die Fahrbahnbenutzung, auch wenn sie breit und gut ausgebaut sind. Leider lesen sich sämtliche derzeitigen Presseartikel zu der Thematik so, als wären nur die schlechten und zu schmalen Radwege der Grund, weshalb Benutzungspflichten aufzuheben sind (warum dann erst jetzt?). Kein Wort bisher über das Urteil des BVerwG 3 C 42.09 vom 18.11.2010, aus dem klar hervorgeht, dass, bis auf wenige, sorgfältig zu begründende, Ausnahmen, der Radverkehr grundsätzlich das Recht hat, auf der Fahrbahn zu fahren. Ob das nun oberflächlicher Journalismus oder Absicht ist, sei mal dahingestellt.