Und du glaubst nicht, dass diese Akzeptanz irgendetwas mit der Bezeichnung "Unfall" zu tun hat?
Ich glaube nicht, dass die hohe Unfall-Akzeptanz, die die Bevölkerung dem Verkehrsmittel Auto entgegenbringt, etwas damit zu tun hat, dass Unfälle mit Autobeteiligung als Unfälle bezeichnet werden. Die Wurzel des Übels sitzt tiefer. Vielleicht sollte man das Ganze mal von Freud her betrachten: Spielten da nicht der Sexualtrieb und der Todestrieb bei Freud eine große Rolle in seinen Überlegungen darüber, was das menschliche Handeln bestimmt? Vielleicht kann man die Autofahrerei auch in eine Reihe stellen mit der Stierhatz durch die Straßen von Pamplona. Hier ein Link dahin:
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Wie werden eigentlich die Fälle genannt, in denen einer von einem Stierhorn durchbohrt wird? Sind das dann auch Unfälle?
Das sind Maßnahmen, die die Folgen von Unfällen abschwächen, aber keine Unfälle verhindern. Bei den "Fünf Sicherheitsregeln" geht es darum, dass Unfälle erst gar nicht entstehen.
Was ich beklagte war, die hohe Bereitschaft der Gesellschaft eine hohe Anzahl von Auto-Verkehrsunfällen hinzunehmen. In anderen Bereichen des Alltagslebens ist das nicht so. Deshalb hatte ich die tödlichen Stromunfälle als Beispiel zum Vergleich genannt zu den tödlichen Autounfällen.
Tatsächlich ist es so, dass die Anzahl der Auto-Unfälle insgesamt, also auch die nicht tödlichen Auto-Unfälle in den letzten Jahren stetig zugenommen hat: "Die Zahl der Unfälle in Deutschland ist in den letzten Jahren stetig gestiegen und erreichte in 2019 einen neuen Höchststand von rund 2,69 Millionen Verkehrsunfällen, was einer leichten Steigerung von knapp 2% im Vergleich zum Vorjahr entspricht, denn in 2018 lag die Anzahl der Verkehrsunfälle bei 2,64 Millionen. Hingegen im Jahr 2008 wurden noch deutlich weniger Verkehrsunfälle gezählt, nämlich 2,28 Millionen. Seit Jahren beklagt die Polizei ein immer aggressiveres Fahrverhalten der Autofahrer, sowie eine starke Ablenkung durch die Smartphone-Nutzung am Steuer – zwei wesentliche Ursachen für die Unfallhäufigkeit." https://www.gefahrenstellen.de/service/unfallstatistiken/
Leider ist auch hier nicht statistisch einwandfrei erkennbar, ob das von der Polizei beklagte aggressivere Fahren oder die gestiegene Ablenkung die Ursache ist, oder zum Beispiel ganz einfach die gestiegene Autonutzung. Vielleicht verschleiert sogar der Hinweis auf die aggressivere Fahrweise und die gestiegene Ablenkung, dass es in Wirklichkeit die vielen zusätzlichen Autos sind, die die Unfallzahlen in die Höhe treiben?
Leider habe ich nur die Zahlen über tödliche Stromunfälle gefunden. Und leider habe ich keine Zahlen gefunden, in denen auch die nicht-tödlichen Stromunfälle enthalten sind, oder aus denen man ablesen könnte, ob die Gesamtzahl der Unfälle mit Strom in den letzten Jahren so deutlich angestiegen ist wie beim Autofahren. Es wäre aber sicher interessant mal zu erfahren, wie viele zusätzlichen Unfälle oder allgemeiner Unglücksfälle durch die Nutzung von Aufladegeräten und Akkus passiert sind, denn die entsprechenden Geräte haben nicht zuletzt durch Pedelecs, E-Bikes und E-Tretrollern zugenommen.
Ich versuche die Sicherheitsregeln für Strom mal auf den Straßenverkehr zu übersetzen.
Es geht immer nur um einen bestimmten Straßenabschnitt:
* Freischalten: Zufluss an neuen Verkehrsteilnehmern stoppen, indem die Ampel auf rot geschaltet wird.
* Gegen Wiedereinschalten sichern: Verbotsschild an der Ampelbedienung aufhängen, damit niemand die Ampel wieder auf grün schaltet.
* Spannungsfreiheit feststellen: Feststellen, dass der Straßenabschnitt frei von Verkehrsteilnehmern ist.
* Erden und Kurzschließen: Panzersperren o.ä. hochfahren. Wenn doch jemand über die Ampel fährt, knallt's gewaltig.
* Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken: Große Trennwände hochziehen, damit man selbst nicht versehentlich in einem benachbartem Straßenabschnitt landet, wenn man sich mit dem Auto überschlägt.
Dann fährt man selbst durch den Straßenabschnitt und macht die Maßnahmen rückgängig. Dann kommt der nächste Verkehrsteilnehmer an die Reihe.
Was bei Elektrik einigermaßen praktikabel (und notwendig!) ist, ist im Straßenverkehr schlicht nicht durchführbar.
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Dass die Art der Maßnahmen vergleichbar sind, das habe ich nicht behauptet. Allgemein wird behauptet, die Einführung des Sicherheitsgurtes hätte die Ahnzahl der tödlichen Autounfälle drastisch reduziert.
Ebenso wird allgemein behauptet, die Vorschrift Elektroinstallationen grundsätzlich mit einem FI-Schalter zu sichern, hätte zur deutlichen Reduktion der Stromunfälle beigetragen.
Ob das jeweils statistisch einwandfrei belegt werden kann, weiß ich nicht. Schließlich könnte ja auch ein ganz allgemein gesteigertes Sicherheits-Empfindungsvermögen oder ein geändertes Risikoverhalten die Sicherheit erhöht haben. Um mal eine weitere Parallele zu nennen: Das Tabak-Rauchen ist zurückgegangen. "Etwa seit den 1980er Jahren sind die Anteile der Raucher in der erwachsenen Bevölkerung leicht rückläufig. In Deutschland rauchen insgesamt 23,8 Prozent Frauen und Männer ab 18 Jahren. Männer rauchen mit 27 Prozent häufiger als Frauen, die zu 20,8 Prozent rauchen. Bei den Jugendlichen ist ein deutlicher Rückgang in der Raucherquote zu beobachten." https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begrif…/r/rauchen.html
Das ist aber schon fast ein wenig Trump-artig, oder? Da sollte man die Anzahl der Todesfälle vielleicht auf irgend etwas beziehen - die Anzahl der Menschen, die an stromführenden Leitern herumfummeln vielleicht. Oder die Anzahl der Tests. Irgend etwas. Einfach nur zwei unterschiedliche Todesarten anzuführen ist jetzt kein sooo tolles Argument.
Da hast du natürlich nicht ganz unrecht. Zunächst mal die Quelle: "VDE - Sicherheits und Unfallforschung" (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) Zitat:
Der VDE schreibt dazu: "In "Sonstiges" sind alle Todesfälle enthalten, die bei der Erfassung den zuvor genannten Kategorien nicht eindeutig zugeordnet werden konnten. Leider werden in den Totenscheinen offenbar immer seltener die Orte angegeben, an denen sich der Todesfall ereignet hat. Eine belastbare Analyse mit Bezug auf den Ort ist damit kaum möglich." Ferner heißt es auf der Seite, dass die Bahnunfälle mit Strom und Suizide nicht enthalten sind, weil die extra erfasst werden. Dieser Unfall zum Beispiel dürfte demnach in der Statistik nicht auftauchen: "Zwei Arbeiter sterben durch Stromschlag - Ein dramatsicher Unfall überschattet seit Montag die Sanierungsarbeiten am Bahnhof Nordstadt. Zwei Mitarbeiter einer Glasfirma haben bei Reinigungsarbeiten an der blauen Fassade des Bahnhofsgebäudes einen tödlichen Stromschlag erlitten."
Ich habe die Statistik so verstanden, dass es um die ganz "normalen" Stromunfälle geht, die leider immer noch, immer wieder einmal geschehen, wie zum Beispiel dieser hier:
"EINRICHTUNG BLEIBT VORERST ZU:
Nach Tod in Kindergarten soll Elektriker die Ursache finden
AKTUALISIERT AM 04.11.2019-12:16
War eine defekte Elektrik für den Tod eines Jungen in einer Frankfurter Kindertagesstätte ursächlich oder nicht? Das soll nun ein unabhängiger Gutachter klären. Von ihnen hängt einiges ab."
Immerhin wird hier erst mal eine komplette Kita gesperrt. Bei einem tödlichen Autounfall wird in der Regel nicht erst mal einige Tage die komplette Straße gesperrt, um Unfallforschung zu betreiben. Immerhin wird bei tödlichen Verkehrsunfällen genauer hingeguckt und ein Unfallforschungs-Team analysiert sehr genau den Unfallhergang, das kann dann auch zu länger dauernden Sperrungen führen.
Ich gehe mal davon aus, dass dieser Fall mit dem getöteten Kindergartenkind in der Statistik 2019 enthalten sein wird. Und dass vergleichbare Fälle von 2018 in der zitierten 2018er Statistik enthalten sind. Allerdings kann ich der Statistik, so wie sie dort angegeben ist, nicht entnehmen, in wie viel Fällen jemand an Stromleitungen gearbeitet hat (legal/illegal) und dabei einen tödlichen Unfall hatte. Aber ich gehe davon aus, dass diese Todesfälle auch mit enthalten sind. Vermutlich unter (Industrie/Gewerbe bei legalen Arbeiten und Haushalt bei Eigenbasteleien, wie zum Beispiel Lampe abklemmen)
Lese du doch mal die angegebene Seite mit der Stromunfälle-Statistik. Wir haben ja alle in unserem Alltag immer wieder mit Elektrizität zu tun. Und dabei kann es zu Unfällen kommen. Ich habe die Statistik so verstanden, dass solche Unfälle gemeint sind, inklusive diejenigen, die zum Beispiel Elektroinstallateure beim Umgang mit Strom erleiden.
Ich wage hier mal eine Behauptung, die ich statistisch nicht belegen kann, die aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen ist: Vermutlich sterben mehr Elektroinstallateuere im Dienst an Autounfällen (bei den Fahrten zu ihren Werkstätten oder Kunden) als an Stromunfällen. Vielleicht kannst du mir helfen, das statistisch zu belegen? Falls es sich denn tatsächlich so verhält. Oder es zu widerlegen, falls es anders ist.
An anderer Stelle hier im Forum Neues aus Stade hatte ich mit Verweis auf ein LSBG Video gesagt:
"Auch in Fahrradstraßen ist das Halten und Parken für Kfz nur auf extra dafür ausgewiesenen Flächen erlaubt. Dies ist leider den meisten PKs, Ordnungsämtern usw. und schon gar nicht den Führerscheinbesitzern bekannt."
Ist das so? Hast du noch mal den Link zu dem Video?
Ich kenne diese Regel für verkehrsberuhigte Bereiche.
In der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), Anlage 3 (zu § 42 Absatz 2), Richtzeichen Nr. 12 steht unter 4.:
"Wer ein Fahrzeug führt, darf außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen nicht parken, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen und zum Be- oder Entladen."
Der sprachliche Umgang hat eine Auswirkung auf das Denken und das Denken bestimmt unseren kulturellen Umgang miteinander. Wenn sprachlich alles, was mit dem PKW/LKW passiert, automatisch ein Unfall ist, passiert auch etwas mit unserem Umgang. Und genau das sehen wir im Straßenverkehr, meines Erachtens.
Problematischer finde ich die hohe Unfall-Akzeptanz in der Bevölkerung eines so unfallträchtigen Verkehrsmittels wie den MIV. (Und dazu noch die erschreckend hohe Akzeptanz der klima-und umweltschädlichen Nebenwirkungen.)
Zum Vergleich:
Es geschehen immer mal wieder Strom-Unfälle. 2018 gab es deutlich unter 50 tödliche Stromunfälle.
Dagegen gab es 2018 etwas über 3000 tödliche Auto-Verkehrsunfälle.
Es fe_lte, Stand gestern, die Info, ob sie sich den Lkw-Fahrer mal zur Brust genommen haben ...
Aber ich sehe gerade bei Neuaufruf die Antwort
"Hallo, welche Konsequenzen der Fahrer tragen muss, ist Gegenstand der Ermittlungen. Viele Grüße!"
Das lässt hoffen ...
Wenn was passiert ist immer schnell einer da, der ruft: "Dass muss jetzt aber mal drastische Konsequenzen für den Verursacher haben." Dann wird darüber diskutiert "wie drastisch" und darüber oft strukturelle Verbesserungen in den Hintergrund gerückt.
Zum Beispiel hier: Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass in einem so hohen Maße Gütertransport auf der Straße stattfindet? Und gibt es nicht sichere Transportmöglichkeiten?
Autogenix Der Eindruck täuscht. Regulär, also ohne Baustelle, ist da keine Ausschilderung für den Radverkehr. Der Radverkehr kann den Angebotsradweg nutzen oder die Fahrbahn.
Die Verkehrsbehörde ist inzwischen informiert das dort die schmale Baustellenumfahrung und Umgehung als gemeinsamer Geh- und Radweg ausgeschildert ist. Mal schauen, ob sich die nächsten Tage was tun wird.
Zunächst hatte ich ein Foto von der gegenüberliegenden Seite gemacht, da kannst du die vielen Baustellen-Schilder sehen, die da rumstehen. Das einzige, das fest installiert ist und immer dasteht ist das Parken-Schild.
Hier die streetview-Aufnahme von 2008 von dieser Stelle (Falkenstraße Ecke Jakobstraße)
Da ist es vermutlich so wie du sagst. Vielleicht hatte wer wegen einer Baustellenausschilderung ein zusätzliches Schild angebracht und das alte ursprünglich mal abgedeckt. Und dann wurde es vergessen und die Abdeckung des ursprünglichen Schildes ist irgendwann davongeweht bei einem kräftigen Wind?
Und wie sähe eine perfekte, unmissverständliche Beschilderung aus, die das Parken nur in den Parkbuchten zulässt?
Hier ein Beschilderungs-Beispiel aus einer Fahrradstraße in Hannover, die Kleestraße:
Man könnte - auf deinen Fall übertragen - als Zusatzschild anbringen:
Parken nur in den Parkbuchten erlaubt.
Bleibt allerdings das Problem, dass das eingeschränkte Parkverbot in den übrigen Bereichen, das nur ein Halten von wenigen Minuten erlaubt, sehr stark überstrapaziert und auf viele Stunden ausgedehnt wird aufgrund fehlender Kontrollen der Verkehrsbehörden.
Baustellen-Ausschilderungen sind immer wieder Anlass, fragwürdige Beschilderungen vorzunehmen.
Vermutlich sind da einfach zu viele Beteiligte, die nicht an einem Strang ziehen.
Siehe hier:
Die streetview-Aufnahme zeigt die Ecke, als dort noch das Haus stand, wo auf meinem Foto die Baustelle ist. Schon 2008 war der Hochbordradweg inder Falkenstraße nicht mehr benutzungspflichtig, sondern ein Angebotsradweg. Da wollte wohl der Baustellenausschilderer das Rad der Zeit zurückdrehen?
Das andere Verkehrsschild mit +, das im Hintergrund steht, halte ich dagegen für angemessen. Denn es ist nicht jedermanns Sache, mit dem Fahrrad zwischen Gleis und parkenden Autos zu fahren, oder, um der Dooringzone zu entgehen, im Gleisbereich zu fahren.
Warum jemand das Schild + nach hinten gestellt hat und dafür das andere davor??? Zu Beginn der Baustelle, daran kann ich mich erinnern, habe aber leider kein Foto, stand da nur die Kombination +.
Eine ehemalige Tankstelle bildet den Hintergrund für ein krumm gefahrenes Verkehsschild im Dunkelberggang in Hannover. Ein ganz und gar gelungen trostloses Ensemble.
Warnhinweis: Depressionsgefahr!
Der Dunkelberggang heißt wirklich so. Hier ein Link zur 2008er Streetviewaufnahme, auf der noch mehr von der Tankstelle steht. Das krumm gefahrene Schild auf dem Foto ist das Schild uneingeschränktes Halteverbot neben dem weiß gefließten Gebäude auf der Streetviewaufnahme:
Am liebsten fahre ich auf Straßen, an denen es überhaupt keinen Radweg gibt, weil es da auch keine Diskussionen darüber gibt, warum ich den nicht benutze. Da hier fast alles benutzungspflichtig ist, stellt auch fast jede Nicht-Benutzung eines Radweges eine Ordnungswidrigkeit dar. Da ich aufgrund meiner Bemühungen inzwischen in der Stadt auch nicht mehr ganz unbekannt bin, und das auch nicht jedem gefällt, was ich tue, sollte ich es damit auch nicht übertreiben. Immerhin trete ich ja dafür ein, sich an die Regeln zu halten. Blöd ist, wenn es diese Regeln eigentlich gar nicht geben dürfte.
Du leistest wirklich super Überzeugungsarbeit! Das ist nicht ironisch gemeint!
Wenn du mal einen "Kulturschock" in Sachen Radfahrer-Infrastruktur erleben willst, mit dem DU sicher gut umgehen kannst, dann fahre mal in Wiesbaden Fahrrad.
Ich hatte ja schon mehrfach über Wiesbaden berichtet, war aber vor ein paar Wochen dort zum ersten Mal selbst mit dem Fahrrad unterwegs.
Dort ist fast alles ganz anders als in Stade:
1. Es gibt fast überhaupt nirgendwo Radwege. (Im Sinne von "klassischen" Hochbordradwegen.) So weit ich es aus deinen Beschreibungen und googlemaps kenne, ist das in Stade anders, auch wenn die Radwege oft sehr unzulänglich sind.)
2. Es gibt viele Straßen mit Steigungen.
3. Es gibt fast nur Einbahnstraßen. Auch viele wichtige Hauptverkehrsstraßen sind Einbahnstraßen.
Nicht alle Einbahnstraßen sind für den Radverkehr freigegeben.
Um nur mal ein Beispiel zu zeigen, dass wirklich Fragezeichen aufwirft. Hier zwei Fotos aus der Oranienstraße, aufgenommen in Höhe Herderstraße in Fahrtrichtung der Einbahnstraße. (Diese ist nicht für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben.)
Ich denke ich mache einen Wiesbaden-Threat auf, um das zu diskutieren, was hier zu sehen ist. Ich will ja nicht den Stade-Thread überspannen.
Aber die Wiesbadener Situation auf dem Foto wollte ich gerne mal als Kontrastprogramm hier reinwerfen, um zu zeigen, wie es aussehen kann, wenn in einer Stadt gar keine "klassische" Radverkehrsinfrastruktur vorhanden ist.
(Und das ist keine besonders herausgesuchte Einzelfallsituatuion auf dem Foto in Wiesbaden. So was in der Art gibt es dort öfter.)
Das bedeutet allerdings nicht, dass es in Wiesbaden nur Gehwegradler gäbe. Mein Eindruck (ungeprüft) ist eher, dort gibt es wenige Fahrradfahrer*innen.
Es gibt entlang des recht stark befahrenen Innenstadtringes kurze Abschnitte ohne "Radweg". Mich hatte mal eine Radfahrerin angesprochen, wie man sich dort verhalten solle und ich habe ihr gesagt, dass man dort mit dem Fahrrad auf der Fahrbahn fährt. Wir haben uns dann dort verabredet und sind das kurze Stück gemeinsam auf der Fahrbahn gefahren: Sie vorweg und ich quasi als Prellbock hinterher.
Aus meiner Sicht war das alles unauffällig aber sie sagte mir anschließend, dass sie dabei Angst gehabt hätte. Auf Nachfrage, wovor genau sie Angst hatte, stellte sich heraus, dass es die Angst war, den Autoverkehr zu behindern.
Die autogerechte Stadt steckt viel tiefer in den Köpfen als wir das oftmals wahrhaben wollen und bei den Ängsten geht es gar nicht immer um die Sicherheit.
Ich sag's ja, du machst das genau richtig, geduldig in Einzelgesprächen klären was los ist und versuchen Gegenstrategien zu entwickeln. Ist zwar Sisyphusarbeit aber vermutlich unvermeidlich.
Und manchmal muss man Dinge, die der andere total anders sieht auch erst mal stehen lassen. Dass du die Person überzeugen konntest, den Praxistest zu machen ist schon verdammt viel!
Die autogerechte Stadt in Frage zu stellen, ist dir bei der Person vermutlich nicht so ganz nebenbei auch gleich gelungen?
Das wäre nicht richtig gut gewesen, sondern richtig schlecht. Sich vorab ein Narrativ zurechtzulegen, dann so lange nach Einzelfällen zu suchen, bis man welche findet, die das Narrativ stützen und diese dann als Normalfall dazustellen - das ist der Inbegriff von schlechtem Journalismus.
Und ein Journalist, der verbreitete schlechte Vorurteile verbreitet und verstärkt, wie zum Beispiel, dass Fahrradverkehr auf der Fahrbahn nichts verloren habe, der betreibt dann guten Journalismus?
Und gleichzeitig sind die Sorgen solcher Leute natürlich Wasser auf die Mühlen derjenigen, die weiter die autogerechte Stadt voran treiben wollen: "Seht ihr: die Leute wollen doch gar nicht auf der Fahrbahn fahren und sind mit den Kack-Radwegen aus den 1970er Jahren zufrieden." Wegen solcher Leute ändert sich nichts.
Sei froh, dass es Leute wie die Frau Lienhardt aus dem Artikel gibt, die fährt wenigstens Fahrrad.
Und es ist bestimmt nicht die Schuld von Frau Lienhardt und Co., dass sich nichts ändert, sondern die Schuld des Autors des Artikel, der zwar Frau Lienhardt zu Wort kommen lässt, aber nicht zum Beispiel das Pärchen, dessen Verhalten der Autor immerhin beschreibt: "Ein jüngeres Paar wiederum ist unentschlossen: Er schwenkt auf den Fußweg, sie bleibt im Kreisel auf der Straße." Dabei wäre es viel interessanter gewesen, diese beiden zu interviewen, um herauszufinden, warum sich einer der beiden so, der andere so entscheidet.
Richtig gut wäre es gewesen, wenn nicht der Mann sondern die Frau auf der Fahrbahn gefahren wäre. Denn so wie es in dem Artikel beschrieben ist, wird bei vielen Lesern das Vorurteil verfestigt: Die jungen Männer fahren mal wieder leichtsinnigerweise mit dem Rad auf der Fahrbahn, die Frau ist natürlich sehr viel vernünftiger und fährt nicht auf der gefährlichen Fahrbahn. Hätte sich der Autor richtig engagiert, dann hätte er sicher zwei Fahradfahrer*innen gefunden, die ihre jeweilige Motivation die Fahrbahn zu nutzen, bzw. nicht zu nutzen, dargelegt hätten. Und vielleicht hätte er es sogar geschafft eine ältere Dame zu finden, die die Fahrbahn nutzt und einen jungen Burschen, der den Gehsteig nutzt. Und mit ganz viel Geschick hätte er den jungen Burschen sogar so dargestellt, dass er als Gefährder der Fußgänger auf dem Gehweg dasteht.
Die eigentlichen Gefährder, oder zumindest diejenigen, die den Radverkehr ungemütlich machen, sind doch diejenigen Verkehrsplaner, die meinen der Autoverkehr müsse immer und überall möglichst schnell fahren dürfen. Und diejenigen Autofahrer, die Geschwindigkeitsbegrenzungen und deren Kontrolle und entsprechende Sanktionen bekämpfen. Allen voran Auto-Lobby's Liebling, "Unser Andy mit Benzin im Blut". Was das heißt, Benzin im Blut zu haben kannst du auf diesem Video sehen:
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Es ist wichtig, nicht vorschnell, die falschen "Schuldigen" zu benennen, weil sich sonst die echten Verbrecher entspannt zurücklehnen können.
Wenn ich so aus der Entfernung mir einen Hinweis erlauben darf: Deine Mail an die Redaktion ist gut und so weit ich das beurteilen kann auch alles richtig.
Wo sich aber beide drum herum drücken, sowohl der Autor des Zeitungsartikel, als auch du in deiner Mail:
Es gibt nicht den einen Radfahrer, der immer der selbe Fahrradtyp ist.
In dem Artikel wird das an einigen Stellen deutlich, wenn zum Beispiel der Autor schreibt, dass die jungen eher bereit sind was Neues auszuprobieren, die Alten aber lieber an ihren Gewohnheiten festhalten wollen.
Sollen Sie doch! Und die Verkehrsregelungen für den Radverkehr dürfen gerne unterschiedliche Radverkehrsführungen für unterschiedliche Radlertypen anbieten.
Wenn Frau Lienhard, die in dem Artikel genannt wird, seit Jahrzehnten bestimmte Radel-Gewohnheiten pflegt, dann muss man ihr doch nicht von heute auf morgen komplett alles verbieten, was sie bisher für richtig hielt, zumindest nicht immer und überall. Und das geschieht ja auch nicht in Stade. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann sind bestimmte "eingefahrene Wege" weiterhin erlaubt. Zitat: "An anderer Stelle können Radfahrer, die sich auf der Fahrbahn unsicher fühlen, weiterhin auf dem ehemaligen Radweg unterwegs sein." Ist doch gut so!
An anderen Stellen herrscht Eindeutigkeit, zum Beispiel aufgrund des Fußgängerschutzes im Kreisel-Gehwegbereich. Der Kreisel muss jetzt wie von einem Auto umfahren werden.
Leider versucht der Autor zu sehr alle Radfahrer auf eine Linie einzuschwören: "Was gilt denn nun - Straße oder Radweg?", " Nun wird an dem Kreisel sozusagen "Freestyle" geradelt.", "Hier herrscht Chaos, weil niemand weiß, wie man sich als Radfahrer jetzt richtig verhält." alles Zitate aus dem von dir zitierten Zeitungsartikel.
Klar spielt es dabei eine Rolle, dass man als Zeitung der Obrigkeit es mal so richtig schön zeigen kann, was für ein "Stuss" (auch ein Zitat) sie da angeblich verzapft.
Ich denke am besten reagiert man, so wie du es auch machst mit geduldiger Aufklärungsarbeit. Aber vielleicht auch ein bisschen verstärkt damit, dass es nicht immer nur den einen richtigen Königsweg gibt.
Hier noch mal ein Beispiel aus Hannover, dass sehr deutlich zeigt, dass an vielen Stellen verschiedene Wege möglich sind:
Ganz ernsthaft, Du findest den "Radweg" auf der Straße akzeptabel? Mal abgesehen von der Breite vor der Brücke, danach sind mehrere (4) Einfahrten in einem offensichtlichen Gewerbegebiet (ab Renhus), die Kreuzung danach ......., die Zimmermannstraße never ever auf dem Gehweg
Bis zu dieser Stelle auf dem Foto von Schlau Meier existiert ein Hochbordradweg, der klar vom Fußgängerbereich abgetrennt ist. Dieser Hochbordradweg ist zur Zeit mit dem Schild "Zeichen 241-30: Getrennter Rad- und Gehweg, Radweg links" ausgeschildert ist. Diese Ausschilderung könnte man durch das Schild Radverkehr frei ersetzen, dann wird der benutzungspflichtige Radweg zu einem Angebotsradweg. Oder man lässt die blauen Schilder einfach ersatzlos weg, denn man kann ja am Pflaster sehen, dass dort ein Angebotsradweg existiert.
Ab dieser Stelle, die Schlaumeyer fotografiert hat,
gibt es keinen getrennten Rad- und Fußweg mehr. Jetzt ist diese Strecke mit dem Schild "Zeichen 240: Gemeinsamer Geh- und Radweg" ausgeschildert und zwar bis zum Beginn der Brücke. Ab dem Brückenpfeiler ist dann "Zeichen 239: Gehweg, Radverkehr frei" ausgeschildert.
Liegt es da nicht nahe, bereits an der Stelle, die Schlau Meier fotografiert hat, Gehweg, Radverkehr frei aufzuhängen?
Und diese Ausschilderung sollte gelten bis zu dieser Stelle hinter der Brücke.
Der Bahnübergang ist mittlerweile leider Geschichte.
Danke für den Hinweis. Ich habe auch noch mal auf streetview nachgesehen. Du hast recht! Der grau gepflasterte Radweg mit rotem Begrenzungs-Klinkerstreifen wurde bis über die Firmeneinfahrt hinaus verlängert.
Bis dahin sollte der jetzt noch benutzungspflichtige Radweg als Angebotsradweg ausgeschildert werden:
Ab dort sollte nur noch die Kombination + bis über das Brückenende hinaus gelten. Erst mehrer hundert Meter nach der Brücke, bei der Firmeneinfahrt im Bild, sollte dann wieder der entsprechend gepflasterte Radweg als Angebotsradweg ausgeschildert werden:
Der Rückblick nach 2008 zeigt, dass sich die Verkehrsverwaltung offensichtlich damals schon so ihre Schwierigkeiten hatte, eine konsequente Ausschilderung vorzunehmen.
Ich schlage vor: Bis zu der Stelle auf deinem ersten Bild sollte nur noch dieses Schild gelten:
Bis dahin ist ja ein Angebotsradweg vorhanden, aber der muss nicht verpflichtend ausgewiesen werden.
Ab dort die von vielen so ungeliebte Kombi + .
Und das soll dann auch im Brückenbereich selbst gelten, wo 2008 ja noch so ausgeschildert war: Die damalige Ausschilderung war auch deshalb ungünstig, weil der schmale Brücken-Fußweg das nicht hergibt.
Dann wissen die Autofahrer Bescheid, dass sie mit dazu berechtigtem Radverkehr auf der Fahrbahn zu rechnen haben. Allerdings wird die Verwaltung das Schild mit dem Hinweis, "Radverkehr auf der Fahrbahn ist zulässig.", vermutlich nur ein bis zwei Jahre dort stehen lassen, denn es wird als "Wanderschild" zur Autofahrer-Aufklärung benutzt.
Nur wenn die Radler das auch tun und dann nicht verängstigt vom vielen Verkehr lieber illegal auf dem dann reinen Gehweg bleiben, das ist das Problem ...
Warum sollen eigentlich nur die Radler nicht auf dem reinen Gehweg bleiben?
Die Fußgänger hätten genau wie die Radler gute Gründe die Fahrbahn zu erobern. Siehe dieses Beispiel aus Hannover:
"Zu schmaler Fußweg: Kostet Klage Parkplätze in der List?
Dieser Parkplatz-Ärger hat Sprengkraft. Weil auf Gehwegen parkende Autos den Fußgänger in der Straße Am Schatzkampe zu wenig Platz lassen, hatte Anwohner Krzysztof Mieloch die Stadt verklagt. Das Verwaltungsgericht konnte beide Seiten am Montag zu einem Kompromiss bewegen."
Ich plädiere in diesen und ähnlich gelagerten Fällen für eine Critical-mass-Veranstaltung von Fußgängern! Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, wieviele Fußgänger dazu zusammenkommen müssen, um als "Verband" legal die Fahrbahn zu benutzen. Hat da wer Erfahrung mit? Beim Fahrradfahren sind es ja 16 Fahrradfahrer*innen, die mindestens zusammenkommen müssen, um im Verband auch dann auf der Fahrbahn fahren zu dürfen, wenn ein benutzungspflichtiger Radweg vorhanden ist.
Aber vielleicht gibt es ja auch kleinerformatige Protestformen:
Ist eigentlich das Mitführen eines Einkaufstrolleys bereits eine hinreichende Begründung, als Fußgänger*in die Fahrbahn zu benutzen? Vielleicht dann, wenn er vierrädrig fährt?
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Oder müsste man als Fußgänger einen autonom fahrenden Einkaufstrolley mit sich führen, der dem Besitzer automatisch folgt, um die Berechtigung zu erhalten, die Fahrbahn zu benutzen?
Ich bin sicher die vorhandenen Verkehrsflächen genügen vollkommen, um für alle Menschen komfortable Fußgänger, Fahrrad- und ÖPNV-Mobilität zu schaffen.
In manchen Straßen (nicht in allen, müsste es weiterhin ÖPNV-Haupt-Routen und auch Haupt-Radverkehrsstraßen geben) aber es bräuchte in vielen anderen Straßen keine strikte Aufteilung mehr zwischen Fußweg und Radweg, wenn die Straßen vom privaten Autoverkehr entlastet würden.
Und wenn noch viel mehr Menschen ihre falsche Scham überwinden und mit einem Einkaufstrolley mit vier Rädern (wie die sympathische junge Dame im Werbefilm), statt mit einem Vierzylinder einkaufen, dann wird es immer offensichtlicher, dass bei der derzeit weit verbreiteten Form der Aufteilung der Verkehrsflächen etwas nicht stimmt!