Nein so klar ist die Sache nicht.
Die Gleichung, "Kreisel mit gesonderter Radverkehrsführung gleich gefährlich" und "Kreisel mit Fahrradverkehr auf der Fahrbahn gleich ungefährlich" hat einen Haken:
Der erste Haken besteht schon darin, dass die Kreisel mit Radverkehrsführung auf der Fahrbahn in der Regel kleine Kreisel mit niedrigem Verkehrsaufkommen sind.
Aber Radverkehrsführung auf der Fahrbahn funktioniert nicht bei großen Kreiseln mit hohem Verkehrsaufkommen.
Diese junge Frau zum Beispiel hat es für richtig gehalten, den vermeintlich kürzesten Weg von der Münsterstraße zur Weiterfahrt stadteinwärts in die Mühlenstraße zu wählen:
"Am Kreisverkehr Münsterstraße/Mühlenstraße/In der Lauge hat sich am späten Mittwochabend (02.09.2020) ein Verkehrsunfall ereignet. Bei der Kollision eines PKW mit einem Fahrrad wurde die 20-jährige Zweiradfahrerin schwer verletzt. Sie wurde mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Gegen 22.10 Uhr war ein 61-jähriger Emsdettener mit seinem PKW auf der Mühlenstraße unterwegs. Am Kreisverkehr, in Höhe der Fuß-/Radüberwege, kam es zum Zusammenstoß mit der Fahrradfahrerin."
Auf dem streetview-Foto kommt die Münsterstraße von links und die Mühlenstraße liegt in Blickrichtung des Fotografen.
Leider wurde der vermeintlich kürzere Weg zu einem großen Umweg über das Krankenhaus. Aber das ist kein Grund, die Schuld bei der Fahrradfahrerinnen zu suchen. Sie wollte den scheinbar kürzeren Weg nehmen. Und dass der korrekte Weg ein deutlich längerer Weg ist, liegt vor allem daran, dass hier ein großer Kreisel gebaut wurde, der Fahrradfahrer*innen zu Umwegen zwingt. Auch wenn sie auf der Fahrbahn fahren würden, wäre das so.
Eine gute Radverkehrsinfrastruktur besteht nicht darin, Fahrradfahrer*innen zu denselben Verkehrsteilnehmern zu machen wie Autos. Es muss die völlig überdimensionierte Autoverkehrsinfrastruktur deutlich zurück gebaut werden und die Anzahl der automobilen Verkehrsteilnehmer*innen drastisch gesenkt werden. Das geht nicht von heute auf morgen und deshalb ist es gut und wichtig auch auf die lebensrettende Möglichkeit hinzuweisen, dass Fahrradfahrerinnen gut daran tun, die Fahrbahn zu nutzen. Aber es ist eben kein finales Konzept zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur. Und es ist auch nicht gut die Fahrradfahrenden, also die Opfer der einseitig auf den Autoverkehr zugeschnitten Verkehrsinfrastruktur, als die Alleinschuldigen hinzustellen, wie es in dem verlinkten Unfallbericht getan wird.
Der Kreisel an dem der zitierte Unfall geschah hat einen Innendurchmesser von ca. 20 m und einen Außendurchmesser von ca. 35 m. Das entspricht einer Fahrbahnbreite von ca. 7,50 m. Es sind zwar keine zwei Fahrspuren darin markiert, aber so ein Kreisel wird auch gerne mal zweispurig befahren. Und da sind viele Fahrradfahrer*innen nicht mehr dabei.
Der wenig unfallträchtige Amtmann-Schipper-Kreisel hat als Außendurchmesser übrigens das, was der oben genannte Kreisel, Münsterstraße/Mühlenstraße/In der Lauge, als Innendurchmesser hat!