yay, Geisterradler.
Das ist da eh schon alles so knapp bemessen, dass sich verschieden schnelle Radfahrer kaum gegenseitig überholen können. Und mit Gegenverkehr wird das nicht besser.
"Geisterradler" ist ein Ausdruck, der abgeleitet ist von "Geisterfahrer". Geisterfahrer wiederum sind Autofahrer, die die Autobahn in die falsche Fahrtrichtung benutzen. Das ist vom Gefahrenpotenzial so viel höher als das Fahren auf einem Radweg entgegengesetzt der auf der Fahrbahn üblichen Fahrtrichtung, dass ich den Begriff für völlig ungeeignet halte in der Diskussion über eine gute Radverkehrsinfrastruktur.
Außerdem ist es auf der Autobahn nicht üblich, die Fahrbahnen in Gegenrichtung zu nutzen. Nur in Fällen, in denen die Autobahn einseitig gesperrt ist, ist es üblich einige Mittelleitplanken zu entfernen und auf der Gegenfahrbahn eine Umleitung einzurichten. Die ist dann aber entsprechend markiert und oft ist eine provisorische Mittelleitplanke aus Betonelementen aufgebaut worden.
Siehe Bild auf der Internetseite von Motortalk vom 21.6.2016
https://i.ebayimg.com/00/s/ODI0WDEyODA=/z/~wAAAOSwtwVcoAg2/$_10.JPG
Ganz wichtig: Auf Autobahnabschnitten mit Baustellen, wo das Fahren in Gegenrichtung gestattet ist, ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit deutlich reduziert!
Und niemand käme auf die Idee, die Autofahrer, die in einem solchen Baustellenabschnitt aufgrund der Baustellenregelung entgegen der sonst üblichen Richtung fahren, als "Geisterfahrer" zu bezeichnen.
Deshalb hat der Begriff "Geisterradler" schon mal ganz und gar keine Berechtigung für Radfahrer, die einen Fahrradweg benutzen, der für beide Fahrtrichtungen freigegeben ist. Das ist zwar auch nicht üblich, kommt jedoch häufig ganz regulär vor, und nicht wie auf der Autobahn nur ausnahmsweise im Baustellenbereich.
Hier ist ein wirklich einspuriger Kreisel in Amsterdam, bei dem die Fahrbahn so schmal ist, dass Fahrradfahrer*innen nicht von Autos im Kreisel überholt werden.
Bei diesem Kreisel in Nijmegen gibt es eine Fahrspur für Autos, die knapp 6 m breit ist. Und es gibt einen inneren Pflasterring, der breiten LKW für die inneren Räder vorbehalten ist. Bei diesem Kreisel in Nijmegen wird der Radverkehr auf einem eigenen Radweg außen um den Kreisel herumgeführt. An allen Zu- und Abfahrten hat der Radverkehr in Kreiselfahrtrichtung Vorrang. Der Radweg darf nur in eine Fahrtrichtung entsprechend der Kreiselfahrtrichtung benutzt werden.
Bei diesem Kreisel, ebenfalls in Nijmegen ist es anders als beim vorigen Beispiel so geregelt, dass der Fahrradweg des Kreisels in beide Richtungen benutzt werden darf. Fahrradfahrer haben genau wie Fußgänger gegenüber Fahrzeugen, die in den Kreisel fahren oder den Kreisel verlassen, Vorrang. Und dieser Fahrradweg des Kreisels darf in beide Richtungen benutzt werden. Fahrradfahrer, die den Kreisel entgegengesetzt der Kreiselfahrtrichtung benutzen sind deshalb keine "Geisterradler", denn es ist eindeutig so ausgeschildert, dass Fahrradfahrer in beide Richtungen fahren dürfen. Dabei habe ich nicht den Eindruck, dass die Breite des Fahrradweges sehr knapp bemessen sei.
Bei google-Satellit nachgemessen ist der Fahrradweg 4 m breit:
Den Begriff "Geisterradler" halte ich aber auch ansonsten für unangebracht in der Diskussion über Radverkehrsinfrastruktur. Wie das dritte Beispiele gezeigt hat, gibt es immer wieder Radwege, auch in Deutschland, die aus verschiedenen Gründen für beide Richtungen freigegeben sind. Da kann es schon mal vorkommen, dass jemand versehentlich einen Radweg, der nur in eine Richtung benutzt werden darf, in die falsche Richtung benutzt. Trotzdem ist dann das Gefährdungspotenzial längst nicht so hoch, wie bei einem Geisterfahrer auf der Autobahn!