Beiträge von Hane

    Ich könnte mir auch vorstellen mitzumachen.

    Zuerst müssten aber die Ziele halbwegs abgesteckt werden, damit man weiss, worum es geht. Da sehe ich durchaus Konfliktpotential.

    Einen derartigen Verein halte ich für notwendig, seit im ADFC der Tuiflügel die Verkehrspolitik vereinnahmt hat. Ich sehe auch eine Gegnerschaft zum ADFC, da dort noch nicht einmal gegen das Auto gedacht wird und die Forderungen sehr gut für eine autozentrierte Politik genutzt werden können.

    Den VCD halte ich auch potentiell für interessant, jedoch für zu groß und träge. Ein wirklich Kompetenz in Sachen Radverkehr sehe ich jedoch nicht (Ausnahmen bestätigen die Regel). Für eine "Übernehme" durch Radfahrer bräuchte man reichlich Personal.

    Jetzt etwas Konstruktives:

    Hauptziel wäre für mich, das Fahrrad als Fahrzeug in die Köpfe zu kriegen. Vieles würde dann von alleine folgen.
    Deswegen sind Infrastrukturmaßnahmen für mich Nebensachen. Es geht um Aufklärung.

    Wo anfangen? OK: Ich trage keinen Helm. Das hat mehrere Gründe.

    Etwas Grundlegendes vorweg: Wann nutzt man eine Schutzausrüstung? Wenn ich (oder mein Arbeitgeber etc) eine Gefahr für mich als zu groß einschätze, und, wenn die Schützausrüstig die Gefahr senkt (relativ zum Aufwand).

    1) Radfahren ist nicht sonderlich gefährlich. Bei vergleichbar gefährlichen Tätigkeiten wird üblicherweise keine Schtzausrüstung getragen. Warum sollte ich es also auf dem Rad tun?

    2) Helme bieten bei einem Unfall auch keine ernsthaften Schutz. So wie es aussieht, können sie leichte Verletzungen verhindern oder mildern (was ich jedoch für nebensächlich halte). Nur, wenn es drauf ankommt, nützen sie nicht, schaden aber auch nicht. Sollte mir Radfahrern zu gefährlich werden, würde eine andere Maßnahme zur Gefahrenabwehr wählen.

    3) Abgesehen davon ist es gar nicht wichtig, ob der Helm bei einem Unfall hilft, sondern, ob ich sicherer irgendwo hin komme. Risikokompensation ist bekannt. Mit Helm verunfallt man öfters. Diesen Effekt müsste ein Helm erst einmal ausgleichen, bevor er nutzen kann.

    4) Das Geld spielt nur eine Nebenrolle aber ein paar Euro sind ein paar Euro.

    5) Ich möchte nicht den eindruck erwecken, Radfahren sei gefährlich. Das könnte Menschen vom Radfahren abhalten.

    6) Ich möchte die Helmtragequote nicht erhöhen. Da sinkt die Hemmschwelle, eine Pflicht einzuführen, was Menschen vom Radfahren abhalten würde.

    7) Ich möchte dem sozialen, familiären Druck, einen Helm zu tragen, verringern. Auch, indem ich bei Gelgeneheit Fakten ausstreue.

    Aber am wichtigsten sind untern Strich, dass die beiden (2 und 3 gehören zusammen) ersten Punkte, die beide erfüllt sein müssten, um das Tragen zu rechtfertigen, beide nicht erfüllt sind.

    Dafür gibt es Karten. Ich wüsste von keiner Verpflichtung, Alternativen anzubieten oder auszuschildern.

    Das steht im berokratischen Teil der StVO:

    Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten.

    Hervorhebung durch mich.

    Das heißt also, wenn ich 1500 Meter zum Supermarkt fahre zählt das als eine Fahrt. Wenn ich 50 Kilometer zum Eisessen nach Lauenburg fahre, zählt das auch als eine Fahrt. Die Statistik macht hier keinen Unterschied.

    Die Statistik nicht, aber die Realität.

    Das Risiko wird in der Regel über die Zeit normiert. Es ist also nicht wichtig, wie weit ich fahre, sondern wie lange.
    Und das korreliert gut mit der Anzahl der Wege, weil die erwartete Fahrzeit ein sehr wichtiges Kriterium für die Verkehrsmittelwahl ist.

    Vorstadt Strizzis Blog ist aus einem ganz andern Grund irreführend: Von 2000 bis 2015 sind die Verkehrsopfer unter den Radfahrern von 659 auf 383 also um 42 % gesunken. So weit hat er Recht. Die Gesamtzahl ist dabei aber von 7503 auf 3459 also um 54 % gesunken. ... Die anderen Punkte sind dann nur noch Beifang.

    Dann gebe ich mal eine andere Frage an die Fahrbahnvertreter zurück: Wie bekommt man denn nun diese 98 Prozent der Radfahrer, die die Fahrbahn auf jeden Fall meiden, auf die Fahrbahn?

    Na, halt so, wie man sie runterbekommen hat. Nur diesmal sagt man ihnen und nicht zuletzt den Kraftfahrern die Wahrheit.

    1) Man hebt die soziale Stigmatisierung auf. Radfahrer sind gleichwertige Verkehrsteilnehmer.
    - Medienkampagnen mit diesem Inhalt.
    - Man auchtet auf die Nomenklatur: Straße/Fahrbahn, Kraftfahrer/Fahrzeugführer, ...

    2) Man beendet die Lügenkampagne zum sicheren Radweg und vermittelt die Sicherheit der Fahrbahn.
    - Auch hier wieder Medienkampagnen.
    - Typische Abbiegeunfälle werden auch dem Prinzip Radweg zugeordnet.

    3) Man zwingt Radfahrer auf die Fahrbahn.
    - Man geht gegen Gehwegfahrern vor.
    - Beginnend in Nebenstraßen werden Radwege zurückgebaut.

    Nun zu den anderen.

    4) Man stellt Autofahrer als die Gefährder hin, die sie sind.
    - Mal was neues: Medienkampagnen.
    - Unfallverursacher werden als Täter dargestellt.
    - Man beendet die Schuldumkehr bei Radunfällen.
    - Die Geschwindigkeit wird stärker überwacht.

    5) Selbstjustiz der Kraftfahrer wird nicht toleriert.
    - Ordnungswidrigkeiten und Strafttaten gegen Radfahrer werden verfolgt; das wird passend publik gemacht.
    - Auf auffälligen Strecken wird die Geschwindigkeit gesenkt.

    Last but not Least:

    0) Man macht Ernst.

    Wir sind uns wohl einig, dass mehr Radverkehr gewünscht ist und diskutieren gerade darüber, wie man das erreicht.Wenn ich mich nicht irre, vertrittst Du die Ansicht, dass man das ohne gute Radwege schaffen kann, oder?
    Die Beispiele aus Europa tust als zufällige Koinzidenz ab und bringst Indien als Erfolgsbeispiel.
    Letzteres ist einfach falsch. Über ersteres kann man diskutieren.
    Es fällt mir aber schwer. Denn die Länder mit dem höchsten Radverkehrsanteil haben nunmal einfach die beste Infrastruktur. Fragt man die Verantwortlichen in Kopenhagen, wie es dazu kam, sind die Antworten eindeutig: "Wir haben Radwege gebaut und dadurch kam der Radverkehr". Ich sehen keinen Grund, daran zu zweifeln. Ganz im Gegenteil: Die vielen Gehwegradler zeigen, wie stark der Bedarf an einer Infrastruktur abseits der Fahrbahn ist.

    Es war nicht Johann, der diese Meinung vertritt, sondern ich.
    Ich tue eine mögliche Korrelation nicht als Zufall ab; sie ist für meine Position schlicht unerheblich.
    Auch führe ich Indien nicht als Erfolgsmodell ab sondern als Gegenbeispiel für eine Korrelation.

    Damit ist Eure Annahme, man bräuchte Radwege, erst einmal widerlegt. Darum ging es mir dabei eigentlich gar nicht, weil ich davon ausgegeangen bin, dass Ihr das Beispiel ignorieren, nicht anerkennen würdet, weil ...
    ..., weil eine Korrelation für Eure Position notwendig (aber nicht hinreichend) ist.
    Um der Diskussion Willen können wir im Weiteren jedoch davon ausgehen, dass sie in der 1. Welt vorhanden ist.

    Es wir aber auch etwas anderes gezeigt: Mischverkehr ist in weiten Teilen der Welt selbstverständlich und funktioniert. Radfahrer fahren selbstverständlich auf der Fahrbahn.

    Ihr seid ja Freunde von Korrelationen; da stelle ich eine mögliche zur Diskussion (die dann sogar global): Radwege sind mit der Fahrbahnphobie korreliert.

    Jetzt stelle ich an die Radwegesindnotwendigvertreter die Frage: Sind Radwege auch ohne Fahrbahnphobie notwendig?

    Ich meine eher ein Beispiel einer Stadt mit hohem Verkehrsanteil und ohne separate Infrastruktur. Quasi ein Nachweis dafür, dass es eine Koinzidenz und keine Korrelation ist. Ansonsten ist die Behauptung einer Koinzidenz genauso sinnvoll wie die Behauptung einer Korrelation.

    Das war mir schon klar, nur spielt es keine Rolle. Dennoch tue ich Dir den Gefallen.

    Meine Aussage ist eine andere: Weder aus einer Koinzidenz, noch aus einer Korrelation lässt sich auf eine Kausalität schließen.
    Nehmen wir das Beispiel Licht und Sonne: Die Korrelation: Sonne und Helligkeit kommen meisten zusammen vor. Die Kausalität ist folgende: Die Sonne füchtet sich auf der Fahrbahn im Dunkeln und kommt nur raus, wenn es hell ist. Anders herum geht es nicht, weil es nicht nur dann hell ist, wenn die Sonne zu sehen ist.
    Ich hoffe, das war deutlich genug.

    Zitat von UliB

    Abgesehen davon drehen wir uns hier mal wieder im Kreis. Wie gesagt: ich komme auf der Fahrbahn klar, du wohl auch. Das gilt aber nicht für die Allgemeinheit. Ein elfjähriges Kind auf der Hoheluftchaussee halte ich jedenfalls aktuell für eine ganz schlechte Idee.

    Das entscheidende Wort lautet aktuell. Ziel ist ein Verkehr, in dem es nicht mehr als schlechte Idee bezeichnet wird. Deswegen ist es nicht wichtig, ob es jetzt so gesehen wird.

    Zitat von UliB

    Wie kann ein Schritt, der Menschen aufs Fahrrad bringt in die falsche Richtung gehen?

    Bringt er es? Es ist Deine These, dass es so ist. Mehr nicht. Dir wird es nicht gelingen, sie zu verifizieren. Es ist meines Wissen nach, noch niemanden gelungen. Cum hoc ergo propter hoc.
    Ich bin anderer Meinug: Radwege verhindern unterm Strich Radverkehr.

    Zitat von UliB

    Ich verstehe auch nicht, was gegen gute separate Infrastruktur spricht.

    Wie wäre es mit Platz und Geld?
    Zur konkreten Beurteilung von Radwege habe ich schon reichlich geschrieben.

    Und weil ich den völlig utopischen Sprung nicht schaffe, verzichte ich auch auf den kleinsten Trippelschritt?

    Wenn er in die falsche Richtung geht, macht er die Sache nicht leichter.

    Zitat von UliB

    So eine Kampagne müsste über Jahre gehen und über den kompletten Zeitraum sehr präsent sein.

    Ich habe auch nicht behauptet, dass es leicht werden würde.

    Zitat von UliB

    Welchen Schluss zieht man dann daraus? Mit den Schultern zucken und sich denken "ich komme ja auf der Fahrbahn klar"? Oder doch eher vernünftige Infrastruktur fordern? Und das bedeutet für mich ziemlich genau das Gegenteil von "weiter machen, wie die letzten 40 Jahre". Die letzten 40 Jahre wurden Radwege für den KFZ-Verkehr gebaut. Die Forderung ist natürlich, Infrastruktur für den Radverkehr zu bauen.

    Braucht man nicht, die gibt es schon. Nennt sich Fahrbahn.
    Ich drücke es einmal so aus: Ich kenne genau einen Radweg, den ich der Fahrbahn vorziehe. Der ist wohl bald ein halbes Jahrhundert alt, verwitteter, rauer, uneben Asphalt mit abbröckelden Rändern. Der würde nicht einmal für Hamburg taugen. Nur die Fahrbahn hat grobes Kopfsteinpflaster. Das Konstrukt wurde über Jahrzehnte sich selber überlassen, weil die Landesstraße neu trassiert wurde.

    Das soll heissen: Selbst ganz tolle neue Radwege bieten nicht das, was die Fahrbahn bietet.

    Etwas neueres, anderes wird nicht deswegen gut, weil es besser ist als etwas schlechtes. Solange es schlechter ist als das normale, ist es schlechter als das normale.

    Zitat von UliB

    Und diese Koinzidenz, die deiner Meinung nach fehlinterpretiert wird, existiert seltsamerweise in allen Städten mit hohem Radverkehrsanteil. Ich lasse mich da (mit Quellenangabe) gerne eines Besseren belehren.

    Cum hoc ergo propter hoc.

    Ich möchte eigentlich auch behaupten, dass Amsterdam oder Kopenhagen ohne die ganze separierte Infrastruktur einen sehr viel niedrigeren Radverkehrsanteil hätten.
    In mehreren Videos, die so im Netz herumfliegen (ich habe aufgrund meiner langsamen UMTS-Verbindung momentan leider keines zur Hand), wird ja beschrieben, wie sich der Radverkehrsanteil entwickelt hat: Indem man ganz radikal einfach breite, separierte und ebene Radwege durch die Stadt gebaut hat — und mit der Infrastruktur kamen auch die entsprechenden Nutzer. Das ist eben wie beim Auto: Baut man die Fahrbahn noch breiter, kommen noch mehr Autos.

    Inzwischen möchte Kopenhagen Radwege bauen, die so breit sind wie Fahrspuren. Moment ... Du weisst, worauf ich hinaus möchte.

    Was wissen wir denn? Zum Beispiel:

    • Die Menge an Radfahrern hat zugenommen.
    • Die Menge an Radwege hat zugenommen.
    • Es gibt Grüne Wellen für Radfahrer.
    • Es gibt große Medienkampagnen.
    • Kopenhagen hat Ernst gemacht.

    1 und 2 Zusammen ist eine Koinzidenz. Mehr nicht. Noch nicht einmal eine Korrelation. Daraus auf eine kausale Beziehung zu schließen, ist logisch nicht haltbar.

    Wegen 3 verlieren die Autos einen Zeitvorteil. Da gibt es enen objektiven Vorteil (oder besser Nichtnachteil) für Fahrrad. Da eine Kausalität zu vermuten ist viel naheliegender.

    Aus Langenllois, auch wenn es noch so klein ist, wissen wir, dass es bei 4 einen kausalen Zusammenhang gibt.

    In Kopenhagen ist es inzwischen so weit, dass sich auf Radwegen Staus bilden. Auch auf deren Breiten. Damit stellen sie sogar einen Nachteil gegenüber den freien Fahrbahnen dar. Vielleicht kann man ja sagen, dass Kopenhagen seinen hohen Radverkehrsanteil trotz der Radweg hat. Dieses Problem hast Du doch selber in einem anden Thread auf den Tisch gebracht.

    Zitat von Malte


    Ich stelle mir aber so langsam die Frage, was denn wohl eigentlich das Ziel ist?

    • Soviele Radfahrer wie möglich auf die Fahrbahn zu bringen? [...]
    • Einen möglichst hohen Radverkehrsanteil zu erreichen? [...]
    • Das Radfahren möglichst sicher zu gestalten? [...]

    Nein. Nein. Nein. Das Ziel muss sein, das Fahrrad zu einem gleichwertigem (höherwertigem) Verkehrsmittel zu machen. Dann kommt nämlich der Rest von ganz allein.

    In Deutschland stellt es leider einen sozialen Abstieg dar, aufs Rad zu steigen. Man ist auf einmal minderwertig. Man zahlt keine Steuern, ist Schmarotzer, dem Verkehr im Weg. Das muss ein Ende haben. Dann kommt nämlich der Rest von ganz allein.

    Zitat von Malte

    Allein die Sache mit dem Fahrbahnradeln sehe ich mittlerweile so: Die Menschen wollen’s einfach nicht. Ganz egal, was Studien und Untersuchungen über die objektive Sicherheit sagen. Ganz egal, wie oft der ADFC noch „Ab auf die Straße“ proklamiert. Ganz egal, wie toll und komfortabel das Fahrbahnradeln ist, ich kenne Dutzende Menschen, die außerhalb von Tempo-30-Zonen niemals auf der Fahrbahn fahren werden. Auf dem Wiesendamm genauso wenig wie auf der Hoheluftchaussee, der Elbgaustraße oder der Reichsbahnstraße. Die werden’s einfach nicht machen.

    Wundert Dich das? Die Automobillobby hat mehrer Generationen Zeit gehabt, die Straße Fahrbahn zu einem Risikogebiet für andere zu erklären. Das kann man nicht von heute auf morgen rückgängig machen. Den Versuch deswegen aber bleiben lassen? Zuerst fährt man in Wohnstraßen, dann auf kleinen Hauptstraßen, dann .. Kommt Zeit, kommt Erfahrung.

    Man kann dabei sogar Hauptverkehrsstraßen aus dem Stand fahrradfreundlicher machen. Kopenhagen gibt einen Hinweis: Wenn Autos nicht schneller als Fahrräder sind, ...
    Warum soll die Kieler von Tempo 30 ausgenommen sein? Das dient doch nur dazu, den KRaftfahrern menshenverachtende Geschwindigkeiten zu erlauben. Wir bauen Radwege, drängen Radfahrer an den Rand, um Autofahrern das Rasen zu ermöglichen, das die Begründung für die Radwege liefert. Das nennt sich Teufelskreislauf. Da habe ich keinen Bock mitzumachen.
    Zieht man es ernsthaft durch, schlägt man viele Fliegen mit einer klappen. Radfahren wird attraktiver, Städter lebenwerter, der Verkehr ruhiger, die Umwelt geschützt, die Gesundheit gesteigert, die Staats- und Sozialkassen geschont, ...

    Radfahrer bekommt man mit Sicherheit nicht von Radwegen runter, indem man ihnen immer neue anbietet. Man sollte ihnen statt dessen die Möglichkeit bieten, Fahrbahn zu erfahren. Es muss nicht gleich die Hauptstraße sein. Dabei bekommen sie auch mit, dass das schneller und leichter geht. Eins führt zum Anderen ...
    Man muss ihnen Zeit geben. Es wurde sich ja auch Zeit genommen, den Radfahrer die Angst vor Fahrbahnen einzuimpfen.


    Auch sehe ich keinen Grund zu der Annahme, dass Separation ein notwendiges Mittel zur Radverkehrsförderung ist. Was wird Radfahrer dadurch geboten, was sie ohne nicht hätten? Ein dichteres Radverkehrsnetz? Nein. Ein schnelleres Fahren? Nein. Ein leichteres Fahren? Nein. tbc

    Was spricht sonst noch für die Annahme? Die Aussage, dass man wegen der fehlenden Radwege nicht Rad fahren würde? Der Radverkehrsanteil steigt. Es ist aber nicht so, als ob Hamburg in letzter Zeit richtig in diese Richtung geklotzt hätte. Auch habe ich noch keine Aussage, auch nicht durch Hörensagen, gehört, dass jemand wegen der tollen Radwege angefangen hätte. Anders herum schon! Mir fällt dabei nur ein Spruch ein: Wer will findet Wege ;-), wer nicht will findet Gründe.

    Oder kann man aus den tollen Beispielen aus dem benachbartem Ausland diesen Schluss ziehen? Auf den ersten Blick scheint es so. Nur schließt man da aus einer Korrelation eine Kausalität, die jedoch nicht belegt ist. (Genau genommen ist nicht einmal die Korrelation belegt.) Haben Kopenhagen oder Amsterdam so viele Radfahrer, weil es dort so viele Radwege gibt? Oder gibt es dort so viele Radwege, weil es so viele Radfahrer gibt? Oder ...
    Ein berüchtigtes Gegenbeispiel ist Milton Keynes. Reichlich Radwege, die sogar als Verkehrswege taugen sollen, aber ein Radverkehrsanteil von 2 % oder so.

    Ich gehe davon aus, dass es ein ernsthaftes Signal der Politik ist, dass den Radverkehr fördern würde. Mit ernsthaft meine ich aber ernsthaft. Das kann durch den Bau von Radwegen geschehen, also von ernsthaften Radwegen in ernsthafter Menge. Das muss es beileibe aber nicht. Schöne Mediankampagnen wirken auch. Das sogar nachweislich.
    Da ist das übliche Beispiel Langenlouis. Man wollte dort den Verkehr sparen, also den Kraftverkehr. Es wurden Kampagnen gestartet nach dem Motte, einfach mal mit dem Rad oder zu Fuß zum Einkaufen, einfach mal dieses oder jenes. Es hat gewirkt. Der Radverkehrsanteil hat sich von 2 % auf 8 % gesteigert. mit genau keinem Radwegebau. Ein paar Abstellanlagen waren dabei.

    Malte, ich kann Deinen Frust verstehen, glaube jedoch, dass Du aus Deinen Problemen die falschen Schlüsse ziehst.

    Zum Einen gehst Du davon aus, dass Radwege irgendwie doch sicherer sind als die Fahrbahn. Diesem Trugschluss bin ich auch lange erlegen, weil es sich halt sicherer anfühlt. Das liegt daran, dass man Gefahren, auf die man einen Einfluss zu haben glaubt, eher unterschätzt, und Gefahren, denen man sich hilflos ausgesetzt führt, überschätzt. Das ist auf Radwegen und Fahrbahnen der Fall. Auf Radwegen muss ich nur gut genug aufpassen (und die Autos sind auch weit weg), um sicher zu sein, auf Fahrbahnen kann ich nur hoffen, dass die Kraftfahrer mich sehen (und die sind auch noch ganz dicht dran). Am Ende das Tages ist es jedoch genau umgekehrt. Es fühlt sich nur nicht so an.
    Ich beschäftige mich nun nicht erst seit Gestern mit dem Thema, und mir konnte noch niemand einen Ansatz präsentieren, der mir den Glauben an den sicheren Radweg wiedergben konnte. Man muss sich auch vor Augen führen, dass der überhaupt mögliche Sicherheitsgewinn durch Radweg minimal ist. Der Unfalltyp läuft eben und ferner liefen. Andere, häufigere Unfalltypen werden jedoch wahrscheinlicher.

    Nebenbei: Die beiden größten Unfallschwerpunkte im Polizeirevier 27 sind Holsteiner-Hörgensweg und Holsteiner-Baumarktausfahrt. Kieler-Reichsbahnstraße wurde in dem Zusammenhang aber auch genannt.

    Zum Anderen haben Deine Unfälle der letzten Zeit gar nichts mit der Sicherheitsproblematik zu tun. Die Autofahrer sind gegen Dich vorgegangen, weil sie Dich für einen minderwertigen Verkehrsteilnehmer halten. Du hat in Ihren Augen nicht das Recht, ihnen, den richtigen Verkehrsteilnehmer, im Weg zu sein. Mit diesem (eingebildete) Vergehen Deinerseits rechtfertigen sie ihr Fahrverhalten.
    Ich komme dann nicht auf die Idee, deren Sicht der Dinge anzunehmen, sonder eher zu dem Schluss, dass man da für ein Umdenken sorgen sollte.

    Das ist in meinen Augen die Kernaufgabe von Radverkehrspolitik. Radfahrer in den Augen aller zu gleichwertigen Verkehrsteilnehmern zu machen.

    Es stellt sich dabei aber auch die Frage, ob man das mit der Forderung nach Sonderlösungen hinbekommt, oder, ob man damit sogar die Diskriminierung zementiert. Wer Sonderlösungen fordert, kann eben eine Sonderstellung bekommen, und die muss nicht zwangsläufig gleichwertig sein.

    Hat man gedoch eine vollwertige Stellung als Verkehrsteilnehmer erreicht, lösen sich andere Probleme von allein. Autofahrer werden nicht mehr aggresiv gegen Radfahrer, also nicht mehr als geen andere Verkehrsteilnehmer. Und wenn Radwege gebaut werden, dann sind es keine Alibiradwege, Alibifahrradstraßen, etc mehr, sondern Verkehrswege.


    Zum Schluss noch das: Das Meckern sehe ich als eine Art seelesche Hygiene. Radfahrer haben oft das Gefühl, herabgewürdigt zu werden. Um damit klar zu kommen, ist die Unterstützung von Leidensgenossen hilfreich. Man bekommt bestätigt, dass es andere auch so sehen und man nicht vielleicht doch minderwertig ist.

    Ich suche Lösungsansätze, Radfahren für möglichst viele Pendler attraktiv zu präsentieren.

    Was macht Radfahren denn für Pendler attraktiv? Stell Radfahrern als billit, gesund, schnell, umweltbewusst, ... dar.

    Zitat von Blaue Sau

    Lösungen, die man den Bezirksämtern, dem ADFC, dem Senat vorlegen kann um Prioritäten zu Überdenken.

    Die Lösung ist denkbar einfach: Nehmt Radfahrer ernst! Dazu gehört primär, dass die Route schnell ist. Keine Umwege/Schlenker, vernünftiger Belag, Grüne Welle bei (sagen wir) 20 km/h, ....

    Zitat von Blaue Sau

    Eine Veloroute, die alltagstauglich und ruhig ist.

    Das ist ein Widerspruch in sich: Entweder kommt man vernünftig von A nach B, dann ist es mit der Ruhe aus, oder nicht. Was meinst Du, warum es an der Kieler so unruhig ist?

    Zitat von Blaue Sau

    Stell doch gerne mal Deine Route vor.

    Die kennst Du doch auch schon aus dem Fratzenheft:
    Rungwisch
    Vogt-Kölln
    Stückchen Wördemannsweg
    Hagenbeck
    Osterstraße/Bundesstraße
    Karolinenstraße

    Wie sieht es eigentlich mit der Unterführung an der S-Sternschanze aus? Da ist noch Potential drin.

    Also ich muss mal ganz doof fragen: Suchst Du Lösungsansätze für die von Dir vorgestellten Probleme, oder glaubst Du, Lösungsansätze für andere Probleme zu liefern?

    Zu Deiner Variante habe ich noch ein paar Fragen: Wie hoch ist der Anteil an Kopfsteinpflaster? Wie hoch ist der Anteil an wassergebundenen Belägen? Wie sieht es mit der Straßenbeleuchtung aus? Nach welchen Kriterien hast Du die Strecke ausgesucht?

    Hast Du es schon einmal mit der Veloroute 2 versucht?

    Wenn ich weiss, was Du eigentlich möchtest, stelle ich vielleicht meine Route von Eidelstedt in die Innenstadt vor. Die enthält 100 % Asphalt und 0 % Benutzungspflicht.


    Mit dem Begriff Ghetto wird doch nur versucht, einen individuell zugeteilten Verkehrsraum als generell moralisch verwerflich abzustempeln, was er aber für mich nicht automatisch sein muss. Gut gemachte Ghettoisierung?

    Eine Aufteilung ist nicht automatisch moralisch verwerflich.

    Nur sind die Vor- und Nachteile zwischen Fahrbahn und Radweg eindeutig verteilt. Maltes Beispiele sind wirklich Leckerbissen aber auch deins kann es nicht mit der Fahrbahn daneben aufnehmen; besonders deutlich wird die Wertigkeit am nordwestlichen Ende, wenn man sich überlegt, wer wem gegenüber wartepflichtig ist.

    Wenn jetzt Zwang ausgeübt wird, Radwege zu benutzen, ist es verwerflich, sind Radwege Ghettos. Dabei gibt es nicht nur einen juristischen Zwang, sondern auch emotionale, soziale …. Die wirken dabei sogar deutlich stärker, so stark, dass selbst Radfahrer, die es besser wissen müssten, ja sogar besser wissen, es aber nicht wahr haben wollen, selber Radwege fordern.

    Ich weiß einfach nicht, wie man sich das vorstellt: Angenommen, der Radverkehrsanteil steigt weiter an oder es wird ein warmer Sommer, soll diese Infrastruktur dann ausreichen? Das sieht vielleicht auf diesen 3D-modellierten Planungsbildern toll aus, wo auf der sanierten Straße zwei Autos, vier Radfahrer und sieben Fußgänger unterwegs sind, aber wenn man bedenkt, dass diese Infrastruktur offenbar mindestens ein Jahrzehnt überdauern soll, äh, ja, wie soll das funktionieren?

    Das ist ein Problem, wenn man den begrenzten Straßenraum statisch verteilt: Dann kann eine Gruppe unnötigerweise eingeschränkt sein.
    Wenn man den Raum dynamisch verteilt, wer zuerst kommt, nimmt sich den Platz, den er braucht, und der Rest muss mit dem leben, was übrig ist, entfällt diese unnötige Beschränkung.

    Entweder, man gibt dem Radverkehr den Raum, der er in Jahren brauche soll, oder man lässt es bleiben. Anderenfalls wäre es eine Förderung mit (zu) begrenzter Kapazität.


    Abgesehen davon, hat mir noch niemand auch nur plausibel erklären können, wie man mit fahrbahnbegleitenden Radwegen den Radverkehr fördern kann. Dann kommen immer Beispiele wie Amsterdam oder Kopenhagen. Damit wird eine Kausalität suggeriert, die logisch keine Grundlage hat. Dabei ist noch nicht einmal die Korrelation aus Radwegen und hohem Radverkehrsanteil belegt.

    Gegenbeispiele kann ich auch nennen: Dublin, Milton Keynes, Langenlouis.


    Das eigentliche Problem beim Radverkehr befindet sich zwischen den Ohren. Man muss Radfahrer ernst nehmen! Das gilt für alle, auch für die Radfahrer selbst.

    Dann wird nicht mehr die Mär von der gefährlichen Fahrbahn verbreitet, um Radfahrer an den Rand zu drängen. Dann werden Autofahrer Radfahrer als Mitverkehrsteilnehmer betrachten und nicht mehr als bestenfalls geduldete Untermenschen. Dann glauben auch Radfahrer nicht mehr, auf der Fahrbahn den Verkehr aufzuhalten, weil man selber ja auch Verkehr ist. Dann werden Radwege als Ghetto überflüssig und die Radwege, die dann noch gebaut werden, werden auch als Verkehrswege gebaut.