Beiträge von mgka

    Dass es auch "Radwege" ohne Benutzungspflicht gibt, ist in der Satzung offenbar gar nicht vorgesehen. Dabei gibt es das sogar in Stade, wenn vermutlich auch nur aus Versehen und nicht, weil man sich an die Vorgaben der VwV-StVO halten wollte.

    Das ist aber dann ein Problem in der Satzung. Vor meiner Haustür gibt es seit vielen Jahren einen Rad-/Fußweg ohne Benutzungspflicht (nachdem ich mit einer Anfechtungsklage gedroht hatte, wurden die VZ240 schnell abgeschraubt und durch "Radfahrer frei" ersetzt).

    In Stade wurde vor kurzem die Straßenausbaubeitragssatzung (StrABS) geändert, nachdem die Anlieger der Schölischer Straße massiv protestiert haben und damit sogar die Aufmerksamkeit der überregionalen Presse auf sich gezogen haben.

    In Bayern ist man einen Schritt weitergegangen und hat den Gemeinden vor einiger Zeit gestattet, solche Satzungen ersatzlos zu streichen, denn nach jeder umlagefähigen Baumaßnahme war so ziemlich überall im Freistaat monatelang Theater.

    Macht ein VZ240 einen Gehweg mit Radfahrzwang straßenrechtlich erst zu einem (förderfähigen) Weg? Ein nicht benutzungspflichtiger Weg darf ja genauso mit Fahrrädern benutzt werden.

    Bisher kannte ich keine Rechtsprechung zu dem Thema. Das o.g. Urteil ist das erste, das ich dazu lese. Und ich finde die Argumentation überzeugend.

    Allerdings gibt es in dem Urteil einige Ungereimtheiten, zumindest was diese Kreuzung (die ja aber wohl Aufhänger für die ganze Affäre war) angeht. Hier in Mapillary ein halbwegs aktuelles Bild von der Situation. Ich praktiziere dort durchaus auch das indirekte Linksabbiegen, wenn auf den Geradeausspuren sehr viel Verkehr ist, ohnehin gibt es ja keine (signalgeregelte) Abbiegefurt nach links jenseits der Kreuzung, so dass ich fahren darf, wenn frei ist.

    Normalerweise schwenke ich zum indirekten Linksabbiegen kurz nach rechts in die Aribonenstraße und dann nach links. Wenn ich nun nach oben schaue, prankt dort ein Verkehrszeichen, was mir das Geradeausfahren aber verbietet :/.

    Darüber hinaus wurde im Verfahren mehrfach darauf hingewiesen, dass dort auf dem Ring Tempo 60 gelten würde. Das stimmt aber nicht, seit mehr als zwei Jahren (also bevor der Beschwerdeführer dort aufgehalten wurde) hat die zuständige Straßenverkehrsbehörde Tempo 50 angeordnet (etwas unterbelichtetes Bild bei Mapillary vom 22.05.2017). Ich kann mir beides nur dadurch erklären, dass alle am Prozess beteiligten Institutionen wegen so einem d*pperten Radfahrer schlicht zu faul waren, um die Örtlichkeit mal tatsächlich in Augenschein zu nehmen.

    Die Bilder bei Google Streetview sind aus 2008 und restlos veraltet.

    Danke, dann passt das ja auch zu meinem Rechtsverständnis - § 2 (4) StVO ist eine allgemeine Regel, welche durch andere ("weiter hinten im Text") durchaus auch modifiziert werden können:

    § 39 (2) StVO: "Regelungen durch Verkehrszeichen gehen den allgemeinen Verkehrsregeln vor."

    § 39 (5) StVO: "Auch Markierungen und Radverkehrsführungsmarkierungen sind Verkehrszeichen."

    Anlage 2 zur StVO - VZ 297: "1. Wer ein Fahrzeug führt, muss der Fahrtrichtung auf der folgenden Kreuzung oder Einmündung folgen, wenn zwischen den Pfeilen Leitlinien (Zeichen 340) oder Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295) markiert sind."

    Letzteres ist übrigens an dieser Kreuzung des Mittleren Rings der Fall. Wenn ich nun hier zu lesen aufhören, wäre ich ja sogar gezwungen, als Radfahrer direkt links abzubiegen, denn selbstverständlich sind auch Fahrräder vom Text der Anlage 2 zu VZ 297 erfasst. Und genau deswegen heißt es ja in § 9 StVO:

    "2) 1Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. "


    Das heißt: man darf selbstverständlich nach wie vor direkt links abbiegen, muss es aber nicht (wenn man sich das Einfahren und Queren der Fahrspuren nicht zutraut).

    Da es in diesem Fall keinen nach links abbiegenden, benutzungspflichtigen Radweg an der Kreuzung gibt, entfällt die BNP, sofern nach links abgebogen werden soll.

    Ist das wirklich Voraussetzung für die "Erlaubnis", direkt links abzubiegen? Woher soll ich als ortsfremder Radfahrer denn wissen, ob es (hinter der Kreuzung) eine solche Führung für den Radverkehr gibt? Und vor allem: ob diese indirekte Führung überhaupt zumutbar ist?

    Aber die in $ 9 StVO genannten Voraussetzungen für indirektes Linksabbiegen sind an dieser Kreuzung doch überhaupt nicht erfüllt: weder gibt es eine Radverkehrsführung für das indirekte Linksabbiegen noch eine (potenzielle) lichtzeichengesicherte Fußgängerquerung. wo man schiebend queren könnte. Dazu: woher soll die Verpflichtung kommen, im Zweifelsfall für das Linksabbiegen abzusteigen und zu schieben? Davon stand zwar mal was in der StVO, das ist aber längst Geschichte!

    Das einem Polizisten, der zuständigen Straßenverkehrsberhörde oder auch einem Bayerischen Amtsrichter beizubiegen, dürfte allerdings eine enorme Herausforderung werden, die man aber unter Umständen erst fünf Jahre später nach den entsprechenden Kostenauslagen auf Landesgerichts-, Oberlandesgerichts- oder gar Bundesverwaltungsgerichtsebene zu seinen Gunsten geklärt bekommt.

    Das mit dem bayerischen Amtsrichter kann man auf alle Fälle unterschreiben. Falls jemand mal ein bisschen "Spaß" haben und lernen will, wie das in Bayern so läuft mit den Radlfahrern, der kann sich ja mal diesen de.rec.fahrrad-Thread anschauen (ich hoffe, der Link funktioniert). Kleine Anmerkung am Rande. an der fraglichen Stelle gilt seit mindestens zwei Jahren Tempo 50.

    Und ja, ich hätte dazu noch einige rechtliche Fragen...

    Was sagt denn die Behörde zu den drei (kumulativ zu erfüllenden) Voraussetzungen, welche die VwV-StVO für Zeichen 240 nennt?

    "Die Anordnung dieses Zeichens kommt nur in Betracht, wenn dies

    1. unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger vertretbar und

    2. mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs vereinbar ist und

    3. die Beschaffenheit der Verkehrsfläche den Anforderungen des Radverkehrs genügt.

    Ich sehe auch nicht, dass man hiervon (durch welche "Baustellennorm" auch immer) davon abweichen darf. Insbesondere wenn es sich wie im vorliegenden Fall faktisch um eine dauerhafte Anordnung handelt.

    Ich glaube inzwischen, dass in den meisten Straßenverkehrsbehörden (insb. in den kleineren Einheiten) absolut Null Fachkompetenz vorhanden ist. Die neue Leiterin der örtlichen StVB kannte zum Beispiel nicht einmal die Nummerierungen der Verkehrsverbotszeichen 254 und 260 auswendig. Ebenfalls war ihr die (zugegebenermaßen auch bescheuerte) Regelung mit den alleinstehenden [Zusatzzeichen 1022-10] im § 2 (4) S. 4 StVO unbekannt.

    Da muss ich dir völlig recht geben, auch in großen Städten wie München gibt es nach wie vor viele Lücken, was die Kenntnis von Verkehrs- und insbesondere auch Verwaltungsrecht angeht (ob man jetzt die Nummern der Verkehrszeichen auswendig kennen muss, sei mal dahingestellt, wenn man weiß, wo man's nachschauen kann und vor allem den Sinn und Zweck des Schildes verstanden hat, reicht das in meinen Augen). Von den umliegenden Landgemeinden, welche ja zumindest für ihre Orts(verbindungs)straßen untere Verkehrsbehörde sind, will ich schon mal gar nicht reden. Wenn man dann den Landkreis als Rechtsaufsicht einschaltet, passiert in der Regel auch nix, denn die Gemeinden wollen doch immer so gerne ihre Eigenverwaltung ausüben (was aber beim Straßenverkehrsrecht als Recht des übertragenen Wirkungskreises Unsinn ist).

    Meines Erachtens stinkt doch der Fisch mal wieder vom Kopf her: in der Regel sind die Verkehrsministerien der Bundesländer für den ordnungsgemäßen Vollzug der Straßenverkehrsordnung zuständig. Und offenbar hat man dort wenig Interesse an diesem ordnungsgemäßen Vollzug - es sei denn, er dient der Flüssigkeit des motorisierten Verkehrs. Diesem Dogma hat sich alles unterzuordnen, der Rest interessiert schlicht nicht.

    Selbst Dinge wie die Jahresfrist sind oft unbekannt, was aber von Vorteil ist, denn auf meinen Antrag hin hat man schon öfter mal "aus Versehen" eine neue verkehrsrechtliche Anordnung erlassen, ohne sich auf die Bestandskraft der alten zu berufen. Und die Rechtsbehelfbelehrung fehlte den Schreiben in aller Regel auch (denn damit könnte die Behörde die Jahresfrist zu einer Monatsfrist machen).

    Das kenne ich aus München auch: da wird der Gehweg oder Radweg im Seitenraum wegen einer Baustelle gesperrt, die verbleibende Restfläche mit einem VZ240 verziert (obwohl dafür die Voraussetzungen laut VwV-StVO in keiner Weise gegeben sind) und dann wird diese Fläche überhaupt nicht sinnvoll genutzt. Oft fährt wochenlang irgendwelches Gerümpel darauf herum, welches man mit minimalem Mehraufwand auch hätte woanders lagern können. Immerhin genehmigt die Behörde hier eine Sondernutzung einer Verkehrsfläche - und wie der Begriff schon sagt, geht das nur, wenn der Verkehr noch sicher abgewickelt werden kann. Dann soll die StVB halt auch mal "NEIN" sagen und den Antrag zumindest teilweise ablehnen.

    Ich wäre alternativ dafür, ein gesondertes, vereinfachtes Widerspruchsverfahren zu schaffen: Ein Widerspruch gegen eine RwBp muss binnen einen Monats entschieden und öffentlich bekannt gemacht werden. Erfolgt dies nicht, liegt kein Regelungswillen und somit kein Verwaltungsakt mehr vor. Anschließend darf der Widersprechende den Baulastträger zur umgehenden Entfernung der blauen Scheinverwaltungsakte verpflichten.

    Naja, das klingt schön, ist aber rechtlich nicht konsequent, denn es sind ja nicht nur Benutzungspflicht-Schilder, die häufig rechtswidrig aufgestellt wurden, sondern andere Ge- und Verbotszeichen ebenso. Die ursprüngliche Idee von § 45 (9) StVO bei seiner Einführung 1997 war die "Lichtung des Schilderwaldes". Das Gegenteil ist seitdem aber passiert. Übrigens gibt es in Bayern gar kein Widerspruchsverfahren mehr, es bleibt immer nur die Anfechtungs- oder ggf. die Verpflichtungsklage.

    Aus meiner Sicht krankt die ganze Sache genau an einem: der Jahresfrist für die Anfechtung von Verkehrszeichen. Diese stellen Dauerverwaltungsakte dar, welche durch Allgemeinverfügung bekannt gegeben werden. Das hat zur Folge, dass sie gegenüber den davon Betroffenen niemals (in Summe) bestandskräftig werden können. Die eigentliche Intention der Jahresfrist ist ja der (dann normalerweise eintretende) "Rechtsfrieden". Nur: den gibt es halt bei Verkehrszeichen - solange sie eine verwaltungsrechtliche "Beschwer" enthalten - eben niemals!

    Die an die runden, blauen Schilder geknüpfte Benutzungspflicht kriegt man wohl national wegen des Wiener Übereinkommens nur schwer weg.

    Als ob das ein Hindernis wäre! Es würde ja schon reichen, wenn die zuständigen Länderminister verbindlich festlegen würden, dass Verstöße gegen die Benutzungspflicht nicht mehr geahndet werden und die Radfahrer dadurch keinen (zivilrechtlichen) Nachteil erleiden. Werden sie aber nicht tun, denn dann würden die vielen Autostammtische dieser Republik ja wochenlang toben.

    Allerdings wäre das nach 22 Jahren systematischer Verweigungerungshaltung (welche von den Aufsichtsbehörden bis hinauf zu den Länderministerien auch oft noch aktiv unterstützt wurde und wird) nur mehr als konsequent.

    Im konkreten Beispiel handelt es sich übrigens um einen benutzungspflichtigen Radweg. Womit die nächste Frage im Raum steht: Gibt es da Unterschiede abhängig davon, ob der Radweg benutzungspflichtig ist oder nicht?

    Die Benutzungspflicht spielt für den Vor- oder Nachrang der Fußgänger keine Rolle. Aus meiner Sicht ist die Fläche, auf welche die Fahrgäste aussteigen, groß genug, um dort auch warten zu können, es ist also quasi ein Schutzbereich für Fußgänger. Wenn sie weitergehen, queren sie einen Radweg, wo sie dann aber wartepflichtig sind. § 20 gilt nur, wenn Fahrgäste direkt auf den Radweg aussteigen, also ohne eine solches Buskap (Beispiel).

    Die Benutzungspflicht kommt allerdings dann ins Spiel, wenn der Radweg als Verkehrsfläche für Radfahrer überwiegend ungeeignet ist (viele Busse, viele Fahrgäste). Aber auch das hält ja in der Regel die Straßenverkehrsbehörden nicht von einer dann solchen rechtswidrigen Anordnung ab.

    Die Anordnung ist in dieser Kombination rechtswidrig, denn die VwV-StVO zu VZ 240 sagt:

    "Die Anordnung dieses Zeichens kommt nur in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger vertretbar und mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs vereinbar ist und die Beschaffenheit der Verkehrsfläche den Anforderungen des Radverkehrs genügt."

    Ich schreibe diesen Satz meiner Straßenverkehrsbehörde jetzt bei jeder sich bietenden Gelegenheit, erwähne, dass ich mit dem Fahrrad grundsätzlich an einer solchen Stelle auf die Fahrbahn ausweiche und die verkehrsrechtliche Anordnung ohne weitere Kontaktaufnahme verwaltungsrechtlich überprüfen lassen werde, wenn die Polizei meint, dort mich dann in irgendeiner Art und Weise maßregeln zu müssen. Steter Tropfen höhlt den Stein!

    Die VwV-StVO nennt ja genug Gründe, welche meiner Ansicht nach kumulativ erfüllt sein müssen, damit die Anordnung eines VZ240 überhaupt rechtmäßig oder zumindest nicht ermessensfehlerhaft ist:

    Die Anordnung dieses Zeichens [VZ240] kommt nur in Betracht, wenn dies
    (1) unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger vertretbar und

    (2) mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs vereinbar ist und

    (3) die Beschaffenheit der Verkehrsfläche den Anforderungen des Radverkehrs genügt.

    Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, dürfte es kaum Konflikte mit Fußgängern geben. Nur scheren sich die Straßenverkehrsbehörden um diese Vorgaben halt einen Dreck, und die meisten Verwaltungsgerichte werden dem folgen, wenn auch nur ansatzweise die "Gefahr" besteht, dass Radfahrer auf der Fahrbahn den "echten Verkehr" stören könnten. Und haftungsrechtlich ist wie gesagt der Radfahrer ja dann oftmals sowieso der Dumme. Schon aus diesem Grund muss die Benutzungspflicht endlich ersatzlos raus aus der StVO. Die letzten 22 Jahre seit der StVO-Novelle von 1997 zeigen ja, dass die allermeisten Behörden mit der jetzigen Rechtslage (trotz letztinstanzlichem Urteil aus Leipzig vor fast zehn Jahren) entweder überfordert sind oder sich schlicht vorsätzlich und systematisch weigern, diese umzusetzen.