Am Freitag ging es dann also mit dem IC 2025 zur Critical Mass Köln.
Es war mal wieder alles etwas kritisch.
Los ging’s eigentlich recht entspannt direkt in Altona, wo man ja immer ganz in Ruhe und ohne Gedränge einsteigen kann:


So sieht übrigens das Fahrradabteil im Bpmbdzf aus:


Leider hatte aber auch eine Gruppe von drei jungen Männern im Wagen 3 Platz genommen, die offenkundig bis gerade eben noch auf der Reeperbahn unterwegs waren und einen dieser Situation angemessenen Alkohol- und Lautstärkepegel zum Besten gaben. Das war noch harmlos, wenn nur auf voller Lautstärke WhatsApp-Sprachnachrichten abgehört wurden, das wurde umso lästiger, wenn übers Smartphone scheppernde Musik abgespielt wurde, und schlug dann hin und wieder in Aggressivität gegenüber anderen Fahrgästen um, die aber glücklicherweise nicht lange anhielt, weil die benebelten Hirne schnell das Interesse am Streit verloren.
Einer der Drei saß in der Reihe neben mir und lief alle fünf Minuten auf die Toilette. Ich dachte erst, der wäre wohl dauernd am Rauchen, tatsächlich ließ er sich den Abend aber noch einmal durch den Kopf gehen und hinterließ einige Erinnerungen davon auf seinem T-Shirt. Herrje. Dann versuchte einer noch zu rauchen, sah sich aber glücklicherweise außerstande seine Zigarette anzuzünden, so blieb es beim Gemaule und aggressiven Geprolle.
Gut, wir erreichten sodann den Hamburger Hauptbahnhof. Am Bahnsteig spielte sich das übliche Gedränge eines Freitagmorgens ab, eine ganze Menge Radfahrer sind auf der Suche nach Wagen 3, eine noch größere Menge an Koffern wird in den Zug gewuchtet.
Im Fahrradabteil entsteht der obligatorische Streit, irgendjemand ist laut am Schimpfen, ich sehe mal wieder keine andere Möglichkeit, als mich einzumischen, schultere meinen Rucksack, lasse aber Helm, iPhone- und das in der Dose steckende MacBook-Ladekabel am reservierten Platz zurück.
Die Situation lässt sich einfach beschreiben: Der zuerst eingestiegene Fahrgast mit Fahrrad hatte seine reservierte Fahrradhalterung direkt neben der Tür erspäht, sein Fahrrad dort eingehängt und sich zu seinem Sitzplatz begeben. Weitere Fahrgäste ohne Fahrrad hatten währenddessen die günstige Gelegenheit genutzt, um die Klappsitze im Fahrradabteil zu okkupieren. Da passte natürlich kein Fahrrad mehr durch, ein Großteil der Fahrradhalterungen befand sich in der nunmehr verbotenen Zone und im Rest des Abteils war noch nicht einmal genügend Platz, um das Rad wenigstens zu wenden und an eine andere Halterung an der anderen Seite der Tür zu hängen.
Die Fahrgäste auf den Klappsitzen mochten nun aber auch nicht mehr aufstehen, denn sie saßen ja nunmal und hatten wohl auch ein bisschen Angst um ihren hart erkämpften Sitzplatz, so dass es noch eine Weile bei unfreundlichen Worten blieb, bis jemand das blockierende Fahrrad nahm und an und an einer anderen Halterung parkte.
Geht doch.
Diese momentane Praxis mit den nummerierten Fahrradhalterungen ist so gesehen relativ unpraktisch: Um schnelles Einsteigen zu gewährleisten, müsste man sich in der Reihenfolge entsprechend der nummerierten Halterungen im Abteil aufstellen, aber wer weiß denn schon, wo sich seine Halterung befindet?
Naja.
Ich ging nun zurück zu meinem Platz. Da saß aber mittlerweile jemand. „Dürfte ich bitte wieder auf meinen Sitzplatz?“, fragte ich rückblickend betrachtet leider ein bisschen unfreundlich. „Haben Sie denn reserviert?“ „Im Gegensatz zu Ihnen schon, ja.“ „Okay.“ „Danke.“
Meinen Helm hatte der Typ auf die Gepäckablage gelegt, nun denn, da lag er ganz gut. Ich holte mein MacBook raus und steckte das Ladekabel wieder in den Mac, was mein Nachbar aber nicht so witzig fand: Das wäre sein Ladegerät. „Hä?“, machte ich, stellte aber fest: Das war sein Ladegerät. Auf mein Ladegerät hatte ich, klug wie ich war, meinen Namen gedruckt.
Und wo war dann mein Ladegerät? Und mein iPhone-Ladekabel?
„Hey, haben Sie mein Kabel eingesteckt?“, rief ich dem Typen hinterher, den ich eben von meinem Platz vertrieben hatte. „Nee, das hat der da eingesteckt“, und zeigte auf einen Fahrgast auf der anderen Seite des Wagens.
„Haben Sie mein Kabel eingesteckt?“, fragte ich ebenjenen Fahrgast, der aber offenbar kein Deutsch sprach. Nun mischte sich mein Nachbar wieder ein und wedelte mit seinem eigenen Ladegerät herum. Irgendwie konnten wir dem Typen begreiflich machen, was wir meinten, und er holte mein MacBook-Ladegerät und mein iPhone-Kabel aus seiner Tasche, die oben auf der Gepäckablage stand.
Da fiel mir ja schon nichts mehr zu ein. Der Typ zog später zur Kontrolle eine BahnCard 100 aus der Tasche, der war also mutmaßlich geschäftlich unterwegs und dementsprechend eigentlich weder doof noch nicht in der Lage, sich ein eigenes Kabel anzuschaffen. Es mangelt mir allerdings am Glauben in das Gute im Menschen, dass er das Ding ins Fundbureau bringen wollte.
Nun hatte der Mann allerdings dunkle Haut, was wiederum einen der Besoffenen auf den Plan rief. Wenn der alkoholgetränkte Kopf nichts mehr kann, reicht’s trotzdem noch für Fremdenfeindlichkeit und er versuchte verzweifelt, ein paar Sprüche zu drücken, deren Scheitern allerdings seinem kurzen Aufmerksamkeitshorizont geschuldet waren. Naja.
Nun war nur noch das Problem, dass mein Nachbar nach dem Prinzip „Weg gegangen, Platz vergangen“ die Steckdose nicht mehr freigeben wollte und nach getaner Arbeit an seinem MacBook Air noch sein Handy daran lud, aber whatever, darüber rege ich mich dann auch nicht mehr auf.
Na gut. Bis Münster hatten wir dann so viel Verspätung kassiert, dass die drei Betrunkenen ihren Anschlusszug verpasst haben, dann blieben wir noch mal eine Weile in Wuppertal stehen und kamen mit knapp 50 Minuten Verspätung in Köln an:

Da gab’s dann wieder einen fröhlichen Fahrrad-Fahrgastwechsel, der ungefähr so klug ablief wie am Hamburger Hauptbahnhof, weil schon wieder jemand sein Fahrrad direkt neben der Tür eingehängt hat, aber… ich kümmere mich nicht drum, ist nicht mein Problem:

Weiter vorne hat der Zug übrigens noch ein paar Stellplätze, die aber allesamt nicht belegt waren:
