Ich habe dem Mopo-Chefredakteur gerade eine längere Mail geschrieben.
Er hetzt in unverantwortlicher Weise Ihre Leser gegen Radfahrer und die als »Alleinschuldigen« benannten Parteien SPD und Grüne auf und lässt dabei entscheidende Informationen weg bzw. verzerrt sie geradezu grotesk.
1.
Der Vorschlag, die gegenwärtige Regelung in diesem Straßenzug aufzuheben, stammt von der Polizei.
2.
Diesem Vorschlag haben ALLE Parteien zugestimmt (Sie erwähnen sogar »einstimmig«), auch die des sich hier echauffierenden Herrn Ploß.
3.
Die gegenwärtige Regelung ist nicht nur eine »Hamburgensie«, sondern sie ist wegen der Art der angebrachten Beschilderung unzulässig, weil diese der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (StVO-VwV) widerspricht. Im Abschnitt »Zu den §§ 39 bis 43 ...« heißt es unter III. 14.:
Sollen Verkehrszeichen nur zu gewissen Zeiten gelten, dürfen sie sonst nicht sichtbar sein. Nur die Geltung der Zeichen 224, 229, 245, 250, 251, 253, 255, 260, 261, 270.1, 274, 276, 277, 283, 286, 290.1, 314, 314.1 und 315 darf stattdessen auf einem Zusatzzeichen, z. B. "8-16 h", zeitlich beschränkt werden. Vorfahrtregelnde Zeichen vertragen keinerlei zeitliche Beschränkungen.
Das bedeutet: Das Verkehrszeichen 267 »Verbot der Einfahrt« darf von Süden aus nur zwischen 4 und 12 Uhr, von Norden aus nur zwischen 12 und 4 Uhr zu sehen sein.
Diese Bedingung trifft nur auf das Nordende und Südende sowie auf einige große Kreuzungen und Einmündungen zu, nämlich dort, wo die Schilder in Kästen aus- oder eingeblendet werden.
An vielen anderen Stellen hängen aber Blechschilder mit VZ 267, auch 209 bis 212 und dem Zusatzschild »nur von 4 bis 12 Uhr« bzw. »nur von 12 bis 4 Uhr«.
Das ist verboten und wurde seit Jahren nur noch geduldet, warum auch immer. Wenn aber irgendetwas an dieser Straße gemacht wird, und sei es die Sanierung einer Kreuzung, dann ist mit der gegenwärtigen Regelung Schluss.
4.
Die Polizei hat also gute Gründe, die Abschaffung dieser Vorschriftswidrigkeit vorzuschlagen.
Angesichts dessen ist es unverantwortlich, wie die Materie im genannten Artikel dargestellt wird.
Hinzu kommen noch drei Dinge, die von mangelnder Sachkenntnis zeugen.
5.
Der Straßenzug ist KEINE Einbahnstraße. Das hat man mir im Studium schon vor über 30 Jahren beigebracht. Es handelt sich um eine sogenannte »unechte Einbahnstraße«, die dadurch entsteht, indem man von der einen Seite die Einfahrt verbietet.
Aber - und das ist der entscheidende und beim genannten Straßenzug auch höchst nervige bis gefährliche Punkt - aus jeder Hofeinfahrt, aus jeder Garage an diesem Straßenzug dürfen Sie zu jeder Tageszeit IN BEIDEN RICHTUNGEN fahren, also auch in der von außen nicht freigegebenen Richtung - bis zur nächsten Einmündung, an der Sie das Schild 267 sehen.
Sie können das wunderbar anhand der am Fahrbahnrand rechtsseitig geparkten Fahrzeuge sehen, die nach dem Richtungswechsel zwangsläufig linksseitig und in der Gegenrichtung stehen. Wer also um 11 Uhr Richtung Süden parkt und um 13 Uhr zu seinem Fahrzeug zurückkommt, sieht sich einer zweispurig anrollenden Fahrzeugmenge gegenüber. Er darf dieser Menge entgegenfahren - obwohl sicherlich 99 % aller Fahrer dieser Autos glauben (und sich darauf verlassen), dass Ihnen niemand entgegenkommen darf.
6.
In diesem Straßenzug, den ich zwar nicht täglich, aber häufig befahre, ist man über weite Strecken sowieso nur einspurig unterwegs, weil nämlich das Parken am Fahrbahnrand erlaubt ist. Man muss also gegenwärtig ständig aufpassen, dass sich niemand in die acht Meter Lücke zum Vordermann reindrängelt oder ein LKW nach dem Entladen wieder anfährt und so weiter. Da ist eine Neuregelung nach dem Prinzip »Eine Fahrspur pro Richtung, dazu Fahrradstreifen und irgendwas als Ladezone« besser. In dem Moment, in dem die katastrophalen und völlig unzumutbaren Radwege entfernt werden, ist dafür auch genügend Platz. Das genannte Prinzip mag auf den ersten Blick unwahrscheinlich klingen, aber in Paris hat man genau das gemacht und festgestellt, dass der Verkehr flüssiger läuft als vorher. Grund: Da parkt keiner mehr »in zweiter Reihe«.
7.
Wenn der Straßenzug ganztägig in beiden Richtungen befahrbar ist, dann müssen sich nicht mehr die Autofahrer in der »falschen« Richtung irgendwelche Schleichwege durch den Hofweg/Mühlenkamp oder entlang der Alster suchen. Diese Gebiete werden aufatmen.
Ich bitte Sie also: Setzen Sie jemanden auf das Thema an bzw. befragen Sie jemanden, der die StVO und die VwV kennt, und nehmen Sie die Radfahrer aus der Schusslinie. Die müssen viel zu oft als Sündenböcke herhalten, und zum Dank werden dann noch Baumaßnahmen, bei denen beispielsweise für 5 Millionen Euro die Fahrbahndecke saniert und für 100.000 Euro die Radwege auf dem Hochbord von Asphalt auf 10x20er Betonsteine umgebaut werden, mit 5,1 Millionen Euro aus dem Topf für Radverkehrsförderung finanziert.
Zeigen Sie Ihren Lesern die verbotenen Blechschilder, zeigen Sie die Linksparker in der Gegenrichtung, zeigen Sie die notwendigen Slalomfahrten und zeigen Sie auch das Verkehrschaos auf den Ausweichstrecken.