Beiträge von TheK

    Der erste Schritt soll wohl auch sein, die Gebühren so zu erhöhen, dass "im Weg rumstehen" teurer ist als das Parkhaus – und dann werden problematische Plätze gestrichen oder in welche für Anwohner, Gehbehinderte oder Lieferanten umgewandelt. Ein Ansatz ist, dass es Parksuchverkehr nur da geben soll, wo es den durch die Parkhäuser sowieso gibt.

    Gemeckert wird weiter, dass es sowieso viel zu wenig Parkplätze gäbe (was ja nun überprüfbar falsch ist) und dass die Parkhäuser viel zu eng wären. Nur: Als wir letztens mit einem wirklich großen Fahrzeug auf den Sülzwiesen parken wollten, gab es etliche Male "Oh, da is was frei!" "ne, da versteckt sich ein Smart :(".

    Diese Läden entstanden halt in einer Zeit, als die meisten Leute als _einziges_ Verkehrsmittel ihre eigenen Füße hatten. Selbst zum Markttag ~5 km in das "Grundzentrum" (wie wir heute sagen) zu gehen war schon ein großer Aufwand. Also musste sich jedes Dorf selbst versorgen, ganz gleich wie klein es war.

    Mit dem Auto änderte sich das völlig: Es war jetzt problemlos möglich, nicht nur zum Markt, sondern auch in die Kreisstadt zu fahren. Die Geschäfte dort bedienen aber nicht mehr 50 (Dorf) oder 1000 (Markt) Kunden, sondern 50.000 in ihrem Einzugsgebiet. Übrig blieben nur die Kunden, die sich ein Auto nicht leisten können (die bringen aber auch kaum Umsatz) oder denen das aus irgendeinem Grund zu doof ist – entsprechend hat heute ein Grundzentrum ab 2500 Einwohnern ungefähr die Infrastruktur, die früher jedes Dorf von 50 Leuten alleine hatte. Diese Grundzentren haben dabei genug Menschen in ihrer *Gehweite*, um ein Angebot zu liefern, dass "gut genug" ist, auch die meisten Autofahrer von noch längeren Wegen abzuhalten – übrigens ein großer Unterschied zu den USA, wo man auch in den Suburbs schonmal 20 km zum Lebensmittel-Einkauf fährt.

    Der ÖPNV (der in den meisten Dörfern erst NACH dem Auto kam!) ist dabei nur der Versuch einer Symptom-Korrektur: Er ermöglicht es den Leute ohne Auto aus den Dörfern noch "irgendwie" in das Grundzentrum zu kommen – ein Angebot, dass eigentlich weder ansatzweise wirtschaftlich oder ökologisch ist (weil man für eine stark schwankende Nachfrage planen muss) noch als "komfortabel" bezeichnet werden kann. Und von da auch gleich in die Kreisstadt weiter zu fahren, ist schon fast ZU einfach. Keine Anstrengung, der Aufpreis ist marginal (im HVV 3,80 statt 2,70) und selbst die Fahrzeit ist für 25 statt 5 km gerade mal das doppelte. Dieser bei keinem (!) anderen Verkehrsmittel so krass auftretende Skalen-Effekt führt dazu, dass etwas was eigentlich eine Alternative zum Auto sein will, eine Alternative zum Dorfladen wurde.

    Und hier kommt das Fahrrad in die Gleichung: Dieses ermöglicht es, mit der gleichen *Flexibilität* eines Autos in das Grundzentrum zu gelangen. Es ist allerdings immer noch anstrengender und langsamer (denn außerorts fahren Autos nunmal sehr viel schneller), weshalb eben 5 km bereits als Grenze der Reichweite des Alltags-Radverkehrs gelten. Mit einem Pedelec kommen wir wieder zu dem "gut genug": Das ist "gut genug", damit man sich für den Weg ins Grundzentrum kein Auto antun muss.

    Es wären allerdings nur wenige Menschen, die deutlich höhere Geschwindigkeiten als 15 bis 20 km/h mit dem Fahrrad fahren würden.

    Warum nicht? Ich bin immer noch mit 25 oder 30 km/h schneller am Ziel als mit 15-20. Und daran ändert auch ein ÖPNV nichts, denn der bleibt auf kurzen Strecken schnarchlangsam – schlicht weil er nur in den seltensten Fällen genau jetzt, genau vor meiner Tür, genau zu meinem Ziel fährt, ohne Zwischenhalt.

    Oder eben das Tempolimit dem Design anpassen, statt pauschalem 100. Aber dafür braucht man im deutschen Behördenirrsinn einen "Unfallschwerpunkt", dessen Messung aber de facto nur "Verkehrsschwerpunkte" misst.

    Da gibt's einen interessanten Verkehrszähler (Ecke Tondorfer Hauptstraße): Bis 2020 (!) 30k und mehr, ab 2021 dann 25k und 20k… Da scheint sich irgendwas geändert zu haben? Eventuell kann man da demnächst die gleiche Diskussion wie in der Rodigallee anfangen, ob nicht eine Fahrspur pro Richtung reicht…

    Seit 2021 ist die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge um 150000 ! gesunken. Wie auch der KFZ Verkehr um 12% gesunken ist. Große Argumente gegen mehr Fahrspuren und mehr Parkplätze.

    Da hast du jetzt zwei verschiedene Zahlen verglichen; rund 10.000 weniger sind's. Das der Autoverkehr in der Stadt rückläufig ist (teilweise auch noch sehr viel deutlicher), ist ja schon länger bekannt.

    Oder tatsächlich dein Spruch zu Schwimmwesten… Alleine dieses Jahr gab es da auch schon drei: 24-029, -42 und -59.

    Im Grunde müsste man sich auch die ganzen Solo-Unfälle mal ansehen und da nach Mustern suchen – aber am meisten wird das wohl eine Mischung aus Micromängeln und Unaufmerksamkeit sein.

    Was nun schneller oder bequemer?

    Beides zusammen – wobei man die Geschwindigkeit berechnen kann, während die Bequemlichkeit stark subjektiv ist. Ein überfüllter Bus, Scheißwetter auf dem Fahrrad oder ein Einbahnstraßen-Irrgarten mit dem Auto machen auch ein eigentlich schnelles Verkehrsmittel unattraktiv. Und deswegen gibt es eben auch Menschen, die in Amsterdam mit dem Auto und in Duisburg mit dem Fahrrad fahren – beides erfordert eine masochistische Neigung…

    Es gibt genug Leute, die meinen Verkehrsprobleme mit Autos lösen zu können.

    Nein. Die Leute glauben, dass es rund um Autos gar keine Verkehrsprobleme gibt, sondern diese nur von "bösen Parkplätze raubenden Grünen" erzeugt werden.

    Die meisten überschätzen den Anteil des Autos am Innerstädtischen Verkehr bei weitem, so dass das Risiko von "induced demand" (so das Prinzip überhaupt bekannt ist) als gering eingeschätzt wird – man kennt ja die Sprüche von "ich sehe kaum einen Radfahrer". Tatsächlich spielen deutsche Städte dieses Spiel aber (bewusst oder unbewusst) sehr gut, weil wir hier zwar teilweise "autogerechte", aber nicht "auto-abhängige" Städte haben.

    Zum "induced demand" gehört nämlich, dass ein Verkehrsmittel so lange bevorzugt wird, bis ein anderes schneller oder bequemer ist – und da sind ÖPNV und Radverkehrsinfrastruktur in Deutschland (mit Ausnahme des Ruhrpotts) zumindest gut genug, um den Wachstum des Autoverkehrs zu stoppen, bevor es zu schlimm wird. In Städten wie New York oder Paris, die erst jetzt anfangen, auch auf Fahrräder zu setzen, verlangsamt sich der Verkehr dagegen (abseits der U-Bahn-Routen) so lange, bis man zu Fuß schneller ist.

    Das führt übrigens auch zu dem Paradoxon, dass man den Autoverkehr schneller macht, indem man ihn (scheinbar) langsamer macht: Nimmst du auf einem gut ausgebauten Teil Kapazität weg, wird das Auto unattraktiver und die ganzen überfüllten Punkte davor und dahinter werden soweit entlastet, dass es am Ende schneller wird.

    Und um wieder on-topic zu werden: Pedelecs wiederum verschieben diese Gleichung in die andere Richtung. Weil sie den Radverkehr schneller machen, verschiebt sich der Punkt an dem das Fahrrad schneller ist nach oben – und zwar so extrem, dass der Autoverkehr ideale Bedingungen (grüne Welle bei 50) braucht, um da gegen an zu kommen.