Ordnungswidrigkeitenanzeigen
1) Das wichtige vorab:
- die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten unterliegt dem Opportunitätsprinzip!
Dies bedeutet, dass die zuständigen Stellen die Verfolgung der Anzeige in jedem Stadium einstellen können. Ohne Begründung. Und der Anzeigende hat keinen Anspruch darauf, dass ihm eine Einstellung oder eine "Vollstreckung" der OWi-Anzeige mitgeteilt wird.
Um es klar zu sagen: wenn bspw. durch politische Vorgaben kein Interesse daran besteht, OWis zu verfolgen, hat man als Anzeigender erstmal Pech gehabt und sich die Mühe, eine Anzeige zu schreiben, umsonst gemacht.
- jeder kann eine Ordnungswidrigkeitenanzeige stellen
Es ist keine Bedingung, dass man betroffen sein muss.
Das schöne Bild vom Frührentner, der aus dem Fenster schaut und die Falschparker aufschreibt kommt einem hier in den Sinn, oder?
Im Interesse eines sozialverträglichen Zusammenlebens und gesellschaftlichen Miteinanders sollte man jedoch in meinen Augen davon absehen, jede Ordnungswidrigkeit, von der man nicht betroffen ist, sofort anzuzeigen
- anonyme OWi-Anzeigen werden nicht verfolgt
Wer eine OWi-Anzeige aufgibt, muss seinen Namen und eine ladungsfähige Adresse angeben.
Das hat einen rechtlichen und verwaltungstechnischen Hintergrund. Mehr dazu weiter unten
- Ansprechpartner ist auch hier in aller Regel das zuständige Polizeikommissariat (PK). Davon abweichend kann vielerorts auch die Bußgeldstelle der Gemeinde direkt kontaktiert werden. In Hamburg verweisen die Beamten der PKs unumwunden auf die Bußgeldstelle, die sich bequem per Email (anzeigenbussgeldstelle@eza.hamburg.de) kontaktieren lässt
- Halterhaftung?
In Deutschland wird auch im Straßenverkehr nur die Person für eine Übertretung, ein Vergehen zur Verantwortung gezogen, die diese Übertretung auch begangen hat.
Deshalb gibt es immer wieder Meinungsverschiedenheiten, die vor Gericht ausgetragen werden, wenn es bei einem "Blitzerfoto" darum geht, wer denn nun gefahren ist.
Blöde Sache: im sogenannten ruhenden Verkehr ist das nicht anders. Auch hier stellt sich die Frage: "wer ist denn nun gefahren"?
Es gibt allerdings einen kleinen, aber feinen Unterschied zu Verfahren im nicht-ruhenden Verkehr: Einstellung des Verfahrens gegen Kostentragungsbescheid.
heißt im Klartext: lässt sich der Fahrer nicht ermitteln oder macht der angeschriebene und um Auskunft gebetene Halter des falsch geparkten Fahrzeuges keine Angaben zum Fahrer, wird die Chose eingestellt. Denn der Aufwand, den Fahrer zu ermitteln, steht in keinem Verhältnis zum "Ergebnis".
Es wird sich hier damit begnügt, dem Halter Kosten von 23,50 für den ganzen Papierkram pauschal aufzuerlegen.
(§107 Abs.2 OWiG: 20EUR Pauschale zzgl. 3,50 Zustellungskosten)
Quasi eine "Halterhaftung light"
Dies bedeutet:
Bei einer OWi-Anzeige wegen Falschparkens reicht ein Foto des falsch abgestellten Kfz.
Bei einer OWi-Anzeige wegen Verstößen im Nicht-Ruhenden Verkehr sollte es auch ein Foto/Beschreibung des Fahrers/der Fahrerin geben.
Dazu später mehr. Schonmal im Kopf behalten.
- Höhe der Verwarngelder / Bußgelder
Alle sanktionierbaren Ordnungswidrigkeiten sind - mehr oder weniger Übersichtlich - im sogenannten "Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog
für Verkehrsordnungswidrigkeiten" (BT-KAT-OWi) aufgelistet. Hier findet sich die jeweils aktuelle Version.
Viele Bußgelder sind mit einem "Basissatz" versehen, der bei einem einfachen Verstoß fällig wird. In bestimmten Fällen kommen teilweise erhebliche Sätze obendrauf, wenn bei einer OWi andere behindert, gar gefährdet wurden oder es sogar zu einem Unfall kam
Beispiel:
Tatbestandsnummer 141100 - "Sie parkten auf einem Radweg (Zeichen 237)." - kostet 20,-
Tatbestandsnummer 141101 - "Sie parkten auf einem Radweg (Zeichen 237) und behinderten dadurch Andere." - kostet 30,-
Wer länger als 6h steht, darf nochmal mehr bezahlen. Da muss dann aber auch in mind. 2 Fotos dokumentiert werden, dass der da länger stand!
Wer sich also durch einen Radwegparker behindert fühlt, weil er z.B. auf die Fahrbahn ausweichen oder absteigen muss, um auf dem Gehweg zu schieben oder auch nur bremsen muss, um keine Schramme in den Autolack zu ziehen, der sollte in seine OWi-Anzeige den Punkt "mit Behinderung" aufnehmen und eine kurze Begründung anführen.
Die entsprechende Tatbestandsnummer (TBNR) kann natürlich in der OWi-Anzeige angegeben werden. In aller Regel sind die Mitarbeiter der Bußgeldstelle aber so firm, dass die gängigsten Sachen bekannt sind. Vielmehr kann es bei der Auswahl der TBNR aber auch zu Fehlern kommen oder man unterliegt einer Fehleinschätzung, da innerhalb des BT-KAT-OWi ja ganz viele verschiedene Situationen mit jeweils eigenen TBNR abgedeckt werden.
Mal unbeschilderter Radweg, mal Radweg mit Z.237, mal Radfahrstreifen, mal Schutzstreifen...
Wer staunen will, sucht im BT-KAT-OWi nach "sie überholten," und staunt dann, was alles sanktioniert werden kann.
Wer sich auskennt, erleichtert den Mitarbeitern der Bußgeldstelle die Arbeit - wer einen Fehler macht, erschwert die Arbeit oder sorgt so möglicherweise unfreiwillig selbst für eine Einstellung der OWi-Anzeige, wenn falsche TBNRs angegeben werden.
- Tateinheit / Tatmehrheit
Insbesondere im nicht-ruhenden Verkehr kann es zu mehreren Verstößen gleichzeitig kommen, die man am liebsten alle Anzeigen möchte. Bei mir war ein Autofahrer so ungeduldig, dass er mich mit 30cm Seitenabstand rechts überholt hat. Über eine eine Bushaltebucht, die in seinen Augen ausreichte...
Dennoch wird hier nur eine OWi geahndet; die mit dem höchsten Verwarngeld. Wer so einen Vorfall anzeigen will, sollte dennoch den gesamten Vorgang schildern, die bekannten Verstöße klar herausstellen. Die Mitarbeiter der Bußgeldstelle werden beurteilen, ob Tateinheit oder Tatmehrheit vorliegt.
2.1) Form einer OWi-Anzeige im ruhenden Verkehr
Macht man sich den Spaß und begibt sich zum nächsten Polizeikommissariat, um eine OWi-Anzeige aufzugeben, sollte man schon das ausgedruckte Foto, das die OWi belegt, mitbringen. Sonst wird das in aller Regel nichts. Die netten Beamten werden mit den Augen rollen, nehmen eine begründete OWi-Anzeige aber auf und füllen das entsprechende Formular nach den Schilderungen und Beweisen des Anzeigenden aus.
Wer den direkten Weg zur Bußgeldstelle sucht, der kann ein Schreiben aufsetzen, in dem folgendes vorhanden sein muss:
- Name, Adresse des Anzeigenden
- Kurzer Betreff wie "Hiermit erstatte ich eine Anzeige gegen den Fahrer/Halter des nachfolgend genannten Fahrzeuges wegen..."
- Tatvorwurf "... Parkens auf dem Radweg"
- ggfs. Begründungen, wenn der Vorwurf der "Behinderung" im Raume steht
- Ort der Ordnungswidrigkeit mit Hausnummer oder besserer Beschreibung, "... Parkstraße 2", "unmittelbar im Kreuzungsbereich Parkstraße/Schloßallee"
- Angaben zum Kfz: Kennzeichen, Fabrikat (Marke), Farbe
- Foto auf dem der Verstoß dokumentiert ist + Kennzeichen.
Achtung: Ein Foto, auf dem nur die Heckklappe ohne Radweg oder Gehweg zu sehen ist, bringt nichts! Es sollte der zugeparkte Radweg, Fußgängerüberweg, Radfahrstreifen, Kreuzungsbereich etc. zu erkennen sein!
Die Anzeige jetzt entweder ausdrucken und per Post zur Bußgeldstelle, oder ein PDF generieren und per eMail an die Bußgeldstelle.
In Hamburg kann man sich das mit dem PDF übrigens sparen - einfach eine E-Mail schreiben und Foto(s) in den Anhang legen.
Pro Anzeige bitte ein separates Dokument/E-Mail. Wenn also der Radfahrstreifen in der Dammtorstraße wieder mal komplett zugeparkt ist, keine Endlostabellen mit "Kennzeichen, Fabrikat, Farbe" ausfüllen und 1 Foto beilegen - macht euch die Mühe, zu jedem Fahrzeug nachher eine Anzeige zu schreiben. Es erleichtert die Arbeit für die Mitarbeiter der Bußgeldstelle.
Für Hamburg gehen die Anzeigen per Email wie erwähnt an: anzeigenbussgeldstelle@eza.hamburg.de
2.2) Besonderheit bei Anzeigen im Nicht-Ruhenden Verkehr
Auf Grund der oben erwähnten "Halterhaftung light" für den ruhenden Verkehr, wird ist eine Anzeige im nicht-ruhenden Verkehr sinnvoll(!) nur möglich sein, wenn eine Minikamera oder ActionCam den im Raum stehenden Vorwurf dokumentiert hat.
Es bleibt also bei den Angaben wie bei einer OWi-Anzeige im ruhenden Verkehr. Der Tatvorwurf ist entsprechend anzupassen und es sollten mehrere Bilder des Vorfalls beigefügt werden.
Typische gefährliche Situationen für Radfahrer: Man wird von einem Kfz eng überholt. Wenn die Kamera das dokumentiert hat, kann man gerne ca. 5 Serienbilder des Vorgangs der Anzeige beifügen. Idealerweise hat man ein Bild vom Fahrer oder kann ihn zumindest beschreiben. Wenn aber die Beschreibung des Fahrers lautet "männlich, zw. 20 und 25 Jahre alt, Brille, kurz geschorene Haare, Tattoo auf Oberarm" und als Halter des Pkw ist "Lieselotte Müller, geboren 05.07.1952" eingetragen, darf man nicht maulig sein, wenn die Anzeige nicht weiter verfolgt wird.