So, meine "Erlebnisreise" mit der Deutschen Bahn ist jetzt beinahe 2 Wochen her, die Formulare mit den Fahrgastrechten sind ausgefüllt und im Briefkasten.
Eines Vorweg: ich bin jetzt diverse Bahntrassenradwege gefahren, die mir sehr gut gefallen haben. Nach den Erlebnissen mit der Deutschen Bahn bin ich mir nicht sicher, ob es für mich als Radfahrer nicht besser wäre, wenn die Deutsche Bahn pleite ginge und alle Privatbahnen verboten werden. Auf den dann nicht mehr genutzten Trassen könnte man herrliche Bahntrassenradwege in einem Nah- und Fernradverkehrsnetz anlegen!
Worüber rege ich mich auf?
- Preispolitik
- Personal und IT
- Fahrradmitnahme mit der Bahn
Gründe fürs Aufregen:
- Preispolitik
Die DB hat mit ihrem ganzen Bahncard-Geraffel und Sparpreis, Zugbindung, Normalpreis-Tralala ein schier undurchdringliches System an Preisnachlässen, Rabatten und Zwängen aufgebaut, das wohl am Ende mehr Ausgaben verursacht und Bahnreisen verhindert, als sich die DB das wünscht.
Mitte diesen Jahres hat die DB ein ganz grandioses Programm aufgelegt, um die BahnCard mal wieder zu bewerben und mit Kunden zu rechnen, die dieses Zwangsabo dann nicht kündigen. Es wurde eine ProbeBahnCard angeboten, mit der der Inhaber an einem Samstag einen weiteren Gast kostenfrei mitnehmen kann.
An sich eine gute Idee. Abstecher am Samstag nach Berlin? Kein Thema. Eine Person bezahlt, 2 fahren.
- IT
Hier beginnt das Elend aber schon in der Tatsache, dass die Fahrradmitnahme bei Onlinebuchung natürlich nur auf 1 Rad pro Reisender begrenzt ist. Wer diese Bahncard nutzen will und für 2 Personen 2 Fahrräder mitnehmen möchte, darf das Telefon bemühen oder ins Kundenzentrum gehen.
Der Spaß lässt sich weiterführen, wenn eine Fahrt ins Ausland geplant ist. Dort gilt diese Samstags-Regelung natürlich auch nicht.
Spaßig wirds, wenn man beides kombinieren will.
Und wir wollten.
Plan: 2 Personen, 2 Fahrräder von Venedig nach München mit dem Nachtzug (Freitag auf Samstag) und von München nach Hamburg weiter mit dem IC
Problem: CityNightLine-Schlafwagen, Ausland, Fahrrad, Probebahncard
Ergebnis: Als wir früh morgens im Kundenzentrum Hamburg-Altona aufschlugen, waren insgesamt 2 Mitarbeiter für 4 Personen abgestellt. Als wir fertig waren und die Tickets in den Händen hatten, waren immer noch 2 Mitarbeiter an den Schaltern, aber nunmehr knapp 34 Leute in der Warteschlange.
Na klar, es bedurfte auch diverser Anläufe der bemühten Mitarbeiterin, bis endlich alles zu unserer Zufriedenheit war.
Denn Ziel war ganz klar: 1 Ticket von Venedig nach München im CNL Schlafwagen, dazu 1 Fahrrad; sowie 1 Ticket von Venedig nach München im CNL Schlafwagen, dann weiter nach Hamburg mit 1 Fahrrad; und schließlich 1 Fahrradkarte von München nach Hamburg, da die 2. Person auf dieser Strecke kostenfrei reist.
- Personal
Und ich gebe zu bedenken, dass wir genau wussten, was wir wollten! Wir wollten keine Optionen genannt bekommen, wir wollten keine Preisvergleiche, wir wollten einfach nur Tickets buchen.
Im 3. Anlauf hats dann geklappt. Die ersten beiden Versuche waren ohne Fahrrad oder ohne Berücksichtigung der BC25-Samstagsregelung...
Letztendlich waren wir preislich in Regionen, wo man auch das Flugzeug hätte nehmen können und mit 2x Sportgepäck zu je 50,- noch günstiger wäre.
Aber ich bin bisher ein Verfechter Bahn gewesen, hatte mich auch auf die Reise quer durch Deutschland und den Nachtzug gefreut. Hatte.
Bis hierhin also:
- Onlinebuchung nicht möglich
- Telefon/Kundencenter muss bemüht werden
- ich verbrate meine Freizeit, um 40min am Schalter zu stehen und meine Wünsche vorzutragen
- Rabattaktion führt mal eben zu "Verlust" von knapp 60,- für die DB. Denn gefahren wären wir eh.
Die eigentliche Reise
Einstieg in Venedig Mestre. Abends. Der Zug ist voll, aber das Einsteigen läuft gesittet ab. Da ist der Bahnfahrer auch schon anderes gewohnt...
Das Schlafwagenabteil ist schnell gefunden, die für den Schlafwagen zuständige Zugbegleiterin auch nach Zeigen der Tickets endlich davon überzeugt, dass das unsere Kabine ist. Merken: Wenn man von Bahnhof A aus bucht, am besten auch dort einsteigen. Die Dame hatte nämlich schon alles wieder abgeschlossen, weil wir laut Plan eben schon in SantaLucia hätten einsteigen sollen und nicht erst eine Station später.
Anekdote: Am Bahnsteig diskutierte eine deutsche Familie noch mit einem Zugbegleiter, der sie absolut nicht einsteigen lassen wollte. Der CNL sei ausgebucht, es sei kein Platz mehr vorhanden. Man kann der Familie jetzt natürlich sagen, dass sie eben Plätze im CNL hätten reservieren müssen - aber den Ärmsten ist wohl das Auto mit einem Motorschaden abgeraucht. In Italien. Vor wenigen Stunden.
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich: "oh, die tun mir leid"
Die Fahrt mit dem Nachtzug war ... "interessant". Ich fand es enorm entspannend, im Bett zu liegen und die dunkle, nur teilweise erleuchtete Landschaft und Städte an mir vorüberziehen zu sehen. Liegend im Bett im Dunkeln nach draußen schauen. Fand ich toll. Bin dann aber doch eingeschlafen...
Irgendwann mitten in der Nacht ging ein Alarm los. Keine Ahnung, was da los war - ich habs aber nicht geträumt. Nach ein paar Sekunden, die schlaftrunken dann auch eher wie Minuten vorkamen, ging der Ohrenbetäubende Lärm dann wieder aus. hmmm.
Wir wurden wie gewünscht um 5:40Uhr, 20Minuten vor dem Planmäßigen Einlaufen in München vom Kabinenwecker wachgetutet.
Komisch, wir standen in Prien am Chiemsee... hmmm. Na gut, die Sonne geht auf, Nebel, toller Anblick.
Moment - Prien am Chiemsee? Und in 20Minuten nach München? Genau, das wird nix...
Nungut, unser Anschlusszug fuhr dank der grandiosen Buchungsleistung der Dame im Kundencenter sagenhafte 40min nach Ankunft des CNL in München ab. Das könnte knapp werden. Das hatten wir bereits am Abend der Zugbegleiterin auf den Weg gegeben. Wir müssen den Anschlusszug bekommen...
Irgendwann setzte sich der sich der Zug wieder in Bewegung, wir hatten jetzt die 40min Verspätung...
Als wir in Rosenheim ankamen, stand ein Begrüßungskomitee am Bahnsteig. Ganz in Blau. In Uniformblau. Mit Einweghandschuhen und Pistolen am Gürtel.
Ein Polizeieinsatz. In unserem Zug. hui.
Wir hatten nämlich in der Nacht mit der Neuzusammenstellung des Zuges ein paar Wagen aus Ungarn hinter der Lok. Und in diesem Wagen saßen eine Menge Leute, die schon viel weiter und viel länger als wir gereist sind. Es waren Flüchtlinge, die die Polizei nun nach und nach aus dem Zug holte und in die zentrale erstaufnahmestelle brachte.
Das dauerte natürlich.
Wir erreichten dann mit 80min Verspätung den Bahnhof München. Unser Anschlusszug konnte die 40min dann nicht mehr warten. Ok, darüber rege ich mich nicht auf.
Jetzt beginnt erst der spannende Teil der Reise...