Laut Haushaltsbefragung 2010 soll der Radverkehrsanteil 6,2% betragen.
2005 sollen es 7% (Analyse VEP) gewesen sein, 1996 sollen es sogar 9% (Haushaltsbefragung) gewesen sein - ein steter Rückgang.
Mit 6,2% steht MG (keine sog "fahrradfreundliche Stadt", also keine AGFS-Mitgleidschaft) aber noch besser da als die sog. "fahrradfreundlchen Städte" Essen (21 Jahre AGFS-Mitgliedschaft, Radverkehrsanteil 4,9% bei Haushaltsbefragung 2011) oder Mülheim an der Ruhr (17 Jahre "fahrradfreundlich", 4% - 2012).
MG ist nahezu gleichauf mit Bochum (6% - 2010), Dortmund (9 Jahre "fahrradfreundlich" - 6,4% - 2013) und ist kaum schlechter als Wien (7% - 2014).
MG ist besser als Hagen (2,2% 2000), Wiesbaden (3% - RiD 2014), Saarbrücken (4% - RiD 2014), Witten (nicht "fahrradfreundlich" - 5% - 2014), Bezirk Hamburg-Harburg (5% - 2008) und Stuttgart (5% - RiD 2014).
Wem nützt die sog. "Fahrradfreundlichkeit"?
Ich habe die ersten 30 Jahre meines Lebens im niederrheinisch geprägten Ruhrgebiet zugebracht, also OB-MH-DU-E-DIN. Der Radverkehrsanteil ist traditionell niedrig. Das kam wohl im Zuge der Massenmotorisierung, die im damals wohlhabenden Ruhrgebiet etwas früher einsetzte als anderswo. Bis in die 80er hinein konnte man bei Krupp und Thyssen auf den Werksgeländen noch riesige Fahrradabstellanlagen bewundern, die da allerdings schon längst verwaist waren. Dennoch gibt es dort eine gewisse Fahrradaffinität, allerdings als Freizeitgerät. Zu meiner Zeit sind dort nur Schüler und Alte mit dem Rad gefahren. Ich bezweifle auch, daß Radfahren dort großes Potential hat, denn die Wege der meisten dürften zu lang sein. Fahrradnutzung bricht schon bei Entfernungen ab ca. 5 km ein. Mein ehemaliger Schulweg von OB-Holten nach DIN auf's "Gümmi" von ≈9 km war schon ungewöhnlich lang.
Schon zu meiner Geburt waren die allermeisten Hauptstraßen durchgebläut, waren also schon vor Inkrafttreten der allgemeinen Benutzungspflicht Zwangsradwege. Lediglich die Stadt Essen ist sparsamer mit Radwegen umgegangen.
Unter Fahrradfreundlichkeit wird im Allgemeinen Radwege(bau) verstanden und die Behauptung ist, das würde den Radverkehrsanteil steigern. Fragt sich halt, warum die damals wie heute dann nicht benutzt werden, wo sie doch existent waren und sind. Diesen häufig postulierten Zusammenhang gibt es nämlich nicht.
Man kann sich ja auch mal ansehen worauf meine jetzige Heimatstadt ihre Fahrradfreundlichkeit stützt und bei oberflächlicher Betrachtung mit einem RV-Anteil von 17% auch Recht haben könnte:
1. Viele tolle Radwege
In der Tat, die gibt es reichlichst. Nur hätten die ja auch früher schon benutzt werden können, denn das sind ja keine Neubauten aus jüngerer Zeit. In der Realität machen die Radverkehr aber nur gefährlich und daran sind nicht nur KFZ-Führer schuld, sondern mit zunehmenden Radverkehrsanteil auch die Radfahrer selbst, zusätzlich hat man das Fußgängerproblem. Radfahren wird unbequemer, langsamer und komplizierter.
Obwohl die Stadt Kiel schon eher gehobenes Niveau in Bezug auf Radwege repräsentiert, sind die Radwege von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen schon eine Frechheit. Erst seit neuerer Zeit werden Benutzungspflichten zurückgenommen. Im Übrigen weisen selbst Neubauten erhebliche Mängel auf. Ich erwähne das, weil hier im Forum offensichtlich einige von besseren Radwege träumen, die aber in der Realität dann nie kommen. Ich habe in den 40 Jahren in denen ich das Fahrrad als Verkehrsmittel benutze überhaupt noch nie einen Radweg gesehen, der einschlägigen Standards entsprechen würde, auch nicht in Kopenhagen oder Amsterdam, nur um die so häufig als angebliche Vorzeigestädte erwähnten Orte zu erwähnen...
2. Freigegebene Einbahnstraßen
Eine rechtliche Selbstverständlichkeit. Die Einbahnstraßen existieren zum größten Teil nur, weil man so Parkplätze schaffen wollte. Eine Verkehrsbeschränkung für Radfahrer wäre rechtlich kaum haltbar.
3. Fahrradstraßen
Es handelt sich dabei (bis auf eine einzige Ausnahme) um unechte Fahrradstraßen. Der Unterschied zu einer T-30-Zone ist nur marginal. Aber wenn man "Fahrradstraße" dran schreibt wird das dann fahrradfreundlich. Hier hat man in der Vergangenheit auch schon mal eine T-30-Zone in Fahrradstraße umgelabelt, bevor das historische Großkopfsteinpflaster durch Asphalt ersetzt wurde und die Seitenäste sind immer noch mit Kopsteinpflaster belegt.
4. Velorouten
Die Velorouten wurden als Freizeitwege konzipiert und werden jetzt Radfahrern als das Gelbe vom Ei verkauft. Man hat es eben auf KFZ-Armut abgesehen, da muß man dann auch Umwege, Matschwege, Treppen oder 10%ige Steigungen mal in Kauf nehmen. Ich würde so jedenfalls nicht durch die Stadt mäandern wollen, ich fahre eben so, wie es KFZ-Führer auch sinnvollerweise tun.
5. Fahrradstellplätze
Die Stadt Kiel hat in den fahrradlastigen Wohnvierteln massiv "Kieler Bügel" aufgestellt. Das war auch dringend notwendig, denn man hat in diesen Viertel gesehen, wie nervig auch das Fahrrad als Individualverkehrsmittel sein kann. Das einzige Fahrradparkhaus der Stadt am Kieler Hauptbahnhof war schon bald nach der Errichtung ziemlich ausgebucht. Das war eine echte Erleichterung, aber das man immer noch autozentriert denkt, erkennt man daran, daß es in anderen Stadtteilen an Fahrradstellplätzen mangelt, während es gleichzeitig massenhaft (auch rechtswidrig legalisierte) KFZ-Stellplätze gibt. Zur Zeit gibt es Pläne noch ein KFZ-Parkhaus in der Innenstadt zu bauen, obwohl in den Parkhäusern selbst zu Spitzenzeiten Hunderte bis Tausende Stellplätze leerstehen.
Fahrradfreundlichkeit nützt den Kommunen, es ist schlicht nur Marketing (was allein schon den Radverkehrsanteil steigern kann) und Greenwashing. Sieht man sich die einzelnen Maßnahmen an, stellt man fest, daß sie zum Teil sogar kontraproduktiv sind, was Radfahrer aber offensichtlich gar nicht raffen. Völlig unabhängig von den realen Begebenheiten sind Radfahrer offensichtlich umso begeisterter von ihrer Kommune je mehr dort radfahren. So gelten Kopenhagen und Münster als besonders fahrradfreundlich, obwohl das genaue Gegenteil der Fall ist. In der Realität ist die Politik mal mehr mal weniger autofreundlich und es geht vor allem zu Lasten der Fußgänger. Letzteres sieht man schön in Kopenhagen und Amsterdam, im Wesentlichen wurde dort der Fußverkehr verdrängt, während der MIV-Anteil nicht niedriger liegt als in Berlin z.B, wobei die Kopenhagener sogar geschummelt haben und nur die Wege zur Arbeit gezählt haben.
Was brauche ich denn als Radfahrer? Ich brauche schönen, glatten, schnellen Asphalt, den ich mir nicht mit allzu vielen und allzu schnellen KFZ teilen muß und am Ende einen adäquaten Stellplatz, wo ich mein Rad anschließen kann. Wobei das auch durchaus viele und schnelle KFZ-Führer sein können, wenn die sich zu benehmen wissen. Letztlich geht es also nur um eine Verkehrskultur wo Radfahrer anständig behandelt werden und eben nicht belästigt und gefährdet werden. Das habe ich bislang nur in Frankreich erlebt, als es da noch so gut wie keine Radwege gab. Das ich da so gut wie keine Radfahrer gesehen habe, hat mich nicht gestört. Und Verkehrskultur kann sich auch (freiwillig?) ändern. Als ich vom Ruhrpott hierher zog, habe ich einen Kulturschock erlitten. Ich bin damals schon nicht auf Radwegen gefahren und im Ruhrgebiet hat das nur die Polizei gejuckt, hier wurde ich massiv belästigt und gefährdet. Das ist jetzt nicht mehr so. Man kann hier mittlerweile die vielen "tollen" Radwege rechts liegen lassen ohne gleich belästigt oder gefährdet zu werden. Ich weiß nur nicht, warum sich das so geändert hat. Es sind nur einige wenige Idioten und leider fallen Busfahrer hier immer wieder negativ auf, ansonsten sind hier die Autofahrer viel weiter als die Radfahrer. Letztere müssen noch viel lernen.
P.S.: Ja, ich habe gerade Zeit.