Zu den "gegebenen Grenzen":
Als es die Runde machte, welche "historischen" Begründungen Putin da im Hinterkopf hat, Kiewer Rus (Man beachte das "Kiewer" darin, ich hoffe mal, Selenskyi gelingt es irgendwann, die abtrünnige Provinz da rund um Moskau maßzuregeln ...
) und Großrußland und so, da poppten in diversen anderen Länder was mit ihren "gegebenen" historischen Grenzen auf, Römisches Reich für Italien, beißt sich etwas mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, zu dem halb Italien mal gehörte, und div. andere Länder.
Für Schland ist es ja "einfach": Jeder weiß es bzw. sollte sie kennen: von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt!
Das was für viele heute rechtsradikal und nach Großmachtträumen klingt, war damals bei genauerer Betrachtung der Zusammenhänge eigentlich das genaue Gegenteil:
Rechte scheinen es mit dem Lesen langer Sätze nicht so zu haben, denn die beenden das Lesen idR schon bei "Deutschland über alles" und sind danach frohgemut, weil das in ihr Konzept zu passen schien/scheint. Würden sie weiterlesen, käme der Hintergrund dazu: "wenn es stets zu Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält", was ein fundamental anderes Konzept ist.
Für den brüderlichen Zusammenhalt muss EIN Deutschland über allen damaligen Kleinstaaten stehen (genau das war mit "über alles" gemeint, nicht "D. über den Nachbarn"), denn die damalige deutsche Kleinstaaterei führte dazu, dass man sich des öfteren gegenseitig bekämpfte (Habsburg und Preußen in div. Kriegen um Schlesien und Schleswig-Holstein vor und nach Entstehung des Deutschlandliedes bspw.) oder gegen äußere Feinde eben nicht zum Schutz und Trutze brüderlich zusammenhielt, denn in bspw. den Napoleonischen Kriegen fanden sich deutsche Staat idR auf beiden Seiten, je nachdem, wem welche Seite Vorteile versprach ("Großbaden", in dessen Residenz ich lebe, entstand nur so aus einem unbedeutendem Kleinstaat).
Für den geforderten Zusammenhalt schien ein Nationalstaat damals das beste Konzept zu sein als Gegenstück zu den damaligen Feudalstaaten, deren Grenzen nur durch Krieg oder Heirats- und Erbpolitik bestimmt wurden, wobei das Volk nie befragt wurde, wohin es sich zugehörig fühlen würde ...
Der Nationalstaat brachte da ja für die damalige Zeit schon paar erstrebenswert lingende Ziele mit sich: Verfassungen, Macht dem Bürger statt dem Adel und eben ein einheitliches Staatsvolk, so dass Ziel, dass abee nur selten pefekr erreicht wurde.
Denn nur selten gibt es eben die "gegebenen Grenzen". Sinnigerweise hätte es die zwischen Deutschland und Frankreich durchaus geben können, denn die Sprachgrenze lag lange Zeit ziemlich fix und scharf auf Teilen des Vogesenkamms, und war wohl auch beim Wegschwenken nach Lothringen rein relativ scharf abgrenzbar. Rund um Belfort hat man 1871 sogar auf ein Stück Elsass verzichtet, weil französischsprachig.
Doch wie man hier sieht, wich man in Lothringen sehr grob davon ab rein aus wirtschaftlichen Gründen, weil man so wichtige Industrie unter deutsche Kontrolle bringen wollte. Damit war der nächste Konflikt natürlich gleich vorprogrammiert ...
Andernorts gibt es dagegen keine scharfen Grenzen. Deutschland/Polen waren zu den Zeiten, wo es um Grenzziehung ging, ein fließender Übergang. (Fun Fact am Rande: Die Gegenden mit den höchsten Anteilen Rechter waren vor der "Ostkolonisation" eigentlich slawisches Gebiet, also lauter Ausländer dort heute!!1)
D/NL ist ganz und gar eine Kunstgrenze, weil auf Dialektebene ein gemeinsamer Sprachraum, der sich erst auf der Ebene der Hochsprache getrennt hat vor Jahrhunderten, was sich aber nicht in den Dialektgrenzen widerspiegelt, noch immer nicht wirklich ...
Solche Probleme machen das Nationalstaatskonzept in der Praxis nur schwer umsetzbar, siehe auch Ukraine-Konflikt, wo die ethnischen Grenzen zwischen Ukrainern und Russen auch fließend sind und die Sprachgrenzen, die mit den ethnischen Grenzen übrigens nicht identisch sind, ebenso.
Bei der praktischen Umsetzung heutzutage braucht es mehr Flexibilität mit Minderheitenrechten etc., was aber auch nicht einfach ist. Bspw. gibt es im Baltikum ja unbestritten eine nationale Identität als baltische Völker, aber auch viele (in Sowjetzeiten zugewanderte) Russen, die aber zahlenmäßig so hohe Anteile haben, dass ein moderner "Minderheiten"schutz die Belange des "Staatsvolkes" gefährden könnte ...
Das alles ist dann ein Angriffspunkt für den russischen Nachbarn, der sich dann als Beschützer der Russen aufspielen und Zwietracht säen kann ...
Um noch auf "von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt" zurückzukommen. Wenn man "grobe Eckpunkte" als Orientierungsangaben akzeptiert, und genauer geht es in einem Lied kaum, waren das damals die der Deutschen, so wie sie als Nation für einen Nationalstaat in Frage kamen.
Die Maas liegt heute nahe der Staatsgrenze, damals reichten Ecken auch drüberweg, die Grenze ist dort eh unscharf, s.o.
Am (Fehmarnbelt und) Kleinen Belt lebten Deutsche, wenn auch in einem dt.-dän. Kontinuum nicht mehr 100% deutsch.
Die Memel war im Unterlauf ein grober Marker für die Grenze Ostpreußens, paar Deutsche lebten auch auf der anderen Seite. Heute nicht mehr, im Prinzip die einzige völlig weggefallene Grenze aus Fallerslebens Konzept, sind wir selbst dran Schuld ...
Am interessantesten finde ich die Etsch als Grenzangabe:
Etsch steht ja für Südtirol, Botschaft: "Südtirol gehört dazu", was damals so falsch sicher nicht war. Interessant ist dabei ganz besonders der historische Kontext, denn ein südlicher Eckpfeiler irgendeines Staatskosntruktes war Südtirol mit der Etsch damals gar nicht.
Österreich-Ungarn reichte damals weit auf den Balkan. Hätte Fallersleben alle deutsch regierten Staaten vereinigen wollen, also incl. Habsburg als Ganzes als damals diskutierte großdeutsche Lösung, hätte er irgendeinen Balkan-Fluss nehmen müssen, dann wären auch bspw. Siebenbürger Sachsen etc. als Exklave mit drin gewesen, hat er aber nicht. Selbst der österreichische Landesteil alleine ohne Ungarn ging weiter, bis zum Standort der damaligen Habsbuger Marine in Triest. Er hätte also "von der Adria bis an den Belt" oder so dichten müssen, hat er auch nicht, denn an der Adria lebten ja Italiener. Für "alle Deutsche vereinigen" war die Etsch als Symbol für Südtirol die "gegebene Grenze" (wenn auch quer zur Grenze verlaufend, immer diese lästigen Fakten
), damit war die Etsch eigentlich ein Symbol für die Selbstbegrenzung auf ein zusammenhängendes Gebiet NUR der Deutschen im Gegensatz zu anderen Konzepten wie "alle deutschen Staaten, egal wie viele Nichtdeutsche darin leben (betraf ja auch Preußen)" oder "alle hauptsächlich deutsche Staate (also kleindeutsch ohne Habsburg)"
Hätten sich damals alle dran gehalten und nicht aus irgendwelchen Gründen (s. Elsass-L.) zu viel gefordert, wer weiß, vielleicht hätte es WW i+II dann nicht gegeben, weil niemand auf den bösen Nachbarn hätte schielen müssen ...
Aber wegen der meist fließenden und komplexen Grenzen und überlagernden anderen Interessen war es auch illusorisch, die alten Grundgedanken des Nationalstaats in der Praxis zu erreichen.
Ein starker Staatenbund wie die EU mit gemeinsamen Prinzipien, die das Leben von Minderheiten vereinfachen, aber auch noch relevanten Nationen, die sich um die einzelnen Völker kümmern können (Pech nur für die Kleinen wie Basken ...), scheint mir derzeit ein gangbarerer Ansatz, damit die "gegebenen Grenzen" keine praktische Bedeutung mehr haben ...
... bis Corona kam und rauhe Mengen an Grenzpendlern vor existentielle Probleme stellt ...
... oder ein Tunnel einbrach bei Rastatt (gerade fängt man an die TBM auszubuddeln)
Lange ging bahnmäßig nix auf der wichtigen Magistrale im Oberrheingraben, denn die Umleitung über Frankreich stand praktisch nicht zur Verfügung. Selbst wenn man die heute bestehenden Engpässe (Wörth-Lauterburg eingleisig, Rheinbrücke Wintersdorf stillgelegt) beseitigen würde, bleiben die technischen Grenzen wie Strom und Signale und sonstige Zugangshindernisse wie Sprache und Restriktionen seitens der frz. Bahn und damit wäre es wirtschaftlich nicht darstellbar, Personal und Fahrzeuge für gelegentliche, nicht vorhersehbare Sperrungen vorzuhalten, was Bahnfans regelmäßig zur Verzweiflung bringt, wie wenig weit die europäische Einigung dort bisher voran ging ... Bahntechnisch am einfachsten wäre es tatsächlich, E-L "heim ins reich" zu holen und bahntechnisch auf EBO umzurüsten, deutschen Rechtsverkehr hat man im Gegensatz zu Restfrankreich ja immer noch dort im ehem. E-L!
Aber die Akzeptanz einer solchen, den alten historischen "gegebenen Grenzen" folgende Lösung ... Nur wegen des besseren Bahnverkehrs ... Ich weiß ja nicht ... 
Auch wenn sich solche Lösungen innerhalb der EU vielleicht doch eines Tages weiter egalisieren könnten (es gebricht ja derzeit auch noch an einheitlichen Straßenverkehrsregeln, man kriegt ja noch nicht mal ausländische "StVOs" offiziell in der Sprache anderer Länder, um bspw. für einen Radurlaub nachschauen zu können, wie sich Radverkehrsregeln unterscheiden ...): Auch die EU hat irgendwo ihe Außengrenze, wo sich wieder die Frage nach der "gegeben Grenze" stellt und den dann grob anderen Regeln beiderseits der harten Grenze, an einer potentiellen Außengrenze wird ja gerade um sowas gekämpft ...