Die größere Sensation ist der Polizist, der mal gegenüber Autofahrern durchgreift. Kann der mal Hamburger und Berliner Kolleg:innen schulen?
Vielen Dank für den Video-Tip an radfahren_bn!
Besonders die Rechenbeispiele betreff der hohen Kosten für den MIV haben mir gefallen. Aber an der Stelle fehlte der direkte Hinweis darauf, dass die Kostenaufstellung zeigt, dass die Verkehrswende kein Geld kostet, wie es von der Autolobby und den Auto-Parteien immer wieder behauptet wird, sondern dass durch eine Verkehrswende weg vom Auto sehr viel Geld gespart wird.
Nicht so gut gefallen hat mir der Abschnitt in dem Film, in dem die Fahrradstreife die Paketfahrer "anpflaumt".
In Minute 17:35 sagt der Polizist zu dem Paketfahrer: "Sie sehen selber, welche Situation Sie hier schaffen. Das ist lebensgefährlich. Der Paketfahrer hat sein Fahrzeug nicht auf dem Radfahrstreifen abgestellt, sondern auf eine der beiden Fahrspuren, die beide in die selbe Richtung verlaufen.
Ärgerlich ist das in jedem Fall für den Radverkehr. Noch ärgerlicher wäre es allerdings gewesen, wenn er auf dem Radfahrstreifen sein Fahrzeug abgestellt hätte. Als Radfahrer würde ich bei starkem Verkehr vermutlich eher sehr langsam durch die "hohle Gasse" (zwischen parkenden Autos und haltendem Paket-Fahrzeug) fahren, anstatt mich zusammen mit dem Autoverkehr durch die andere Engstelle zu drängeln.
So macht es dann auch der Radfahrer in Minute 17:25.
https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDov…-Q0qL95DyLZMC_Q
In Minute 17:40 wird dann darauf hingewiesen, dass seit 1995 die Anzahl kleiner Güterfahrzeuge in den Innenstädten sich mehr als versiebenfacht hat. Warum hat das Autorenteam nicht an dieser Stelle nachgehakt und in Erfahrung gebracht, wie viele Lieferfahrzeug-Stellplätze seit dem zusätzlich geschaffen wurden? (Aufgrund meiner Beobachtung kann ich mir nicht vorstellen, dass sich deren Anzahl seit 1995 auch versiebenfacht hat.)
Hier ein Beispiel aus Lille in Nordwestfrankreich (Dort wird nach meiner Beobachtung auch effektiv abgeräumt, wenn da wer den Lieferfahrzeug-Halteplatz zum Dauerparken missbraucht.)

Und das Autorenteam hat es versäumt nachzuhaken, wie viele der Lieferstellplätze, die vorhanden sind, zum Dauerparken missbraucht werden, ohne dass die Verkehrsbehörden einschreiten. Mit derselben Intensität wie in Lille, werden hier Lieferparkplatz-Blockierer nicht verfolgt. Und abgeschleppt wird hier auch nur sehr selten bis gar nicht.
Hier die Selbsthilfeaktion vor einem Getränkeladen:


Stattdessen wird in Minute 18:10 das Schreckgespenst von der Paketschlange rund um den Globus aufgebauscht und einmal mehr so getan, als würde die große Paketmenge Schuld dran sein, dass die Paketfahrer Fahrbahnen und Radwege blockieren.
Dabei ist doch klar, dass es noch mehr Verkehrschaos gäbe, wenn sich die Leute alle selbst in die reichlich vorhandenen Autos setzten und damit in die Innenstädte zum Einkaufen fahren würden. Man kann ja nur froh sein, dass es die Paketdienste gibt, weil damit vermutlich jede Menge unsinnige Autofahrten der Einkaufbegeisterten entfallen.
Platz schaffen für Paketfahrzeuge durch den Rückbau von Autostellplätzen, ja selbst eine effektive Kontrolle der viel zu wenigen Lieferfahrzeug-Stellplätze ist jedoch der Politik und der Verwaltung ein zu heißes Eisen, weil dafür die Anzahl von Stellplätzen für den Privat-Autoverkehr reduziert werden müssten oder eben Bußgelder an Autofahrer verhängt würden, die "nur mal eben" einen Lieferfahrzeugstellplatz durch Dauerparken blockieren. In Hannover musste ich mehrfach bei Straßen-Umbauplanungen beobachten, dass aufgrund von Bürgerprotesten sogar von Baumpflanzungen abgesehen wurde, wenn sich Bürger stattdessen für Parkplätze ausgesprochen hatten. Jeder der bei diesen hohen Temperaturen wie gestern und heute durch eine Straße mit Baumbestand geht weiß das zu schätzen.
Besonders wenn er anschließend durch eine Straße ohne Baumbestand geht.
Würde man anfangen in jedem Straßenabschnitt ein bis zwei Lieferfahrzeug-Stellplätze zu schaffen auf Kosten der Stellplätze für den Privat-Autoverkehr, dann würden in einer Großstadt mehrere 1000 Autostellplätze, vermutlich weit über 10.000 für den Privat-Autoverkehr entfallen. Das würde umgehend von den Auto-Parteien skandalisiert werden, um ihr schmutziges Wahlkampf-Süppchen zu kochen.
Die in dem Film dargestellten Fahrrad-Lieferfahrzeuge haben übrigens auch eine imposante Größe. Auch dafür werden Lieferfahrzeug-Stellplätze benötigt, wenn damit nicht die Bürgersteige blockiert werden sollen. Hier ein UPS-Liefer-Fahrrad in Hannover:

Vielleicht ist der Fahrrad-Polizist aus dem Film sehr idealistisch und die Hamburger und Berliner Kollegen, die Fahrbahnradler nennt, schon viel zu zynisch?