Vorweg: Ich habe die Umfrage durchgezogen. Das aber auch nur, weil ich von einer Professorin der Uni Dresden davon erfahren habe. Also aus persönlichen Gründen.
Einige Frage sind auch mir komisch vorgekommen. Aber ich habe mir ein paar Antworten geben können, wie bei dieser:
Ich tue mich am schwersten mit der immer wiederkehrenden Auswahl: "Einen Unfall kann ich vermeiden ... keinesfalls/wahrscheinlich nicht/vielleicht/ziemlich wahrscheinlich/sicher".
Schlimmer fand ich jedoch die jeweil folgende Frage nach der erwarteten Schwere einer Verletzung. Das kam mir in etwas so vor: Sie würfeln, welche Augenzahl erwarten sie, 1, 2, 3, 4, 5 oder 6?
Da liegt aber auch die Antwort. Viele Radfahrer haben Angst vor der Fahrbahn, weil sie wegen der Autos eher schwerere Verletzungen bei Unfällen erwarten, die sie selber nicht verhindern können. Auf Radwegen ist es umgekehrt. Ich kann durch eine defensive Fahrweise Unfälle vermeiden. Ich habe selber Einfluss darauf. Und wenn, dann stürze ich eben.
Man fühlt sich sicherer, wenn man glaubt, selber Einfluss auf das Risiko zu haben, selber etwas tun zu können. Hatte ich eigentlich erwähnt, dass die Professorin in der Psychologie tätig ist?
Das Dumme ist nur, dass der Mensch Stastistik kaum intuitiv erfassen kann, dass Statistik dem "gesunden Menschenverstand" nicht gut zugänglich ist. Deswegen glauben so viele Leute an den "guten Radweg".
Ich sehe die Umfrage vor dem Hintergrund des Roll-Backs in der Separationsfrage. Vor ein paar Jahren stand ausser Frage, dass die Fahrbahn die richtige Wahl ist. Diejenigen, die sich damit befasst haben, sind rational an die Sache rangegangen. Das können aber viele aus obigen Gründen nicht nachvollziehen. Man kann sich den Mund fusselig reden, Statistiken, Untersuchungsergebnisse noch und noch anbrigen, sie glauben es einfach nicht.
Um diese breite Basis zu befriedigen, ist beispielsweise der ADFC dazu übergegengen, die Separation wegen der gefühlten Sicherheit zu fordern. Die tatsächeliche Sicherheit oder besser Unsicherheit von Radwegen wird nicht mehr thematisiert. Man verspricht sich im ADFC durch die gefühlte Sicherheit mehr Radfahrer. Eine Annahme, die genauso gefühlt ist. Ich könnte kotzen. Die Radverkehrspolitik ist im postfaktischen Zeitalter angekommen.