Und wir wissen nicht, wie eine Strafanzeige in identischer Situation zum LKW-Vorfall abgelaufen wäre.
Ich habe auch schon Anzeigen mit sehr engen Begegnungen mit dem Gegenverkehr hinter mir. Wurde alles eingestellt.
Im Netz gibt es auch Videos, bei denen ein Auto auf der Landstraße einen Radfahrer beim Überholen sogar streift (wenn auch nur an der Poolnudel auf dem Gepäckträger). Alles eingestellt. Trotz im Video offensichtlichem Draufhalten: im letzten Moment vor dem Überholen lenkt der Autofahrer klar noch wieder ein Stück nach rechts.
Juristisch abstrakt besprochen sind beide Fälle für mich exakt das gleiche. In beiden Fällen wurde:
- eine der 7 Todsünden begangen
- dabei grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt
- beinahe ein Unfall verursacht
Der einzige Unterschied ist das Ausmaß der Gefährdung. Das spielt aber nur noch bei der Strafbemessung eine Rolle.
Ob das "völlig unbekümmert" erfolgte, müsste aber nachgewiesen werden und da wird es schwierig.
Da halte ich eher die Definition für problematisch (auch wenn ich sie gebracht habe). Das würde ja bedeuten, dass jemand der träumt härter bestraft wird als jemand, der bewusst draufhält (also eben nicht unbekümmert ist).
Ich habe nochmal nach Urteilen gesucht, die den Begriff definieren (ist zuverlässiger als Sekundärliteratur).
Rücksichtslos im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB handelt, wer sich zwar seiner Pflichten als Verkehrsteilnehmer bewusst ist, sich aber aus eigensüchtigen Gründen darüber hinwegsetzt, oder wer sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten besinnt, Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt und unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise darauf losfährt.
Schon besser: "unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise".
Also zwei Möglichkeiten für "rücksichtslos":
- Kennt die Regeln und setzt sich aus eigensüchtigen Motiven darüber hinweg.
- oder: Blendet aus Gleichgültigkeit gegenüber anderen die eigene Sorgfaltspflicht aus.
Mir fällt kein Geisteszustand ein, bei dem man so ein Manöver fährt und keine der beiden Varianten erfüllt ist.
Wenn überhaupt, sollte die Staatsanwaltschaft an der konkreten Gefährdung herumkritteln. Das ist für den LKW-Fahrer mMn Erfolg versprechender.