Nun sind’s noch fünf Tage bis zur Oberbürgermeisterinnenwahl und ich habe mir mittlerweile eine ganze Menge an Podiumsdiskussionen und Debatten in der Fußgängerzone gegeben.
Das wie immer wahlbeherrschende Thema ist natürlich der Straßenverkehr und die meisten Kandidatinnen und Parteien wollen zwar nicht das gleiche, aber haben wenigstens ähnliche Ideen, die alle mit weniger Kraft- und mehr Radverkehr zu tun haben. Das witzige Detail daran ist ja, dass das so supertoll danach klingt, als ob jetzt endlich mal eine Verkehrswende im eigentlichen Sinne gelänge, aber es wird halt so laufen wie in jeder anderen Stadt: So richtig viel verändern wird sich trotz der großen Versprechen nicht.
Als Kraftfahrer kann man wohl nur AfD, FDP oder CDU wählen. Die AfD traut sich mit ihrem Wahlkampfstand nur sporadisch mit Polizeischutz in die Stadt, die FDP hingegen argumentiert offensiv gegen den „Fahrradwahn“ und verspricht im Rathaus ein „Bollwerk gegen den Radverkehr“ zu bilden:
Die Ideen, wie denn die Stadt mit zurückgedrängtem Radverkehr funktionieren soll, werden dann synthetische Kraftstoffe und Apps genannt, die eine Auslastung der umliegenden Parkhäuser angeben sollen. Und natürlich grüne Wellen entlang des Stadtringes, so dass jeder schnell rein und raus aus der Stadt kann. Na gut.
Bei der CDU klingt eine ähnliche Idee dann so:
Zitat
Mir ist eins, ein Wort ganz wichtig: Mir kommt es auf eine geschickte Kommunikation an und hier wieder die Formulierung: „Sind Sei bereit, dem Auto den Raum zu nehmen?“
Nein, die Formulierung muss anders sein! Ich bin bereit, Verkehr anders zu organisieren! Und ich lege wirklich großen Wert da drauf, denn kein Autofahrer will sich sagen lassen: „Und dir nehme ich was weg!“ Da bekommen wir immer mehr Konflikte in der Gesellschaft und wir müssen in die Stadtgesellschaft kommunizieren, dass wir etwas anders organisieren wollen und dem einen was wegnehmen, dem anderen was geben, wer will sich das denn sagen lassen?
Und damit kriege ich keine Überzeugung hin, damit kriege ich keinen Autofahrer zum Umstieg bewegt. Das muss unser Ziel sein!
Ich hadere etwas mit dieser Argumentation, denn wenn die letzten zehn Jahre Verkehrswende etwas bewiesen haben, dann meines Erachtens, dass es ohne Brechstange eben nicht funktioniert. Die Leute wollen sich das Auto nicht wegnehmen lassen und die Leute wollen auch keine Angebote zum Umstieg aufs Fahrrad mehr bekommen.
Ich halte das obige Zitat auch für den Schlüssel, in den nächsten fünf Jahren als Oberbürgermeisterin gar nichts für den Radverkehr tun zu müssen, denn wenn der Kraftfahrer nicht bereit ist, etwas an Platz in der Stadt zu geben, na, dumme Sache, dann kann man für den nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer wohl nichts verbessern. Das Leben ist hart.
Konkrete Ideen konnte ich trotz mehrfacher Besuche von Podiumsdiskussionen und Wahlkampfständen nicht mitbekommen. Man ist hier als CDU wohl nicht so digital aufgestellt wie die Freidemokraten, aber die Verkehrswende soll nach Vorstellung einiger Christdemokraten unter anderem mit Verkehrsschildern beschleunigt werden, auf denen dann steht:
Zitat
Innenstadt 1,2 km
Auto 3 min
Fahrrad 2,5 min
Das ist dann halt ein ernstgemeinter Vorschlag, wie man freundlich den Kraftverkehr darauf hinweist, mit dem Rad statt mit dem Auto zu fahren. Aus vielerlei Gründen halte ich das für nicht zielführend, denn wer in einer so übersichtlichen Stadt wie Lüneburg noch mit dem Auto fährt, der wird wohl nicht aufs Fahrrad umsteigen, um damit 30 Sekunden zu sparen. Der wird ja auch nicht erst ab dem Wegweiser in die Innenstadt fahren, sondern schon vorher ein paar Kilometer zurückgelegt haben und dann kippt der Zeitvorteil fürs Rad halt doch irgendwann ins Negative.
Aber eine bessere Infrastruktur für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer, auch zulasten des Kraftfahrzeuges, dazu kann sich die CDU einfach nicht durchringen. Immerhin will man nicht wie die FDP einfach nur eine App dagegen werfen, das ist ja schon mal viel wert.