Beiträge von Malte

    Ich habe ja den Verdacht, dass beinahe jedem Verkehrsteilnehmer so ein Hilfssherriff innewohnt. Die meisten können sich wohl noch beherrschen, wenn sie irgendwo trotz Radweg einen Radfahrer mitten auf der Straße sehen. Manche können sich dann ja nicht so richtig beherrschen und dann passieren doofe Sachen, wenn das bloße Anhupen nicht mehr reicht.

    Wenn ich mir anschaue, was im Netz für Kommentare abgegeben werden und wie Kraftfahrzeugführer reagieren, wenn vor ihnen auf der Straße etwas passiert, was nach deren Meinung nicht passieren dürfte, dann denke ich tatsächlich, dass die meisten wohl gerne für Recht und Ordnung sorgen würden.

    So sehr viel besser bin ich ja allerdings auch nicht: Wenn mich jemand anhupt und anschließend zur Rede stellt, erkläre ich ihm ja auch gerne die Verkehrsregeln. Das bringt zwar so gut wie nie etwas, weil… naja, ich halt ein Radfahrer bin, aber diese Mühe könnte ich mir ja auch einfach mal sparen.

    Das passiert gerade genauso in der Bebelallee in Hamburg. Und die Maßnahme wird als Radverkehrsförderung abgerechnet.

    Und hier im Grandweg:

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    Hier wurden auch primär die Rohrleitungen erneuert und bei der Gelegenheit der Radweg mit saniert.


    Der Tagesspiegel hat mal wieder die Wunschbox der Pandora geöffnet: Grüne wollen rote Ampeln für Radler freigeben

    Tja, da steppt der Autofahrer. Auf facebook geht’s ebenfalls wieder rund in den lustigen Kommentaren.

    Beim stern geht’s zu diesem Thema auf facebook auch rund: Fahrräder dürfen bei Rot über die Ampel – bricht jetzt das Chaos aus?

    Stresemannallee an der Kreuzung zum Grandweg:

    Ich halte den Aufstellort allerdings für unglücklich — immerhin geht es dort nur auf der Fahrbahn weiter. Vielleicht wollte man die Radlinge davon abhalten, aus Gewohnheit weiter auf den inzwischen nicht mehr freigegebenen Gehwegen zu radeln. Naja.

    Und weil man in Hamburg so konsequent ist und es sich ja mit niemandem verscherzen möchte, steht auf der Rückseite noch der uralte Hinweis, dass man auch auf der falschen Seite auf diesem Radweg fahren darf. Rechtlich ist das Schild zwar sinnlos, aber, naja:

    Nun wollte ich eigentlich die Sache noch mal bei Tageslicht fotografieren, aber irgendjemand hatte wohl Angst, dass sich künftig allzu viele Radfahrer auf der Fahrbahn herumtreiben könnten und das Schild sichergestellt:

    Wenigstens nehme ich mal an, dass es jemand entwendet hat — falls man es abbauen wollte, hätte man ja wahrscheinlich die Fußplatten mitgenommen.

    Die Grüne Fraktion Hamburg hat sich sechs Gründe für Olympische Spiele in Hamburg überlegt. Auch immer schön erst den Grund nennen, dann mit zwei weiteren Sätzen beschreiben, was das nun „konkret“ bedeutet, aber so richtig konkret wird dort eigentlich nichts.

    Unter Punkt 5 heißt es dann:

    Zitat

    Der neue Stadtteil liegt im Herzen Hamburgs: mit kurzen Wegen in die Innenstadt und nach Wilhelmsburg. Die Olympic Bike Lanes — also Fahrradschnellstraßen — bleiben natürlich auch nach den Sommerspielen erhalten.


    In dem Verkehrskonzept steht ja bislang eher, dass es ein eher zaghaftes Update des Velorouten-Netzes geben wird — und nach den Spielen „überflüssige Maßnahmen“ wieder zurückgebaut werden. Dann haben wir zwar tolle Velorouten, aber ich weiß noch immer nicht, wer dort eigentlich drauf fahren möchte.

    Unter dem Link zu den Olympic Bike Lanes lese ich dann:

    Zitat

    Während der Olympischen und Paralympischen Spiele wird es auf den Hauptrouten in der Stadt besondere Olympic Bike Lanes geben. Auf diesen können die Wege in der Stadt mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.

    Das klingt ja auch nicht so, als ob diese Wege erhalten blieben. Gibt es eigentlich dazu irgendeine Definition in diesem fünfhundert Seiten dicken Konzept? Ich habe dazu nichts gefunden — ist das etwas anderes als ein paar Velorouten mit fünf Ringen zu bemalen?

    Lösung gegen Klagen nach Unfall: Eltern schriftlich über Gefahren aufklären und unterschreiben lassen, dass sie trotzdem keinen Helm für erforderlich halten. Dann ist man raus aus der Nummer.

    Nur hat man dann wieder das Problem, dass sich die anderen Kinder fragen, warum denn der eine Kumpel keinen Helm tragen muss — und schon hat man wieder diese Diskussionen. Das war zumindest bei mir in der Unterstufe so, als dann die ersten Mitschüler aus unterschiedlichen Gründen ohne Helm zur Schule gefahren sind.

    Auf Zweirädern dagegen, ist es aufgrund der noch häufigen Alleinunfälle und Unaufmerksamkeiten verbunden mit der noch weichen Knochenhülle des Gehirns eine Überlegung wert. Die die Eltern aber für sich selbst anstellen müssen.

    Und der Zwei- oder Dreiradverkehr findet in der Regel nicht in einem abgesicherten Grundstück statt, sondern draußen im Straßenverkehr. Da kann selbst in abgelegenen und verkehrsberuhigten Wohngebieten mal ein Kraftfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit um die Ecke kommen und den Nachwuchs übersehen — ob dort dann der Helm noch etwas nützt, sei mal dahingestellt.

    Auf facebook hat jemand eine Seite des Kölner Stadtanzeigers mit Leserbriefen fotografiert. Leider finde ich die Seite nicht im Netz, vielleicht klappt’s ja mit dem Link:

    Falls das jemand nicht lesen kann: Es lohnt sich nicht. Ich dachte mal, wenn man den Aufwand betreibt, einen Leserbrief zu schreiben, dann hätte man wohl wenigstens vorher den eigentlichen Artikel gelesen, aber das macht man wohl heutzutage nicht mehr so — dass keiner der Leserbriefautoren überhaupt verstanden hat, was eine Radwegbenutzungspflicht bedeutet, versteht sich ja von selbst. Stattdessen wird dort ein gar post-apokalyptisches Bild gezeichnet, eher so im Sinne von… ja, keine Ahnung, wir werden halt alle sterben und schuld sind nur die Radfahrer, die jetzt trotz Radweg mitten auf der Straße fahren.

    Naja. Über diese glitschige Brücke hätte ich auch nicht mit dem Rad fahren wollen. Dumm nur, dass das Dreieck nicht für Fußgänger gilt — und andere Verkehrsteilnehmer diese Brücke eigentlich nicht überschreiten dürfen…

    Andererseits ist es eigentlich nicht sooooo überraschend, an dieser Stelle als Radling keine Vorfahrt zu haben.


    Ich habe beide Berufsgruppen im Verwandten- und Bekanntenkreis und es ist zwar so, dass man natürlich auch mal etwas Gegenwind aushalten können muss, die Angst vor unberechtigten Klagen und Verurteilungen aber vollkommen übertrieben ist.

    Klar, Post vom Anwalt bekommt man als Schulmeister in der Regel nur im absoluten Ausnahmefall. Den Anwalt gibt’s eher, weil die Noten nicht den Erwartungen entsprechen. Aber es passiert zum Beispiel durchaus mal, dass plötzlich um zwei Uhr morgens das Telefon klingelt, weil irgendeinem Elternteil plötzlich irgendetwas eingefallen ist. Das geht los von irgendwelchen Themen, die in der Klassenarbeit um 8 Uhr morgens abgefragt werden könnten und endet eben bei der Diskussion, ob der Schulausflug um 9 Uhr morgens mit zwölf Kilometern auf dem Rad nicht viel zu anstrengend ist für 14- bis 15-jährige Jugendliche.

    Und diesen ganzen Ärger muss man sich ja nicht unbedingt ans Bein binden, wenn es nicht notwendig ist. Meine Eltern haben beide am Gymnasium unterrichtet und diese so genannten Helikopter-Eltern waren in den letzten Jahren ihrer Dienstzeit schon sehr präsent. Und wenn ich die Wahl hätte, beispielsweise einen Ausflug einfach ausfallen zu lassen, bevor ich mir stundenlange Diskussionen mit besorgten Eltern geben muss, tja, sorry, liebe Kinder, dann fällt der Ausflug eben aus.

    Man muss sich das einfach mal vorstellen, was da passiert: Wenn sich ein Kind bei einer Klassenfahrt den Magen verdirbt und einen Nachmittag auf der Toilette verbringt, dann kann man sich schon auf richtigen Terror beim nächsten Elternabend einstellen. Wenn bei der Abschlussfahrt im 13. Jahrgang ein Fußmarsch von drei Kilometern Länge (!) um das antike Rom auf dem Programm steht, ruft plötzlich die Schulleitung an, weil die erwachsenen Schüler (!) ihre Eltern angerufen haben, sie müssten hier einen Gewaltmarsch sondergleichen ertragen — und dieser „Gewaltmarsch“ ist dann auf dem nächsten Elternabend natürlich ein abendfüllendes Diskussionsthema, weil erwachsene Schüler offenbar nicht mehr in der Lage sind, drei Kilometer zu Fuß zu gehen. Und wenn der Schulbus auf dem Weg zum Schwimmunterricht mit einer Motorpanne liegen bleibt, wird anschließend aus Sicherheitsgründen der Schwimmunterricht für diesen Jahrgang eingestellt, weil die Eltern ihren Kindern verbieten, in den Bus zu steigen.

    Und das sind leider keine ausgedachten Beispiele, das ist ein kleiner Teil der täglichen Arbeit als Lehrkraft.

    Wobei ich mich ja sowieso frage, wieso solche Eltern ihre Kinder überhaupt ins Schwimmbad lassen…

    Was ich da im Detail interessant finde sind die Zusatzzeichen 25.1 und 27.1.

    Mir fällt gerade auf, dass man in Hamburg bei Radfahrstreifen ja gerne auf das [Zeichen 237] verzichtet und ich bislang auch nur eine Handvoll Bussonderfahrstreifen mit einem [Zeichen 245] gesehen habe. Meistens muss die Aufschrift „BUS“ auf dem Bussonderfahrstreifen genügen. Wo sollte man dort denn eine solche Freigabe überhaupt anbringen? Dazu müsste man ja erstmal überall die entsprechenden blauen Schilder aufstellen.

    In Lyon geht das mit dem Radfahren ungefähr so gut wie in Hamburg. Radweg nicht verwendet? Und dann noch mitten auf der Straße? Bäm! Nimm das, du #ScheißRadfahrer!

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    Nun weiß ich nicht genau, wie in Frankreich die Rechtslage bezüglich Sicherheitsabstände und den verschiedenen Straßenteilen lautet, aber ich gehe mal davon aus, dass Selbstjustiz gegenüber Radfahrern dort ebenfalls nicht erlaubt ist.

    Und das finden die Franzosen eigentlich ziemlich schade. Wer will, kann sich ja mal die Kommentare bei YouTube, im Lyonmag oder auf facebook durchlesen, notfalls halt mit einem Übersetzungsdienst.

    Dort wird dann auch ganz offen bedauert, dass der Radfahrer bei diesem Manöver nicht draufgegangen ist, außerdem halten sich Radfahrer sowieso an keine Regel und der Autofahrer hat alles richtig gemacht und der Radfahrer muss hoffentlich die Schäden am Auto bezahlen.

    Vielleicht bleibe ich doch lieber in Hamburg.