Beiträge von Malte

    Ja, solche Zeugen wünscht man niemandem. Ich denke mir auch oft nach Anblick verschiedener Dashcam-Compilations, dass man viele Unfälle ohne Kamera im Leben nicht erklären könnte bzw. das eigentlich Opfer ziemlich oft in den Arsch gekniffen wäre.

    Dieses Knallzeugen-Ding kenne ich ja aus eigener Erfahrung mittlerweile zu genüge. Die Zeugen stellen irgendwelche Rückschlüsse an, die sich aus ihren eigenen Erfahrungen speisen und bei diesen Erfahrungen gibt’s beim Radverkehr natürlich ganz schön viel, beispielsweise das obligatorische „Radfahrer fahren immer über Rot“ und „immer ohne Licht“ und „immer auf der falschen Seite“.

    Hier noch mein aktuelles Lieblingsbeispiel, bei dem es auch darum ging, dass der Radfahrer ja über eine rote Ampel gefahren wäre:

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    Donnerstag war total super: Morgens mit dem Zweitrad relativ problemlos ins Bureau gekommen, sogar ohne allzu viel nervige Polizei auf dem Radweg. Bevor es mit „Welcome to Hell“ losgeht, flüchteten wir aus dem Bureau und ich hatte schon einen Termin in der Werkstatt an der Breitenfelder Straße, weil ich am Zweitrad das Tretlager ruiniert hatte. Der Plan war, anschließend mit der Linie 281 von der Gärtnerstraße direkt zum Eidelstedter Platz zu fahren.

    So lautete der Plan.

    Nä, der Plan. Wisst ihr Bescheid, nä? Ist ja wie beim Hafengeburtstag, nä

    Dann fiel mir ja ein, dass die meisten Linien gebrochen wurden, um wenigstens außerhalb des staugefährdeten Gebietes einen Betrieb aufrecht zu erhalten, der diese Bezeichnung auch verdient. Die Linie 281 fuhr offenbar nur noch zwischen Krupunder, Eidelsteder Platz, und Hagenbecks Tierpark sowie zwischen Hagenbecks Tierpark und Lattenkamp, der Arm in Richtung UK Eppendorf wurde nicht mehr bedient. Der Metrobus 5 wurde in Niendorf-Markt gebrochen, von dort ging es hoch nach Burgwedel und soweit in Richtung Süden, wie es die Lage zuließ.

    Das hier war die Lage:

    Heute war sich jeder selbst der nächste. Ich wartete an der Gärtnerstraße ewig auf einen Metrobus 5 und stieg dann in einen wagen, der kurz zuvor von Niendorf hergekommen war und dann wieder zurückfuhr. Bis zum Siemersplatz brauchten wir eine gute halbe Stunde — zu Fuß wäre ich schneller gewesen. Das lag auch daran, dass sich heute jeder selbst der nächste war und linksabbiegende Kraftfahrer bei jedem Umlauf wieder die Kreuzung blockierten. Erst als der Busfahrer einem Kraftfahrer verdeutlichte, wer hier das größere Fahrzeug führe, konnten wir die Haltestelle anfahren.

    Von dort ging’s aber nicht weiter, denn ich brauchte jetzt eine Verbindung vom Siemersplatz bis Hagenbecks Tierpark. Dort sollte eigentlich die Linie 281 und 22 pendeln, aber von beiden keine Spur. Okay, dachte ich, nehme ich halt ein Stadtrad.

    Mit der App konnte ich keine Räder entleihen, weil… keine Ahnung. App halt. Der Automat mochte mir aber auch keines entleihen:

    Andere hatten mehr Glück: Während ich mein Schicksal herausforderte, verschwanden insgesamt sieben Leihräder von der Station. Macht aber nichts, im doof gucken war ich ja mittlerweile geübt:

    Naja. Ich wurde grün vor Neid beim Anblick derer, die hier ihr eigenes Rad dabei hatten:

    Was blieb? Ich latschte zurück zur Bushaltestelle und gab bekannt, den Weg zu Hagenbecks Tierpark jetzt zu Fuß zurücklegen zu werden, weil ja offenbar mit Busverkehr heute nicht mehr zu rechnen wäre, und wurde Anführer einer Wandergruppe von insgesamt zwanzig genervten Hamburgern. An jeder Bushaltestelle lasen wir weitere Mitstreiter auf — besonders bitter: An der Haltestelle Schillingsbekweg warteten noch ein Dutzend Fahrgäste auf den Bus, nach eigenem Bekunden teilweise schon über eine halbe Stunde. Bis zu Hagenbecks Tierpark, wo ja wieder regelmäßiger Verkehr geleistet wurde, wären es nicht mal drei Minuten zu Fuß gewesen.

    Ab Hagenbecks Tierpark ging’s dann ganz normal weiter bis zum Eidelstedter Platz. Wobei „ganz normal“ übertrieben ist: Die Kieler Straße war komplett ausgestorben, der für den frühen Abend eigentlich obligatorische Feierabendstau fand nicht statt.

    Ich habe echt kein Verständnis dafür, dass man den Einwohnern weismachen wollte, das wäre alles ganz unauffällig und nicht schlimmer als der Hafengeburtstag. Diese Aussage empfinde ich mittlerweile als eine dreiste Lüge.

    Scheiße. Da schreibt @kiwi_kirsch, es habe einen Unfall mit Personenschaden am Jungfrauenthal gegeben, der Radfahrer wäre aber noch am Leben und man guckt nach vorne und es krampft dann plötzlich im Bauch, weil man merkt, dass diese Polizeiabsperrung hundert Meter weiter vorne nicht wegen G20 dort steht. Ich war in direkter Nähe, als ich Kiwis SMS bekam.

    Ich habe keine Ahnung, was dort passiert ist. Es war unglaublich viel Blut überall, involviert waren wohl zwei Radfahrer und ein Kraftfahrer. Der klassische Rechtsabbiegeunfall scheidet allerdings meiner Meinung nach aus, dafür ist man dort zu weit von der Kreuzung entfernt.

    Wie berichtet wird, hat sich die Polizei auf einer uns wohlbekannten Kreuzung (Feldstraße/Neuer Pferdemarkt) mit diesen Worten gemeldet:

    Das war sowieso ganz seltsam. Ich bin bis 22.30 Uhr in der Gegend herumgedüst und konnte eigentlich nicht feststellen, dass die Leute dort aggressiv waren. Dann kommt die Polizei und sperrt die Straße — ich dachte erst, okay, jetzt macht man das mit Augenmaß wie bei der Critical Mass und sichert die Straße ab, damit die Leute in Ruhe ihr Bier trinken können.

    Das Angebot der gesperrten Straße nahmen die Menschen natürlich an und pflanzten sich auf der Fahrbahn, so dass die Polizei mit Wasserwerfern alles räumte.

    Das ist jetzt nicht unbedingt das Augenmaß, was im Vorfeld bezüglich der G20-Demonstrationen angekündigt worden ist.

    Die Tagesschau schreibt dazu: Protestcamps geräumt, Wasserwerfer aufgefahren

    Naja, ich erkenne ja durchaus die Argumentation an, dass man eine brauchbare Infrastruktur mit genügend Hotelbetten für Gipfelteilnehmer und deren Delegationen braucht. Da kommt ein Flugzeugträger, Helgoland oder ein Truppenübungsplatz eben nicht in Frage.

    Allerdings: Muss es unbedingt Hamburg sein? NIMBY hin oder her, aber einen G20-Gipfel quasi eine Armlänge von der Roten Flora entfernt abhalten zu wollen, das ist doch eine ganz spezielle Idee. Da wäre man womöglich in München, Frankfurt oder Köln glücklicher geworden — obwohl ich natürlich den dortigen Einwohnern diesen Ärgern auch nicht wünsche.

    "Ihre Nachricht enthält die folgenden BBCodes, die Sie nicht verwenden dürfen: img"

    Ja, das musste ich leider vor einiger Zeit abstellen — das direkte Einbetten von Bildern aus anderen Quellen kann unter Umständen eine Urheberrechtsverletzung darstellen und vor ein paar Monaten meldete sich der Urheber eines Fotos, der diese direkte Einbettung nicht so toll fand.

    Bis dahin ist es leider nur möglich, die extern gehosteten Bilder zu verlinken oder — natürlich bitte unter der Wahrung jeglicher Urheberrechte — zu verlinken.

    Die Polizei hält Wort: Beim G20-Gipfel wird der Verkehr so wenig wie möglich behindert.

    „Verkehr“ bedeutet bei der Polizei aber auch nur „Auto“.

    Am Millerntorplatz blockierte man den Radfahrstreifen inklusive Bushaltestelle, während nebenan „der Verkehr“ auf drei freien Fahrstreifen rollte. Leidtragende sind dann die Nutzer des Metrobus’ 6, der seine Haltestelle nicht ordentlich anfahren kann, und natürlich der Radverkehr, der sich hier im fließenden Schwerlastverkehr einordnen darf. Nun mag man zurecht mutmaßen, dass man lieber einen Radfahrer als fünf Autos behindern solle, nur: Ein wesentlicher Teil des Radverkehr ist beim Anblick dieses Hindernisses lieber gleich einen Umweg über die Reeperbahn gefahren, anstatt sich hier links oder rechts an der Polizei vorbeizudrücken. Und: Diese Lücke zwischen Lastkraftwagen und Polizei ist eigentlich ein Fahrstreifen, auch wenn es hier vielleicht nicht den Eindruck macht.

    Parken vor dem Motel One am Michel. Es gibt sicherlich einsatztaktische Gründe, warum man so parkt, anstatt einfach den rechten Fahrstreifen der bestens ausgebauten und breiten Ost-West-Straße zu okkupieren. Von ebenjenem Fahrstreifen könnte man auch problemlos zum Einsatzort fahren, ohne sich durch Fußgänger und Radfahrer zu dieser kleinen Einfahrt an der linken Seite durchzuquetschen.

    Erinnert sich noch jemand an die Umleitung der Umleitung an der Verbindungsbahn? Die ist natürlich auch wieder da:

    So ganz klar ist die Sache zwar nicht, aber hier geht’s nicht mehr weiter:

    Eine Umleitung führt wieder über die Grindelallee…

    … die andere Richtung ist nicht ausgeschildert, praktischerweise sind aber alle Markierungen an der Petersburger Straße noch von vor ein paar Wochen vorhanden. Dort soll man auf einem einigermaßen breiten Radweg unter dem wachsamen Auge der Staatsmacht in beiden Richtungen radeln:

    Man hat sogar mittlerweile die Streuscheiben in den Signalgebern für den Gegenverkehr ertüchtigt:

    Hier drüben geht’s leider nur mit der Sparvariante weiter. Früher war hier wenigstens mal ein [Zeichen 237] angebracht, jetzt ist irgendwie so Schrittgeschwindigkeit dank des [Zusatzzeichen 1022-10] angesagt:

    Die damals aufgebaute „Protected Bicycle Lane“ ist leider dieses Mal nicht wieder eingerichtet worden, obwohl sogar die mühsam erkämpfte Anrampung noch vorhanden ist:

    Stattdessen geht es auf dem Gehweg weiter:

    Ich kann die schnippische Bemerkung nicht unterlassen: Der Straßenverkehr mag im Vorfeld des G20-Gipfels für alle Verkehrsteilnehmer schwierig sein, aber für Fußgänger, Radfahrer und vor allem für mobilitätseingeschränkte Verkehrsteilnehmer ist es ganz besonders schlimm.
    Da entschädigt es nur wenig, dass wohl wenigstens am 7. und 8. Juli das Fahrrad das Verkehrsmittel der Wahl sein wird, wenn man überhaupt noch eine gewisse Mobilität erleben möchte.

    Außer man nimmt das Pferd:

    „Quer darauf parken“ ist ungefähr das Stichwort.

    Wenn dort noch Fußgänger, seien es Polizeibeamte, seien es Touristen, unterwegs sind, entstehen zwangsläufig Konflikte. Natürlich kann man dort in Ermangelung einer Benutzungspflicht auch auf der Fahrbahn radeln, allerdings habe ich nicht das Bedürfnis auszuprobieren, ob die Beamten renitente Fahrbahnradelei eventuell als Provokation auffassen könnten.

    Hier demonstrieren die Beamten einem Gehwegradler, mindestens eine Türlänge Abstand zu den parkenden Fahrzeugen einzuhalten:

    Gehwegparkende Einsatzfahrzeuge vor dem Motel One am Michel. Ich hätte ja zu gern gesehen, wie der Ein- und Ausparkprozess über den Radweg abgelaufen ist.

    Im Motel One direkt an der Messe wohnen wohl auch einige wichtigere Persönlichkeiten, dort wurde direkt vor dem Eingang auf dem Geh- und Radweg ein Bereich zum Ein- und Ausstieg inklusive Zelt eingerichtet:

    Kurz vor dieser Aufnahme kämpften sich vier Radfahrer durch die ein- und aussteigenden Gäste, leider habe ich kein Foto davon, weil der Querverkehr die Sicht verdeckte.

    Vielleicht muss man das auch mal von der praktisch-markaberen Seite betrachten: Wenn sich aufgrund plötzlich geöffneter Autotüren ein Personenschaden zutragen sollte, haben Diplomaten dank ihrer Immunität bekanntlich keine strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Ich halte es jedenfalls für ziemlich unangebracht, auf einer doch recht stark frequentierten Fahrradroute einen solchen Bereich einzurichten. Wenn einem der nichtmotorisierte Verkehr in diesen Tagen ohnehin egal ist, hätte man den Rad- und Fußweg ja einfach sperren oder einen Streifenwagen quer darauf parken können.

    Überall Polizei:

    Heuten parken wir mal auf der anderen Seite der Absperrung. Es scheint ja prinzipiell nicht wichtig zu sein, wo genau der Wagen nun steht — warum man dann nicht noch drei weitere Meter nach rechts fährt, um dem Radverkehr deutlich bessere Sichtverhältnisse beim Einfahren in die Fahrbahn zu ermöglichen, verstehe ich nicht so ganz:

    Es folgt ein Alibi-Foto, das nur aufgenommen wurde, um die Neugierde zwei vorbeikommender Polizeibeamten zu befriedigen. Wenn man sich in den sozialen Netzwerken umhört, scheinen die Beamten beim Anblick einer Kamera extrem nervös zu werden.

    Eigentlich wollte ich den hier fotografieren:

    Mir ist heute mal aufgefallen, wie die Sicherheitsmaßnahmen des G20-Gipfels das Leben von mobilitätseingeschränkten Menschen zusätzlich behindern. Soll man sich hier als Rollstuhlfahrer mit Klopfzeichen am Heck bemerktbar machen, auf dass die Beamten doch bitte einen Meter nach vorne fahren? Und: Muss man sich im Rollstuhl auch andauernd dämliche Blicke und Sprüche gefallen lassen, wenn man bemängelt, dass eine Bordsteinabsenkung aus Sicherheitsgründen von einem Einsatzwagen versperrt wird?

    Straßensperrungen für eine Demonstration:

    Und die dazugehörigen Manöver der Polizei. Ein lustiges Hin und Her war das: Die Straße rauf, wenden, die Straße wieder runter, wenden, die Straße wieder rauf, wenden, stop. Zurück, wenden, rückwärts, Martinshorn, stop. Man könnte glatt einen Film drehen und mit einem Wiener Walzer vertonen:

    Wasserwerfer und Panzerwagen waren auch mit dabei:

    Mal gucken, wie die Autos parken.

    An der Sternschanze stand man bislang in der nicht-bepollerten Lücke herum, was die Auffahrt von dem dort verlaufenden Radweg auf die Fahrbahn erheblich verkomplizierte. Nun ist man gleich mit ein paar mehr Wagen angerückt, hat sich aber etwas fußgänger- und fahrradfreundlicher platziert:

    Hier aber nicht:

    Oh Mann. Diese Ecke am Parkhaus ist ohnehin blöd. Wenn man von dem Weg auf die Fahrbahn einfahren will, hat man zwar § 10 StVO, kann aber in beide Richtungen prima gucken. Blöd wird’s, wenn man von der Fahrbahn in diesen Weg einbiegen möchte, weil in der Kurve immer mit blödem Kurvenschneiden des Kraftverkehrs zu rechnen ist.

    Allerdings scheint das der einzige Platz zu sein, an dem man einen Polizeiwagen strategisch günstig aufstellen kann. Das stinkt mir ja durchaus, zumal hier auch häufig junge Radfahrer unterwegs sind, die den Straßenverkehr vielleicht noch nicht so hundertdreißigprozentig im Griff haben.