Am Freitagabend ging’s um 20.21 Uhr mit dem RE 70 von Hamburg nach Kiel.
Gegen 19.50 Uhr war ich noch der einzige in dem halbierten Mehrzweckabteil, um 20.15 Uhr rollten plötzlich vier Kinderwagen heran.
Tjoa.
Vier Kinderwagen bedeutet vier Kleinkinder mit insgesamt acht Begleitpersonen. Die Fahrt nach Kiel verbrachte ich dann stehend, weil es mir am notwendigen Mumm fehlte, den jungen Eltern auf die Nerven zu gehen. Ist ja auch irgendwie blöd: Man kann schlecht das Kind allein im Kinderwagen lassen und den ganzen Hausrat inklusive Kind im Doppelstockwagen herumzutragen ist genauso unsinnig. Aber hey, soviel dann zu den elf Fahrrädern, die in dieses Mehrzweckabteil passen sollten.
Und ein ganz herzliches Dankeschön auch an die Bediensteten der DB Sicherheit, die mir vorsichtshalber schon mal erklärten, dass ich mich mit dem Rad nicht im Türraum aufzuhalten hätte — nur rein vorsichtsmäßig, versteht sich.
Montagmorgen ging’s um 6.21 Uhr zurück, sogar in einem „doppelten Mehrzweckabteil“. Die eine Hälfte war um 5.55 Uhr schon von Fußgängern bevölkert, die andere Hälfte komplett leer, also machte ich es mir dort bequem, mein Fahrrad lehnte ich einfach quer zur Fahrtrichtung an die Rückwand der Toilette, so blockierte ich insgesamt gar nur zwei Klappsitze. Ich finde, da kann man bei einem Mehrzweckabteil echt nicht meckern.
In das vordere Abteil drängelten sich noch vier (?) Radfahrer hinein, was einige Wortgefechte verursachte („Kannst du mit deinem Scheißrad nicht fahren?“), aber das war nicht mein Problem, ich hielt mich fein heraus. Es verirrten sich dann ein paar der Fahrgäste auf die meine Seite des Mehrzweckabteils, keiften weiter, stiegen aber in Neumünster aus, so dass ich wieder ganz allein war, während man sich auf der anderen Seite mit vier Fahrrädern und mindestens zwei Kinderwagen arrangierte. Das war wohl eine ganz lustige Runde, ich hätte sicher viel lernen können.
Dann Einfahrt nach Elmshorn gegen 7.11 Uhr. Vor dem Halt im Bahnhof stolpert einer der fahrradlosen Fahrgäste in meine Hälfte des Mehrzweckabteils hinüber und quittiert meine Anwesenheit mit „noch so einer!“. Er setzte sich dann demonstrativ direkt neben mich, Manspreading inklusive, Donnerwetter, und das in seinem Alter. Am Bahnhof stolperten dann Dutzende Pendler ins Abteil, der Fahrgast von eben bemängelte, dass ich mich ja ganz schön breitmachte, ob ich denn nicht sehen könnte, dass die Menschen sitzen wollten, zwei weitere Fahrgäste stimmten mit ein und weil ich echt keine Lust auf diese Diskussionen hatte (und auch nicht von der DB Sicherheit in Elmshorn ausgesetzt werden wollte), überließ ich den Typen meinen Platz, sollen sie halt dumm herumkrakelen. Ich habe einfach nicht das notwendige Nervenkostüm, um mich alleine diesen Diskussionen zu stellen, schon gar nicht, wenn man drei vor Tatendrang sprühenden Männern gegenübersteht, die mein Bike auch ruckzuck auf den Bahnsteig schmeißen könnten.
Dann ging die lustige Fahrt los uuuuuuuuuuuuund… Trommelwirbel: Lokschaden! Zwei Wagenlängen hatten wir ungefähr geschafft.
Die Stimmung war am Kochen! Der nervige Manspreader von vorhin fettete sich seine feine Hose an meinem Fahrrad ein, weil er plötzlich aufstand und zum Steuerwagen hastete, was leider total sinnlos war, weil sich der Steuerwagen hinten befand und er dort keinen Gesprächspartner finden würde, aber immerhin war der Platz jetzt frei und ich pflanzte mich wieder. Ein paar Fahrgäste kamen auf die Idee, schnell in die Nordbahn nach Hamburg zu hüpfen, die noch gegenüber herumstand, dann gab’s eine Durchsage, diese Bahn führe nicht weiter, man solle in ebenjene Nordbahn steigen und so ergossen sich sieben (?) Doppelstockwagen in einen sechsteiligen FLIRT. Da passte nicht mal die Hälfte der Fahrgäste hinein, mit meinem Fahrrad habe ich es gar nicht erst versucht.
Kurz darauf kam die nächste Nordbahn, Gottseidank standen wir ja in Elmshorn und nicht in der Provinz, der Rest der Fahrgäste stieg ein und düste Richtung Altona davon.
Das Personal der Regionalbahn Schleswig-Holstein bemühte sich sichtlich nach bestem Wissen und Gewissen, mich inklusive Fahrrad nach Hamburg zu schaffen, aber insgesamt nervten die Ratschläge mehr als sie nutzten.
In die Nordbahn einsteigen? Auf keinen Fall, die lynchen mich dort.
Mit dem Rad nach Hamburg fahren? Theoretisch kein Problem, aber zweieinhalb Stunden Fahrt kamen terminlich heute nicht in Frage, außerdem baute ich darauf, mit irgendeinem Doppelstockwagen-Zug weiterfahren zu können.
Mit dem Rad bis Pinneberg fahren, dort in die S-Bahn steigen? Ja, wäre machbar, aber die Sperrzeiten in der S-Bahn verbieten bis neun Uhr die Fahrradmitnahme.
So blieb ich allein im Fahrradabteil zurück und wartete auf den nächsten RE 7 Richtung Hamburg. Der rollte gegen 7.48 Uhr herein, pfff, dass im winzigen Mehrzweckabteil lauter Fußgänger saßen, fiel im Endeffekt dann auch nicht mehr ins Gewicht.