Während ich gestern im Kieler Reisezentrum eine relativ komplizierte Kombination aus Fahrkarten, Fahrradkarten und Reservierungen für Ende Oktober buchte, hatte ich einen verhängnisvollen Geistesblitz: Ich könnte ja am heutigen Montagmorgen mit dem EC 379 von Kiel nach Hamburg fahren.
Zunächst einmal gibt es da eine gewisse Neuerung: Wenn ich im Fernverkehr eine Reservierung für ein Fahrrad kaufe, ist die Sitzplatzreservierung für 4,50 Euro automatisch mit dabei. Das weiß aber das Online-Angebot der Bahn nicht, dort kann ich momentan nach meiner Kenntnis gar keine Verbindungen mit Fahrradkarte ohne Sitzplatzreservierung kaufen, ich erhalte dann immer die folgende Meldung: „Bei der Verarbeitung Ihrer Anforderung ist ein unerwarteter Fehler aufgetreten.“
Früher hätte ich mit meiner BahnCard 25 für 14,90 Euro plus einer Fahrradkarte für 6 Euro immerhin etwas günstiger als mit dem RegionalExpress für insgesamt 21,40 Euro fahren können. Beim EuroCity hätte ich zusätzlich noch den Komfort einer Fahrradhalterung für mein Bike, was mir das Herumstehen im überfüllten Mehrzweckabteil erspart hätte. Nun kostet der Spaß 4,50 Euro mehr, aber ich malte mir eine gewisse Ruhe plus Steckdose plus WiFi im EuroCity aus und buchte den Spaß.
Der „Spaß“ ging dann heute morgen hier los:

Der nackte Hintern der tschechischen Bahn bereitete mir gewisses Unbehagen — bei meinen vorherigen Fahrten im tschechischen EuroCity wurde immer ein Wagen mit der Nummer 255 aus dem InterCity-Rollmaterial der Deutschen Bahn angehängt, der die übliche Fahrradhalterungen im bekannter Qualität bereithielt. Dieser Wagen fehlte hier.
Radlinge sollen stattdessen hier in der Mitte des Zuges einsteigen. Die breite Tür ist tatsächlich besser gelöst als bei einigen InterCity-Fahrradabteilen, außerdem gibt’s auch WiFi:


Vor mir waren vier andere Räder an Bord und ich half beim Einsteigen, wobei sich meine Hilfe aufs Bewachen der draußen liegenden Taschen und das nicht im Weg herumstehen beschränkte.
Dann war ich an der Reihe.
Trommelwirbel! Fanfaren! Dramatische Musik!
Meine Fahrradhalterung war kaputt. Da fehlte oben ein Bügel, der war wohl abgebrochen.


Okay, halb so wild, pff, ganz links war ja noch eine freie Halterung:


Das Problem war nur: Wenn ich dort mein Fahrrad hinhänge, passt keiner mehr durch. Nicht jeder ist so ein schmales Hemd wie Malte Hübner, wer da mit Rucksack oder Koffer durch den Wagen stiefeln wollte, hing zwangsläufig an meinem Lenker fest. Ich hörte mir die zurecht misslaunigen Bemerkungen der übrigen Fahrgäste eine Weile an und nahm mein Fahrrad anschließend aus der Halterung heraus, bis sich der Publikumsverkehr gelegt hatte:


Man sollte sich bei dieser Gelegenheit ins Gedächtnis rufen, dass ich mit meinem Zweitrad unterwegs war, das noch ein Stück niedriger war als mein neues Bike. Hätte ich meinen Neuerwerb dort hingehängt, es wäre sicherlich überhaupt keiner mehr durchgekommen.
Leider nahmen die Wanderungen durch den Zug kein Ende. Er hier muss beispielsweise auch vorbei:

Und so stand ich dann mit meinem Rad in der Tür eingekeilt eine knappe Stunde zwischen Kiel und Hamburg herum:

Absolut geil. Die Fahrradmitnahme im Fernverkehr ist immer wieder ein Genuss.
So.
Hamburg-Hauptbahnhof. Vor mir steigt jemand mit etwas viel Gepäck aus, dann bin ich mit meinem Rad an der Reihe, hinter mir noch etwa ein Dutzend Fahrgäste, Zugbegleiterin inklusive. Der Herr vor mir entlädt sein Gepäck, zwischendurch springen bereits wieder die gleichen zwei Fahrgäste von außen in den Zug, stellen unter Protest fest, dass es nicht weitergeht, keifen, steigen wieder aus. Ach Mann. Wenn die Leute doch einfach mal kurz warten könnten. Oder wenigstens mitdenken. Blablabla.
Egal.
Ich brachte in Erfahrung, dass dieser EuroCity insgesamt sechs Fahrräder an den Halterungen und zwei an dieser Lehne hier fasst:

Auf dieser Lehne hockten aber während der Fahrt schon wieder ein paar Fahrgäste, die offenbar kein Deutsch sprachen. Ich weiß nicht, was man dann in dieser Situation machen soll. Ist mir inzwischen auch alles egal. Ich kann die Leute ja schlecht anbrüllen oder von den Sitzen schubsen, allein das Berühren des Arms oder der Schulter wäre mir eigentlich schon zu viel.
Also, egal jetzt, es passen dann insgesamt acht Räder rein. Minus der kaputten Halterung sieben, minus den zwei eigentlich unbenutzbaren Halterungen fünf.
Fünf waren drin, einer steigt aus, fünf steigen ein. Ich war doch ein bisschen dankbar, dass ich mir den Stress dort drin nicht antun musste:

Es gibt im tschechischen EuroCity übrigens auch keine Nummern an den Fahrradhalterungen, man nimmt, was da ist:

Weil ich stinkig war, 4,50 Euro für die Sitzplatzreservierung zu zahlen, die ich aber gar nicht nutzen konnte, marschierte ich zum Reisezentrum, um mich zu beschweren und die 4,50 Euro zurückzufordern. Ich hatte schließlich extra die teure Verbindung anstelle des RegionalExpress’ gebucht, um entspannt im Bureau ankommen zu können und nicht um mir diesen Stress anzutun.
Allerdings: Geld zurück gibt es nicht. Das läge einerseits daran, dass diese Verbindung von der tschechischen Bahn betrieben wird, andererseits wäre Sitzplatzreservierung und Fahrradreservierung nunmal miteinander gekoppelt, also könnte ich nicht das eine zurückgeben, wenn ich ja meine Fahrradreservierung wahrgenommen hätte. Bla. Ich bekam noch einen Verzehrgutschein für zwei Euro als Trost.
Und am Ende ist auch noch mein Rücklicht irgendwo auf der Fahrt verschwunden.

Das war ein recht teures Vergnügen — vielleicht sollte ich mir lieber ein Faltrad anschaffen.