Beiträge von Malte

    Der Fuss e.V. hat offenbar den Entwurf der nächsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften gefunden. Ich bin mir unsicher, ob das dieses Dokument ist, das gemeinhin als „zweite Fahrradnovelle“ bezeichnet wurde und irgendwie schon Pfingsten vorliegen sollte. Der Fuss e.V. hat schon mal damit auseinandergesetzt und schon einige Probleme für den Fußverkehr aufgetan: Minister Scheuer plant neue Fußgänger-Schikanen

    Das sind ganz schön viele Seiten mit ganz schön vielen Details, vielleicht können wir ja in den nächsten Tagen mal raussuchen, was mit dem Radverkehr passieren wird.

    Nachdem hier eine ganze Weile Baucontainer auf dem Radweg standen, was eigentlich relativ unproblematisch ist, weil es sich seit einigen Monaten hier ohnehin um eine ganz arg verkehrsberuhigte Sackgasse handelt, ist nach Abschluss der Baumaßnahmen noch eine Toilette geblieben. Nun ja: Man kommt ja noch vorbei und immerhin wird nun niemand auf diesem Zweirichtungsradweg mit dem Tarnfarbenpfosten kollidieren.

    Andererseits: Wenn ich mir jetzt anschaue, was mit den Kunden von Thomas Cook passiert, kann man ja echt nicht klagen, „nur“ ein paar Stunden länger mit dem Zug herumzugondeln. Die Kalamitäten, im Urlaub von einem insolventen Reiseveranstalter im Stich gelassen zu werden, sind ungleich größer: "Ein Fall von Staatshaftung"

    Tja: Gestern fuhr der EC 379 anscheinend ohne Fahrradabteil von Kiel nach Prag, obwohl die Fahrradmitnahme sowohl im Navigator als auch am Bahnsteig angezeigt wurde. Allein: Es war kein Fahrradabteil zu finden. Das stellten dann auch vier Fahrgäste mit Fahrrädern in Hamburg fest, die den Zug einmal nach vorne und wieder nach hinten abliefen, um sich dann vom Personal aufklären zu lassen, dass die Fahrkarte und Reservierung fürs Fahrrad eine tolle Sache wäre, aber nunmal kein Anspruch auf Mitnahme des Fahrrades bestünde — und bei fehlendem Fahrradabteil schon gar nicht.

    Nun gibt es pro Stunde mehrere Verbindungen von Hamburg nach Dresden, allerdings immer mit reservierungspflichtigem Fernverkehr und mehrmaligen Umsteigen, sowie einer Reisezeit von mindestens sechs statt vier Stunden. Alle zwei Stunden gibt’s eine Direktverbindung mit dem tschechischen EuroCity, aber ob die dann noch vier weitere Räder aufnehmen kann? Puh.

    Heute morgen tat dann sogar der DB-Navigator kund, dass es mit der Fahrradmitnahme im EC 379 nichts würde. Das war aber dreist gelogen:

    Das heißt aber auch, dass der EC 378, der gestern Abend bis Kiel gefahren ist, entgegen der Informationen aus dem Navigator schon das Fahrradabteil mitgeführt haben muss — oder stand das womöglich irgendwo in Kiel zur Reparatur herum?

    Und dann gab’s noch den ICE 973, mit dem ich sonst gerne von Kiel bis Hamburg fahre. Der gondelte heute wohl mit ICE-1-Rollmaterial herum, hatte aber immerhin Ersatzfahrradstellplätze in Wagen 1 — und rammte zwischen Brokstedt und Neumünster ein Tier, so dass die Fahrt erst mit einer Dreiviertelstunde Verspätung weiterging.

    Will sagen: Die Fahrradmitnahme im Fernverkehr ist wirklich immer ein Abenteuer. Ich bin aber schon ganz froh, dass die Auslastung der Fahrradabteile aus saisonalen Gründen nun langsam sinkt und man wieder reelle Chancen hat, auch kurzfristig sein Rad mitzuführen.

    Als Anwender wäre für mich sehr rätselhaft warum eine wichtige Funktion nun gestrichen wird...

    Ich tippe mal drauf, dass die Nutzungszahlen der Apps so prächtig gar nicht sind und die meisten Anwender eben sowieso ihre Smartwatch oder andere Geräte zur Aufzeichnung nutzen. Dem gegenüber steht ein erheblicher Entwicklungs- und Wartungsaufwand, um den Bluetooth-Kram stabil hinzukriegen.Da kann man dann schon mal die Entscheidung treffen, dass der dazu notwendige finanzielle Aufwand in gar keinem Verhältnis steht und notfalls die fünf oder zehn Prozent der Nutzer vergraulen, die diese Funktionalitäten gerne genutzt hätten.

    Also ich würde mein Fahrrad schon wegen der Diebstahlgefahr nie im öffentlichen Straßenraum parken. Das Vandalismusproblem ist ein weiterer Grund.

    Fahrradparkhäuser müssen her.

    Das ist halt so in Kopenhagen. Da gibt es eine Menge größerer Fahrradabstellanlagen, aber die reichen natürlich vorne und hinten nicht. Und eben drum waren wir ja auch nur mit den Zweiträdern Dritträdern dort, bei denen uns die Schäden jetzt nicht so ganz auf die Palme bringen. Selbst wenn man uns die Räder geklaut hätte, wäre es halt superärgerlich gewesen, aber lieber lasse ich mir ein „Bahnhofsrad“ im Wert von 600 Euro klauen als das mehr als vier Mal so teure Schneeweißchen.

    aber die Teile haben doch ein Versicherungskennzeichen.

    Das bedeutet, die sind versichert. Die Schäden an Dritten reguliert damit der Versicherungsgeber und kann sich die Kosten dafür ggfs. vom Halter oder Führer wiederholen.

    Aber leider nicht in Kopenhagen. Da geht’s auch ohne Kennzeichen. Und wie Epaminaidos schon erwähnt, ist die Sache so einfach womöglich gar nicht — die vielen in der Gegend herumliegenden Roller legen es ja nahe, dass da jemand seiner Zerstörungswut freien Lauf gelassen und nicht der letzte Nutzer des Rollers sein Fahrzeug gegen mein Rad geschmissen hat.

    Strava ist für mich jetzt mal ein ganz schönes Stück uninteressanter geworden, weil per App jetzt nicht mehr der Zugriff auf externe Sensoren möglich ist, also Geschwindigkeits-, Tritt- oder Herzfrequenzsensoren nicht mehr angesprochen werden: Removing Direct Sensor Pairing from the Strava Mobile App

    Ich kann also Software-Entwickler die Entscheidung durchaus nachvollziehen; die Auswertung von gekoppelten Bluetooth-Geräten ist nicht so ganz die reine Geilheit und sorgt regelmäßig für Probleme. Nur ist Strava für mich damit nicht mehr brauchbar, denn eigentlich habe ich zwei Funktionen primär geschätzt: Die Heatmaps, die aus den gewonnen GPX-Daten gezeichnet werden, und eben die Auswertung der Sensor-Daten.

    Heatmaps habe ich mittlerweile selbst implementiert, die sind bald bei criticalmass.in nutzbar und den Vorbildern von Strava in optischer Hinsicht ganz ähnlich. Den ganzen anderen Kram mit Auswertungen der Sensordaten kann ich sowieso schon lange selbst umsetzen. Wozu dann also noch fünf Dollar im Monat für diesen Summit-Status zahlen? Nur für die Community-Funktionen? Puh.

    Und Malte, wenn ich deine Bude ungestört leerräumen wollte, dann wäre die Auswertung über STAVA, wenn sie denn für mich möglich wäre, viel zu kompliziert.

    So interessant ist meine Bude gar nicht mal, zumal potenzielle Einbrecher auch noch die Anwesenheitszeiten meiner Freundin abpassen müssen, die kein Strava nutzt. Die meisten Wertsachen führe ich stets mit mir, das eigentlich wertvollste dürfte das jeweils andere Fahrrad sein, das aber immerhin mit einem Stahlkabel am Heizkörper gesichert ist. Da ist man dann hoffentlich mindestens fünf Minuten lang beschäftigt.

    Im Zuge des #GlobalClimateStrikes in Kopenhagen parkten Lischen-Radieschen und ich unsere Räder neben dem Rådhuspladsen an einem Verkehrsschild, weil alle Fahrradstellplätze in der Nähe bereits belegt waren. So ist das halt im Stadtzentrum, überall Parkplatznot und so.

    Nach dem Klimastreik fand ich mein Rad beschädigt vor. Vier E-Roller des Anbieters „Lime“ und ein Fahrzeug des Anbieters „Voi“ waren umgekippt, zwei davon suchten die direkte Feindberührung mit meinem Fahrrad. Neben ein paar neuen Kratzern, die bei dem alten Zossen eher nebensächlich sind, gab es ein beschädigten, weil aufgedröselten Bremsbowdenzug, einen zersplitterten Spiegel und ein leicht beschädigtes Lenkerband zu beklagen.

    Beschädigung am Bowdenzug noch einmal nachgestellt. Die Roller sind so schwer, dass umkippende Fahrzeuge mit ihrem Lenker locker-flockig diesen Zug herausziehen und beschädigen können:

    Soweit, so ärgerlich. Dann kam ein Juicer von Voi vorbei und schmiss (!!!) Roller in seinen Wagen:

    Ungefähr so sorgfältig ging er dann auch mit dem Voi-Fahrzeug um, das zwischen den Lime-Rollern herumlag. Mit einem lockeren Ruck riss der den Roller heraus, so dass zwei Lime-Fahrzeuge noch einmal kreischend über den Lack meines Fahrrades kratzten.

    Mir ist in diesem Moment ein biiiischen der Kragen geplatzt und ich habe dem Herrn deutlich gemacht, dass ich es nicht schätze, wenn er mein Fahrrad noch weiter beschädigt. Wir wurden uns nach einem im radebrechenden Englisch geführten Wortgefecht nicht so richtig einig, aber er machte mir deutlich, dass er und sein Arbeitgeber einen „fucking fuck“ daran interessiert wären, was mit meinem „fucking bike“ passiert. Etwas unsouverän trat ich seinem Roller auf die Bremse, als er ihn beiseite schieben wollte, woraufhin er ihn mir offenbar beinahe ins Gesicht geschmissen hätte, wenn, ja wenn das Ding nicht so schwer gewesen wäre, dass er es kaum vom Boden angehoben bekam. Tja.

    Einerseits: Der Mann, der da mutmaßlich einen Knochenjob zum Mindestlohn in der so sehr gefeierten New Economy leistet, ist mit Sicherheit der falsche Ansprechpartner für solche Belange. Dem kann ich eine Blase ans Ohr labern und ihm noch mehr Stress machen, als er mutmaßlich von seinem Arbeitgeber bekommt, oder ich lasse es bleiben. Andererseits: Diesen Roller dort rauszurupfen, dass mein Fahrrad noch weiter beschädigt wird, ist halt auch nicht geil.

    Nun denn. Ich schrieb dann eine freundliche Mail mit meinen bescheidenen Englischkenntnissen an Lime, dass hier nun bitte jemand den Schaden beheben möge. Mir ist vollkommen klar, dass das niemals passieren wird, weil sich solche Firmengeflechte effektiv vor zivil- oder gar strafrechtlichen Ansprüchen schützen. In Deutschland scheint es schon einige Anwaltskanzleien mit Spezialisierung auf von Rollern dieser Anbieter verursachten Sachschäden zu geben, aber wer macht sich schon den Aufwand, für nicht mal 50 Euro Materialkosten und vielleicht noch mal 50 Euro Montagekosten einen Anwalt aufzusuchen? Das ist ja jenseits jeglicher Bagatellgrenzen.

    Ich schrieb:

    Ich bekam tatsächlich eine Antwort — natürlich zusammengesetzt aus Textbausteinen:

    Zitat

    Dear Malte,

    We appreciate your patience, and we are sorry you had a bad experience with our Lime rider. Please be assured that Lime makes every effort to urge our customers to #RespectTheRide and follow all local laws for operating vehicles. We constantly make every effort to educate riders on the responsible use of our services, as we value being an asset to the communities we serve. You can find out more information about our Respect the Ride campaign here.

    In your case, the user was the sole, proximate cause of the accident for improper use and negligence. We are happy to provide you with the riders information if you can provide us with a court-ordered subpoena.

    While we regret we are unable to pay this loss, we value your trust in our company. If you have any additional information that you feel may alter our decision, feel free to contact us.

    Das mit dem Vertrauen in deren Firma liegt wohl einem Missverständnis zugrunde. Ich könnte gut damit leben, wenn diese Roller, die meines Erachtens nur eine gehypte Gelddruckmaschine auf Kosten der Umwelt und unserer Innenstädte sind, gleich jetzt sofort von unseren Straßen verschwänden. Aber klar, natürlich zahlt das niemand. Ich nehme an, hätte ich ein Auto und dank der Roller einen Außenspiegel und eine Fensterscheibe weniger, lautete die Antwort genauso. Nur wird ja der für diese Roller zuletzt hinterlegte Fahrer nicht derjenige sein, der die Roller umgeschmissen hat, denn rund um den Rathausplatz hatte sich jemand flächendeckend an der neuen Art des Mobilitätswandels ausgelassen. Und selbst wenn ich jetzt einen Anwalt aufsuchte: Warum sollte sich ein Anbieter dieser E-Roller mit Sitz in den USA ohne Impressum oder Kontaktmöglichkeiten für das Schreiben eines deutschen Anwalts interessieren?

    Nur das alberne #RespectTheRide könnte man sich sparen. Bei diesen Geräten, die dem Nutzer nicht gehören, die einem prinzipiell relativ egal sein können, geht man nunmal nicht sorgfältig um. Ich gehe davon aus, dass die Anbieter solche Schäden durchaus in ihr Geschäftsmodell mit einpreisen.

    Nun denn — auf den Kosten für Spiegel, Bowdenzug und Lenkerband bleibe ich wohl sitzen. Und ich wundere mich noch einmal, warum wir diese Teile, bei denen Fußgänger, Radfahrer oder Kraftfahrer auf ihren zivilrechtlichen Ansprüchen sitzen bleiben werden, unbedingt in unseren Städten haben wollen.

    Insofern bleibe ich wohl einfach bei dem Monoporter, den ich dann im Zug einfach zusammenfalten werde.

    Das hat übrigens bestens geklappt — und das ist wohl auch der große Vorteil des Monoporters gegenüber anderen einspurigen Anhängern: Man kann ihn einfach zusammenklappen und platzsparend in der Gepäckablage der Bahn oder oben auf einem Schrank platzieren. Da nehme ich die etwas geringere Traglast gern in Kauf. Allenfalls bei der Beladung muss ich besser aufpassen; auf der Hinfahrt war der Schwerpunkt der Ladung so weit oben, dass der Anhänger in den Kurven leicht instabil wurde.

    Beinahe an mir vorbeigegangen ist die Sperrung der nördlichen Kiellinie in Kiel. Diese Promenade verläuft direkt an der Kieler Förde vom Landeshaus bis Hoch in den Stadtteil Kiel-Wik und besteht aus unterschiedlichen Querschnitten. Der nördliche, momentan autofreie Abschnitt ist 16 Meter breit und beinhaltet einem 3,5 Meter breiten Parkstreifen, zwei Fahrstreifen von 4,2 Meter Breite (?), einem 1,6 Meter breiten Zweirichtungsradweg und einem 2,5 Meter breiten Gehweg. Das ist also eher keine Promenade zum Flanieren und Verweilen, sondern vor allem ein Laufsteg Fahrsteg für höherpreisige Autos, die dort am Wochenende im Sonnenschein hin und her gefahren werden.

    Nun wird dort gebaut und man kam auf die Idee, die damit einhergehende Sperrung als „autofreie Kiellinie“ oder „Erlebnis Kiellinie Nord“ zu verkaufen und ein paar Sonnenliegen und Pflanzen aufzustellen. Ich hielt das zunächst für eine Mogelpackung, aber prinzipiell wurde in den letzten Wochen ein wirklich schöner Raum direkt am Meer mit ganz erheblicher gesteigerter Aufenthaltsqualität geschaffen. Dort war in den letzten Tagen echt viel los, beispielsweise wurde gestern das erste Kieler Lastenradrennen dort ausgetragen, nebenan fand das Klimacamp von Correctiv statt, während heute eine Klimaschutzwerkstatt zum Thema Mobilitätswandel, Nachhaltigkeit und Klimawandel bei schönem Wetter ans Wasser lockte.

    Ein paar Fotos davon gibt es hier:


    [album='40'][/album]

    Um zum Thema Radverkehr zurückzukommen: Es gab heute eine Podiumsdiskussion, die sich an einen Vortrag von Heiner Monheim anschloss, an dem unter anderem Vertreter von Greenpeace und dem VCD mit Monheim und dem Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer diskutieren konnten. Diese Debatte fand natürlich unter dem Vorzeichen des so genannten Klimaschutzpaketes statt, dass die Bundesregierung am Freitag vorgelegt hatte.

    Diese Debatten verlässt man als Zuschauer immer mit dem wohligen Gefühl, dass wir das ja alles doch noch irgendwie in den Griff bekommen könnten, dass wir eigentlich auf einem ganz guten Wege wären und prinzipiell ganz gleich morgen früh sofort nach dem Aufstehen mit Klimaschutz und Mobilitätswende und allem drum und dran zu 500 Prozent anfangen. Zehn Minuten später steht man da und sieht betroffen den Vorhang zu, aber alle Fragen offen, denn irgendwie… kommt beim Klimaschutz ja eh nichts herum.

    Ich kann den Herrn Kämpfer eigentlich gut leiden, er meint es umwelt- und klimapolitisch einigermaßen ernst und fährt selbst hinreichend viel Fahrrad, um die Missstände in seiner Stadt zu kennen. Aber trotzdem kriegen wir hier nach meinem Empfinden nicht genügend auf die Reihe.

    Besprochen wurde beispielsweise die Stadtbahn, beziehungsweise StadtRegionalBahn, die Ulf Kämpfer selbst vor vier Jahren mit beerdigt hatte, weil sich die Umlandgemeinden nicht einig werden konnten — und nun plötzlich Auferstehung feiern soll, weil Fahrverbote für Dieselmotoren vor der Tür stehen. Und nun reden wir da ernsthaft drüber, ob womöglich 2030 oder gar schon 2025 der erste Zug durch Kiel fährt? In fünfeinhalb Jahren? Ich wohne erst ein knappes Jahr in Kiel, aber während dieser Zeit konnte ich einigermaßen eindrucksvoll die Debatte um die mögliche Bahntrasse in der Holtenauer Straße verfolgen. Der Einzelhandel ist gar nicht so ganz davon begeistert und sieht das natürlich traditionell kritisch, weil bekanntlich nur ein leerer Kofferraum einkauft und während der jahrelangen Bauphasen die Kunden ausbleiben. Und ich soll nun glauben, dass wir in den nächsten fünf Jahren eine Trasse durch die Straße ballern? Sorry: Ausgeschlossen. Abgesehen davon hat es natürlich ein gewisses Geschmäckle, mit der StadtRegionalBahn aufgrund der Dieselfahrverbote wieder um die Ecke zu kommen, obwohl das Konzept hinsichtlich Mobilität, Lebensqualität und Klimaschutz allein genügend Vorteile gebracht hätte.

    Was aber in den nächsten Jahren passieren wird, ist der Ausbau der Bundesautobahn 21 hoch bis Kiel. Die wird eine ganze Menge zusätzlichen Kraftverkehr in die Stadt spülen und für weitere Verkehrsprobleme in der ohnehin einigermaßen überlasteten Innenstadt führen. Denn dieser zusätzliche Verkehr, der muss ja auch irgendwo parken, irgendwelche Klima- oder Stickoxidziele einhalten, irgendwo fließen. Puh. Aus dem Publikum meldete sich Unmut, ob man diese Autobahn angesichts des Klima- und Mobilitätswandels überhaupt brauche, ob man den Ausbau nicht stoppen könnte, weil darunter auch eine wertvolle Grünfläche abhanden käme, aber irgendwie ginge das wohl nicht mehr, weil das eben eine Bundesautobahn wäre — und dieses Geschenk könne man nicht ablehnen.

    Dann kommt Möbel Kraft nach Kiel Höffner nach Kiel und bringt nicht nur Steuergelder, sondern noch mal zusätzlichen Verkehr in die Stadt, wird dabei eine Grünfläche vernichten, die bislang war sowieso nur eine Kleingartensiedlung mit begrenzter Lebensdauer war, aber eben eine Grünfläche und ein Lebensraum für die Natur. Das muss aber auch kommen, denn im Bürgerentscheid im Jahre 2014 waren 52 Prozent für eine Ansiedlung von Möbel Kraft. Da kann man nichts mehr machen.

    Wir haben mit der Sprottenflotte ein Leihradsystem bekommen, das von Nextbike betrieben wird. Mittlerweile ist das wohl auch relativ beliebt und hat eine Menge zusätzlicher Stationen bekommen, aber ich sehe noch nicht so ganz den Grund zur Hoffnung, dass man daraus aus Preetz oder Eckernförde mit einem Leihrad (?) auf einem noch zu bauenden Radschnellweg (?) zur Arbeit nach Kiel fahren wird — zumal beide Städte ja relativ gut mit halbstündlich verkehrenden Eisenbahnverbindungen angebunden sind.

    Ah, und Radwege? Klar, die Veloroute 10 ist bislang prima und wird mit der Verlängerung über die A 215 sicherlich noch attraktiver, gar keine Frage. Und ansonsten? Okay, die Radverkehrsinfrastruktur ist deutlich besser als in Hamburg und netter als in einer Menge anderer Städte, aber trotzdem nicht so der Kracher. Auch da soll nach Meinung des Podiums in den kommenden Jahren kräftig gedreht werden und auch da wird sich nach meiner Meinung erstmal nicht ganz so viel tun: Die Mühlen in der Verwaltung mahlen nunmal recht langsam. Bemängelt wurde beispielsweise der Radweg aus der Stadt Kiel heraus entlang der Eckernförder Straße, der wirklich in einem stellenweise absolut bemitleidenswerten Zustand ist — der aber nicht vollständig im Wirkungsbereich der Kieler Verwaltung liegt, sondern teilweise die Nachbarstadt Kronshagen zuständig ist. Man kann sich ja vorstellen, wie großartig die Zusammenarbeit bei einer Sanierung dieser nicht ganz unwichtigen Radverkehrsverbindung sein wird, gerade hinsichtlich eines eng getakteten Zeitrahmens.

    Und sonst so? Klar, Kiel hat eine ganze Menge Fahrradstraßen, von denen aber eine ganze Menge auch einfach nur Parkplätze mit einem Fahrradpiktogramm in der Mitte sind. Kommt ein Kraftfahrzeug entgegen, gibt es Stress, will ein Kraftfahrzeug überholen, gibt es Stress, an Kreuzungen gibt es immer Herumgekasper mit § 10 StVO oder Rechts-vor-links-Ansätzen. Das ist alles nicht grundsätzlich schlecht und falsch, aber meiner Meinung nach auch noch nicht die total reine Geilheit, als dass man damit angeben könnte.

    Man mag es leicht übersehen, aber die Stadt Kiel hat ja vor ein paar Monaten den Klimanotstand ausgerufen. Mir ist klar, dass viele Maßnahmen im Zuge dieses Klimanotstandes eher auf der Verwaltungsebene angesiedelt sind und in Ermangelung von Interesse nicht durch die Presse an die Öffentlichkeit gelangen. Aber ich frage mich schon, ob erneuerbare Energien und Solarzellen auf Dächern öffentlicher Liegenschaften, eine Erneuerung der Busflotte und neue Fähren so ganz das große Ding werden.

    Mittlerweile liegen beispielsweise bis zu fünf Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig in der Förde, fertigen an einem Tag rund 25.000 Fahrgäste ab, die anschließend den Bahnverkehr verstopfen (und keinen Landstromanschluss nutzen werden), in den kommenden Jahren werden fünf Schiffe gleichzeitig wohl keine Ausnahme sein).

    Ich gehe nicht davon aus, dass Ulf Kämpfer dieses Plakat mit genau diesem Motiv an genau diesem Ort angebracht hat, aber das Bild wirkt in seiner Gesamtkomposition ziemlich dreist:

    [image='7285','small'][/image]

    Ja, ich versuche als Bürger dieser Stadt durchaus für das Klima zu kämpfen. Trotzdem feiern wir uns immer wieder dafür so viele Kreuzfahrtschiffe anzuziehen, die unsere Verkehrswege verstopfen, die CO2-Bilanz ruinieren und eine Menge Schadstoffe im Umfeld der Förde verstreuen. Gerade in diesem Zusammenhang etwas von Klimaschutz in den bevorstehenden Oberbürgermeisterwahlkampf einzustreuen finde ich mutig.

    Und: Kämpfer wird von der Kieler FDP unterstützt, deren Ratsmitglied so langsam die Nase voll hat von „linksgrünen Verschwörungstheorien“ und „Klimahysterie“. Einerseits kann ich mir nicht vorstellen, wie mit einem solchen Bündnispartner, der sich eher um den Ausbau von Parkplätzen und Straßen sorgt, weitere Maßnahmen im Bereich Klimaschutz oder Verkehrswende auf die Beine gestellt werden soll — andererseits ist Kämpfer für mich gerade mit diesem Partner aus ebenjenem Grunde unwählbar. Pardon, aber wer sich mit Politikern einlässt, die von Verschwörungstheorien und Klimahysterie fabulieren, kann es mit Klimaschutz nicht ernst meinen.

    Und so fürchte ich, dass die autofreie Kiellinie wohl auch in Zukunft vor allem ein Experiment geblieben sein wird. Im nächsten Sommer wird sich der übliche kraftfahrzeugige Trott am Wochenende wieder eingespielt haben und Spaziergänger werden sich nicht mehr daran erinnern, wie ruhig die Kiellinie ohne den ganzen Kraftverkehr nebenan war, welche immense Steigerung der Aufenthaltsqualität mit baustellenbedingten Straßensperrung, ein paar Sitzbänken und Blumenkübeln zu erreichen war.

    Eigentlich echt schade.

    Mit den Leihrädern in Kopenhagen hat es wohl nicht so ganz geklappt — sie sind fast alle fort. An den Fahrradständern stehen noch ein paar Räder herum, im Stadtbild habe ich kein einziges in Bewegung gesehen. Vielleicht war das Angebot angesichts des hohen Preises doch zu unattraktiv.

    Die Halterungen werden nun von anderen Rädern genutzt…

    … oder stehen einfach leer…

    … wurden schon kaputtgefahren von wendenden Kraftfahrern…

    … oder werden von neuen Mobilitätsangeboten genutzt:

    Lediglich am Hauptbahnhof und bei der Meerjungfrau stehen noch eine nennenswerte Zahl von Rädern herum:

    Das iPad — oder was auch immer diesen Touchscreen bereitstellte — wurde bei einem Großteil der verbliebenen Räder abgebaut und gegen einen Hinweis für die dazugehörige App ersetzt:

    Ich fand nur wenige Exemplare mit Touchscreen-Bedienung vor. Wahrscheinlich wartet man einfach ab, bis die Teile den Geist aufgeben und führt sie dann der Entsorgung zu.

    Tja. Aber das passiert halt mit Leihradsystemen, wenn Städte unbedingt eine neue Eigenentwicklung brauchen. So erging es zu meinen Studienzeiten auch der kleinen Stadt Wedel westlich von Hamburg mit ihren Wedelecs, die sich nicht durchsetzen konnten, weil sie beispielsweise unbedingt an der gleichen Station abgegeben werden mussten, an der sie entliehen wurden. Ich glaube, will man als Stadt ein Leihradsystem etablieren, sollte einfach auf erfahrene Anbieter zurückgegriffen werden.

    Das heutige Gewitter mit einem prächtigen Hagelsturm brachte uns in die Verlegenheit, nicht auf dem C99 zurückzufahren, sondern die Fahrradmitnahme in der S-Bahn auszuprobieren.

    Im Gegensatz zu Berliner oder Hamburger S-Bahnen gibt es hier pro Zug einen relativ eindeutig gekennzeichneten Bereich zur Mitnahme von bis zu 16 Rädern — WiFi gibt’s oben drauf:

    Und es gibt eine Einbahnstraße für Räder im Zug, erkennbar an den grünen und roten Aufklebern. Hier geht’s wieder raus:

    Für die beräderten Fahrgäste, die sich nicht so ganz sicher sind, gibt’s die Hinweise auch drinnen noch mal:

    In den Wagen werden die Räder dann in solche lustig anmutenden Halterungen gestellt. Sinnvollerweise parkt man rückwärts ein, unsere vorwärts eingeparkten und dadurch beim Beschleunigen und Bremsen des Zuges lustig umhertanzenden Räder wiesen uns drum direkt als Touristen aus:

    Noch eine blöde Sache: Durch dieses Einbahnstraßensystem im Zug parkt man nicht nur rückwärts aus, sondern fährt auch noch rückwärts zum Ausgang. Der Zug ist zwar breit, aber zum Wenden nun doch nicht breit genug:

    Die im Vergleich zu deutschen S-Bahnen sehr viel kürzeren, aber dickbauchigen Wagen ermöglichen allerdings eine Breite von 3,52 Metern — das ist ein knapper halber Meter mehr als etwa in der Hamburger BR 474. Das macht sich nicht nur in den bequemen sechs Sitzen pro Reihe bemerkbar, sondern auch in diesen Fahrradabstellanlagen, die eine Nutzung der Klappsitze und des Ganges neben dem Fahrrad ermöglichen. Das ist echt eine ganz andere Hausnummer als die relativ engen Wagen des nun in Hamburg herumfahrenden ET 490. Positiv fiel uns auf, dass die auf den Klappsitzen hockenden Fahrräder angesichts des wetterbedingten Fahrradansturms bereitweillig andere freie Sitzplätze aufsuchten — das ist ja eine Art von Sozialverhalten, das ich in Deutschland wirklich vermisse.

    Was man in Kopenhagen in der S-Bahn übrigens auch nicht braucht sind Fahrscheine fürs Fahrrad. Vor drei Jahren hatte ich den Fahrkartenautomaten so sehr gelobt, heute hat er uns aber leider nicht darauf hingewiesen, dass wir für das Fahrrad in der Bahn keine Fahrkarten brauchen. Nun ja — die drei zum Fenster herausgeschmissenen Euro werden wir wohl überleben.

    An einigen Bahnsteigen sind die Bereiche für die Fahrradwagen mit dicken Piktogrammen markiert. Das hilft einem insofern mitunter aber nur weiter, wenn man weiß, wie viele Wagen der Zug hat, denn je nach Länge gibt es einen oder zwei Bereiche. Über die Länge des Zuges geben aber die Fahrtzielanzeiger präzise Auskunft.

    Und im Bahnhof Hvidovre gab es für Räder diese bemerkenswerten Schiebeschienen auf der Seite des Bahnhofs ohne Aufzug. So etwas stünde Hamburg ja prinzipiell auch ganz gut, aber wie man da sein Fahrrad ordentlich runterschieben soll, wenn es einerseits mit Pedal und Lenker an der Wand entlangschabt, andererseits aber andere Fahrgäste mit dem Rad entgegenkommen, Puh, das ist auch nicht so geil. Ich habe meines lieber getragen.

    Wer von Hannover nach München will, hat - meiner Meinung nach - verloren, wenn alle Stellplätze von einer Gruppe gebucht werden, die von Hamburg nach Hannover wollen... Die Plätze werden afaik nicht mehr angeboten.

    Das funktioniert hingegen genauso gut wie die Sitzplatzreservierungen. Wenn ich morgens im ICE 973 einen Stellplatz von Kiel nach Hamburg habe, ist der ab Hamburg für jemand anderen vorgesehen. Bei Intercity-Verbindungen mit diesen Reservierungskärtchen aus Papier kann man direkt erkennen, dass manche Stellplätze für verschiedene Abschnitte reserviert wurden.

    Hmm. Der BahnComfort-Service, dem ich per Mail mit meiner BahnCard 100 vor der Nase herumgewedelt habe, verweist mit Textbausteinen auf das Servicecenter Fahrgastrechte. Das halte ich aber immer noch für Glücksspiel: Die Fahrkarten sind dann weg, ich bekomme bei abschlägiger Entscheidung aber kein Geld zurück.

    Ich möchte mal wissen, wer das denn riskiert. Für manche Fahrgäste steht ja ein bisschen mehr auf dem Spiel als ein Urlaub in Kopenhagen, den man notfalls mit der Fähre oder dem Auto beginnen kann, sofern man nur genügend Scheine aus der Brieftasche holt.

    »Malte, das ist was für den ADFC, für den Deutschen Bahnkundenverband, für Pro Bahn, für den Bundesverband der Verbraucherzentralen, für die Medien ...«

    Naja, ob das die Medien so sehr interessiert? Der RE 5 von Berlin nach Rostock ist auch regelmäßig überfüllt und wird genau wie der RE 7 und RE 70 in Schleswig-Holstein mit der BR 445 betrieben. Wenn da mehrere Züge ausfallen, sieht das in den Medien so aus: Züge überfüllt: Radfahrer wurden nicht mitgenommen

    Im RE 6 zwischen Hamburg und Westerland geht auch alles mögliche schief, dort opfern mehrere Mitglieder einen Großteil ihrer Zeit dafür, mit Politik und Bahn Verbesserungen herbeizuführen. Ergebnis: So gut wie null. Ich bin da ein kleines bisschen drin vernetzt und habe nicht den Eindruck, dass die Befindlichkeiten eines Radfahrers, der dann nachts in Wrist oder Tinglev nicht in den Schienenersatzverkehr darf, eine große Rolle spielten :(

    Wenn man aufpreispflichtig eine Fahrradmitnahme gebucht und bezahlt hat, schuldet einem die Bahn diesen Fahrradtransport. Sie kann das nicht einfach zum Privatproblem für den Reisenden deklarieren. Sie hat das Problem, die geschuldete Leistung zu erbringen.

    Das Problem dürfte sein, gegen den etablierten Apparat dieses Recht durchzusetzen.

    War die Bahn denn nicht grundsätzlich dazu bereit? Eben mit x Stunden Verspätung, wofür es dann auch 50% Rückerstattung bei der Rückfahrt gibt.

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich in solchen Fällen auf die Fahrgastrechte berufen kann — es wird ja ein Schienenersatzverkehr angeboten, den wir nur aufgrund meiner mitgeführten Fahrräder nicht nutzen können. In den Beförderungsbedingungen des Schleswig-Holstein-Tarifs steht ja relativ deutlich drin, dass die Mitnahme eines Fahrrades auf eigenes Risiko geschieht und eine Fahrradkarte keine Pflicht zur Beförderung auslöst.

    Am Osterwochenende mussten wir beispielsweise nach einer Pofalla-Wende den ICE 974 bereits in Hamburg verlassen und den Rest der Strecke bis Kiel im Nahverkehr bestreiten. Dummer- oder freundlicherweise hielt der Regionalexpress am Gleis gegenüber, doch das Fahrradabteil war — wie immer — schon von Fahrgästen mit Gepäck ausgelastet, so dass wir eine Stunde später zu Hause ankamen. Die Anerkennung der Fahrgastrechte wurde uns damals verweigert, denn ohne Fahrräder hätten wir ja mitfahren können.

    Man muss wohl etwas vehementer gegenüber den Mitarbeitern der Deutschen Bahn auftreten, aber dafür war in den drei Minuten zum Umsteigen in Hamburg damals keine Zeit und dafür ist 2:30 Uhr in Tinglev mutmaßlich auch der falsche Augenblick.

    Warum schaffst du dir nicht eine (blickdichte) Hülle für dein Faltrad an und nimmst es einfach als Gepäckstück mit?

    Naja — so eine Tragetasche habe ich bereits und führe sie jedes Mal mit, aber die muss halt auch erstmal über das Rad gestülpt werden. Danach muss ich dann diese riesige Tasche tragen und bin damit ziemlich unbeweglich. Ohne Faltrad kann ich Brompti entweder ausgeklappt oder gefaltet direkt rollen und bin wesentlich flexibler und schneller. Wenn man dann an irgendeinem Bahnhof strandet und irgendwie schnell rüber in den Schienenersatzverkehr soll und erstmal die Haltestelle suchen und womöglich noch drei Treppen entlangstürmen muss, kommt eine Tasche nicht in Frage.