Beiträge von Jonas

    Ich möchte zu zwei Punkten, die hier bisher in der Diskussion auftauchten nochmal meinen Kommentar abgeben:

    Ausweichen auf die Straße:

    Ich habe hier jetzt häufig den Tipp gelesen, als schneller Alltagsradler die Radinfrastruktur zu ignorieren und auf der Straße zu fahren. Es gibt aber genug Straßen, auf denen ich als Radfahrer nicht unbedingt unterwegs sein will - z.B. der vierspurige Ring in Münster, auf dem bis vor kurzem noch Tempo 70 war. Hab das wegen einer Baustelle auf dem Radweg mal probiert, die Autofahrer sehen das dort aber überhaupt nicht mehr ein. Ich wurde z.B. aus dem Seitenfenster gefragt, ob ich lebensmüde wäre. Manchmal hat man als Radfahrer also nur die Wahl zwischen Pest und Cholera...

    Rücksicht auf dem Radweg:

    Wenn ich losfahre, nehme ich mir meistens vor, ruhig und rücksichtsvoll zu fahren. Dann semmelt mich der erste Rechtsabbieger beinahe um, ich schaffe es noch durchzuatmen und weiterzufahren. Dann ist der Radweg zugeparkt, die Laune nimmt ab, dann der nächste Rechtsabbieger, zwischendurch vielleicht noch ein Radfahrer der plötzlich ohne dies anzuzeigen links abbiegt, dann wieder freie Fahrt, Rückenwind, das Rad läuft von selbst, plötzlich wieder ein Rechtsabbieger mit Nackenstarre. Irgendwann ist dann bei mir der Punkt erreicht, an dem ich aggressiv werde und zumindest mit der flachen Hand gegen das Auto bollere. (Kann man in dem Fall natürlich auch durch Fußgänger ersetzten, an denen ich dann dichter als nötig vorbeifahre oder anschnautze). Ich ärgere mich dann hinterher über mich selbst und frage mich, warum ich nicht mehr Gelassenheit an den Tag lege. Ich finde es aber schwierig als Alltagsradler, der sein Rad benutzt, um möglichst schnell von A nach B zu kommen, immer die maximale Rücksicht an den Tag zu legen, wenn man andererseits andauernd von der (wenn auch nicht vorsätzlichen) Rücksichtslosigkeit anderer Verkehrsteilnehmer betroffen ist. Wenn man bei jedem Überholmanöver auf die Geschwindigkeit des anderen Radfahrers abbremst, bei jedem Fußgänger in der Nähe des Radweges auf Schrittgeschwindigkeit runtergeht und jedes rechtsabbiegende Auto schon mal profilaktisch abbiegen lässt, kann man ja - polemisch gesagt - auch gleich zu Fuß gehen.

    Der seitliche Mindestabstand bei einem Überholvorgang gilt natürlich auch für Radfahrer, ist dieser nicht realisierbar, hat der Herr gefälligst zu warten, bis er es wieder ist, oder im Wege der Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme sich mit dem anderen Radfahrer abzustimmen.

    Mal unabhängig vom Video: Wo auf diesem Planeten kann man denn als überholender Radfahrer den Seitenabstand einhalten?

    Selbst die allerbesten Radwege haben nur eine Breite von 2 - 2,50 m. Der Radfahrer hat eine Breite von ca. 0,4-0,6 m und fährt mit - optimistischen - 0,5 m Abstand zum rechten Rand des Radweges. Wenn der überholende Radfahrer jetzt 1,5 m Seitenabstand einhalten soll, liegt seine Spur (wieder mit einer Breite von 0,4 m gerechnet) bei einem Abstand von 2,6 m vom rechten Rand des Radweges. Beim "normalen" Radweg mit 1,30 m Breite...

    Ich denke, der Jahresmaßstab ist für sowas wie eine wirkliche Klimaänderung im Straßenverkehr ein zu kurzes Zeitintervall. Sowas ändert sich sehr, sehr langsam. Ich habe aber trotzdem "leicht verbessert" angegeben, da ich der Meinung bin, dass sich langfristig die Situation schon verbessert (allerdings ausgehend von niedrigem Niveau). In den Medien ist das Thema Radverkehr durchaus präsent und nicht mehr nur monothematisch gegen den Radverkehr gerichtet. Ich habe gestern im ADAC-Magazin sogar einen Leserbrief gefunden, der für mehr Radverkehr als Mittel gegen die Parkplatzknappheit plädiert hat. Auch rechne ich in Zukunft damit, dass der Boom der E-Bikes einiges für Radfahrer verbessern wird, da eine deutlich größere Gruppe schneller Radfahrer sich durchaus mehr Gehöhr verschaffen wird, bzw. vermehrte Unfälle hoffentlich den Fokus auf die Probleme des Radverkehrs lenken werden (das "hoffentlich" bezieht sich dabei natürlich nicht auf eine Hoffnung auf mehr Unfälle, sondern darauf, dass aus den Unfällen die richtigen Konsequenzen gezogen werden).