Und da hört die Bereitschaft großer Teile der Gesellschaft dann auf...
Allerdings. Am Sonntag geht (fährt) man zur "Stand-with-Ukraine"-Solidaritäts-Demo und am Montag echauffiert man sich über die hohen Spritpreise.
Ich fürchte, dass wir die aktuelle Bedrohung immer noch unterschätzen. Man mag sich gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn die Nato in den Krieg eingreift, weil z.B. ein Marschflugkörper in Litauen, Polen oder Rumänien einschlägt und der Bündnisfall ausgerufen wird.
Ich bin selbst hin- und hergerissen. Einerseits hat die Ukraine selbstverständlich das Recht auf Selbstverteidigung und es ist absolut bewundernswert, was die Menschen dort leisten. Ich hätte am Anfang nicht gedacht, dass die Ukraine der russischen Armee so viel Gegenwehr entgegensetzen könnte. Auf der anderen Seite ist es aber auch die Frage, wie es letztlich enden wird: Wie viel Leid wird noch angerichtet und wie weit wird Putin noch gehen, je weiter er isoliert ist und je mehr Rückschläge er einstecken muss? Was wird die Nato tun, wenn Putin Giftgas oder Atomwaffen in der Ukraine einsetzt? Eines ist klar: Putin wird keinen Rückzieher machen.
Der beste Ausweg besteht meiner Meinung nach darin, dass Putin von den eigenen Generälen aus dem Verkehr gezogen wird. Aber muss man sich ja fragen, was danach kommt. Wenn der russische Geheimdienst oder das Militär die Führung übernimmt, sind wir zwar Putin los, aber damit herrscht ja auch kein Frieden und solange jeder Widerstand aus der Bevölkerung unterdrückt wird und alle Medien staatlich kontrolliert sind, wird es auch für die russische Opposition schwierig, sich zu formieren. Ich bewundere den Mut der Menschen, die in Russland trotzdem auf die Straße gehen.
Wäre eine Kapitulation der Ukraine überhaupt ein Ausweg? Könnte die internationale Gemeinschaft durch andauernde Sanktionen Putin trotzdem noch in die Knie zwingen und die Souveränität der Ukraine mittelfristig wieder herstellen? Oder hätte man damit für die nächsten 50 Jahre einen Dauerkonflikt geschaffen?