Beiträge von Yeti

    Hallo Julius,
    ich gebe dir vollkommen recht, dass es damit nicht getan sein darf. Mir geht es darum, wie man in einer Stadt, in der geschätzt 3/4 der Infrastruktur für Radfahrer nicht regelkonform sind, den Einstieg schafft, etwas zu verändern.

    Man kann es natürlich stur durchziehen: Mindestbreite nicht eingehalten = Benutzungspflicht aufheben. Wenn dann nur noch ein Gehweg übrig bleibt, müssen halt alle Radfahrer auf die Fahrbahn. Ich selbst hätte damit kein Problem, aber die Mehrheit der Radfahrer würde das nicht von heute auf morgen akzeptieren und dann entweder illegal auf dem Gehweg radeln oder gar nicht mehr. Die Stadt könnte es sich auch ganz einfach machen und überall ein Z239 aufstellen, damit jedem Radfahrer klar ist, dass er dort nichts mehr zu suchen hat. Fahrradfreundlich wäre das nicht. Wenn man aber in einem ersten Schritt wenigstens die Möglichkeit schafft, legal auf der Fahrbahn zu fahren, wo die vorhandenen Radwege die Mindestvoraussetzungen nicht erfüllen, ist es doch schon eine Verbesserung.

    Wenn man das erfolgreich verändern will, muss man meiner Meinung nach schrittweise vorgehen, damit das alle langsam lernen können und auch Zeit haben, zu verstehen, wozu das gut ist. Ich kann auch nicht zur Verwaltung gehen und denen an den Kopf hauen, dass die alle keine Ahnung haben, nur weil ich deren Meinung nicht teile. Was in der Verwaltungsvorschrift steht, wissen die auch. Aber sie ziehen sich zu oft auf die möglichen Ausnahmen zurück und schätzen meiner Meinung nach die Gefahren falsch ein.

    Es würde mir bei meiner Argumentation gegenüber der Verwaltung sehr helfen, wenn ich das z.B. durch ein Urteil belegen könnte. Momentan heißt es, entweder alle auf dem Radweg oder alle auf der Fahrbahn. Weil man glaubt, dass die meisten Radfahrer nicht auf der Fahrbahn fahren wollen/werden, bleibt es bei der Benutzungspflicht. Wenn man durch Aufhebung der Benutzungspflicht tatsächlich eine legale Wahlmöglichkeit schaffen würde, dann würden sich die Verantwortlichen sicherlich leichter tun, die blauen Schilder abzuschrauben.

    Ich werde das bei meinem nächsten Treffen mit der Verwaltung für alle Wege mit [Zeichen 241-30] vorschlagen, speziell, wo die Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Dort verbleibt auf jeden Fall ein nicht benutzungspflichtiger Radweg und man hätte die Wahlmöglichkeit geschaffen.

    Das war auch so ein "Argument" gegen die Aufhebung der Benutzungspflicht. Wo bislang ein [Zeichen 240] stand, würde die Aufhebung einer Fahrbahnbenutzungspflicht gleichkommen, weil der Weg ohne das blaue Schild zum Gehweg wird, auf dem man nicht mehr fahren darf. Der Umkehrschluss: Man muss alle dazu zwingen, auf einem unzureichenden gemeinsamen Weg mit den Fußgängern zu fahren, weil nicht alle (oder vermutlich anfangs nur wenige) Radfahrer die Fahrbahn nutzen würden. Meiner Meinung nach wird das Fahren auf einem solchen Weg, der vom Blauschild befreit wurde, aber nicht grundsätzlich und sofort illegal, solange man nicht durch ein [Zeichen 239] ohne Zusatzzeichen das Radfahren explizit verbietet. Ein Radweg ist eine Fläche, die für den Radfahrer erkennbar zum Radfahren bestimmt ist. Das sollte wohl für jeden Weg zutreffen, der bislang mit einem Z240 gekennzeichnet ist, ansonsten sollte man sich ernsthaft fragen, wie man auf die Idee kommen konnte, darauf eine Benutzungspflicht anzuordnen. Bei getrennten Geh und Radwegen mit vormals [Zeichen 241-30] ist es ohnehin kein Problem. Nach Abschrauben des Blauschildes verbleibt ein nicht benutzungspflichtiger Radweg.

    Dabei geht es aber eigentlich nur um Haftungsfragen und nicht darum, was sicherer ist. Solange sich Fußgänger und Radfahrer den selben Weg teilen, egal ob verpflichtend, freiwillig oder unerlaubt, sind Fußgänger durch Radfahrer gefährdet und vor allem die Radfahrer müssen auf Fußgänger Rücksicht nehmen und damit rechnen, dass sie sich unvorhersehbar verhalten.

    Nach Aufhebung der Benutzungspflicht würden wohl als erstes die routinierten und in der Regel schnelleren Radfahrer auf die Fahrbahn wechseln. Diese stellen für Fußgänger die größte Gefahr dar, wenn sie keine Rücksicht nehmen oder sie werden durch Fußgänger am meisten am zügigen Vorankommen gehindert, wenn sie Rücksicht nehmen. Jeder Radfahrer, der von seiner Wahlfreiheit Gebrauch macht und auf die Fahrbahn wechselt, macht es also auf jeden Fall schon mal für die Fußgänger sicherer. Die schnelleren Radfahrer profitieren auf der Fahrbahn auch am meisten von der Tatsache, dass sie an Kreuzungen und Einmündungen nicht ständig übersehen werden und es wird wohl niemand auf die Idee kommen, auf der Fahrbahn entgegen der Fahrtrichtung zu fahren.

    Die Argumentation ist mir hier schon oft begegnet: Man hält das Radfahren auf der Fahrbahn grundsätzlich für zu gefährlich. Eine Entscheidung im Einzelfall findet dann gar nicht erst statt. Und es wird darauf verwiesen, dass das Angebot, auf der Fahrbahn zu fahren nicht angenommen wird, wo es erlaubt ist.

    Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Wo es nirgends erlaubt ist, auf der Fahrbahn zu fahren und es von allen Seiten nur heißt, es sei zu gefährlich, tut es natürlich auch niemand. Wenn die fehlende Akzeptanz aber wiederum ein Argument dafür sein soll, es gar nicht erst zu erlauben, ändert sich daran auch nichts.

    Die Stader Straße in Buxtehude ist sicherlich nicht der ideale Ort, Radfahrer ans Fahrbahnradeln zu gewöhnen. Aber es hilft ja nichts: Wenn stattdessen gefährliche Regelungen bestehen bleiben, wird es auch weiterhin Unfälle geben. Diese Unfälle scheint man aber für unvermeidbar zu halten, während jeder Unfall auf der Fahrbahn als Beweis für die Gefährlichkeit des Fahrbahnradelns herangezogen wird.

    Wo mir wirklich der Kamm schwillt, ist der Quatsch, dass Radfahrer aus Sicherheitsgründen auch absteigen können. Wenn man absteigt und das Fahrrad schiebt, ist man aber kein Radfahrer mehr, sondern Fußgänger. Genausogut könnte man den Leuten empfehlen, einfach im Bett liegen zu bleiben, um Unfälle zu vermeiden. Man muss es den Verantwortlichen klar machen, dass eine Infrastruktur, die für Radfahrer nur sicher ist, wenn sie absteigen, einfach keine Fahrradinfrastruktur ist. Solche Aussagen bringen das völlige Scheitern des Anspruchs, fahrradfreundlich sein zu wollen, auf den Punkt.

    Das fällt in den Zuständigkeitsbereich der Samtgemeinde Lühe und liegt nicht im Stadtgebiet von Stade. Mal sehen, ob sich herausfinden lässt, wer dort für solche Dinge zuständig ist.

    Hier mal was aus der näheren Umgebung. Hollern-Twielenfleth gehört zur Samtgemeinde Lühe.
    Ich habe mir gestern den Spaß gemacht und regelkonform alle Blauschilder beachtet. Das hat mir die Gelegenheit gegeben, auf den vereisten Wegen die neuen Winterreifen mit Spikes zu testen, während die Fahrbahn eisfrei war.
    Der gezeigte Weg ist übrigens auf der ganzen Länge in beide Richtungen mit [Zeichen 240] versehen und nicht mit [Zeichen 315-55]
    Mitten im Ort gibt es eine Bettelampel, an der alle Radfahrer, die vorher auf der richtigen Straßenseite gefahren sind, auf die falsche Seite wechseln sollen und umgekehrt.

    Nur mal kurz zum Telefonieren angehalten. Auf die Frage, warum sie dafür nicht auf der Fahrbahn hält, sondern den gesamten Geh- und Radweg blockiert, sagte die Fahrerin, dass da gerade so viele Autos kamen. Na dann doch lieber die Radfahrer behindern...

    Der nächste Kandidat stand dort auch noch 3 Stunden später (hier sogar mal Autos auf der Fahrbahn zu sehen)

    Und dieser hier auch (man beachte das extreme Verkehrsaufkommen):

    Zur Abwechslung kurz darauf eine Baustelle:

    Hier müsste man mal ein Schild drunter hängen: "Welcher Radweg?"

    An den folgenden Stellen hält man den Zustand jedoch noch für OK, so dass da keine Warnung aufgestellt wurde

    Es ist wirklich unfassbar...

    In Deutschland würde man an einer solchen Kreuzung als Radfahrer mind. 5 Minuten an roten Ampeln warten und sich auf zu kleinen Aufstellflächen drängeln. Mit Anhänger oder Lastenrad hat man auf vielen Wegen in Deutschland sowieso verloren. Und als Begründung würde es heißen, dass es nunmal nicht anders geht.
    Dass man im Hovenring im Begegnungsfall zweier solcher Räder aufeinander Rücksicht nehmen muss, fände ich akzeptabel ;)

    Das mittlere Bild wurde hier aufgenommen:
    Bei Google Maps sieht man an der Stelle noch eine Art Furtmarkierung quer über die Linksabbiegespur. Die gibt es dort aber nicht mehr. Nach dem Ortsausgang gibt es nur noch auf der linken Seite einen Radweg. Das Blauschild ist auf dem Bild zu sehen. Und 200m vorher gibt es eine Fußgängerampel auf Höhe der Schule. Vermutlich wird erwartet, dass Radfahrer ab dort schon auf der falschen Seite fahren, obwohl der Weg auf der rechten Seite weiterhin benutzungspflichtig ist. Allerdings gab es dort im September auch einen Unfall zwischen einer Radfahrerin auf der linken Straßenseite und einer Autofahrerin, die aus einer Grundstücksausfahrt kam. Auch die Querung der Flethstraße kurz vor dem Ortsausgang ist vor allem auf der linken Straßenseite gefährlich. Aber selbst wenn der Radweg auf der rechten Seite weitergehen würde, wäre es in der Rechtskurve am Ortsausgang keine gute Idee, die Fahrbahn zu überqueren.

    Ich habe auch eine Mail an das Wochenblatt geschickt und diese auch an den Polizeibeamten weitergeleitet, mit dem ich mich kürzlich getroffen habe. Der Tenor ist der Selbe wie beim Fahrbahnradler:
    1. Dass Radfahrer an der Ampel absteigen und schieben müssen, ist falsch und wenn diese Aussage von Autofahrern so aufgefasst wird, dass sie sich noch im Recht fühlen, wenn sie Radfahrern dort die Vorfahrt nehmen, wird es erst recht gefährlich.
    2. Das, was wirklich gefährlich ist, ist die unzulässige linksseitige Benutzungspflicht.

    Ich frage mich auch, wie viele Radfahrer man dort noch umfahren muss, bis die Polizei das als Unfallschwerpunkt registriert.

    Ein anderes Thema sind Querungshilfen an den Ortseingängen/-ausgängen, um Radfahrern das Wechseln auf den außerorts nur auf einer Seite vorhandenen Radweg zu ermöglichen.

    Hier gibt es keine

    hier auch nicht

    aber dafür hier!

    Ich seh doch bis hier oben in Eidelstedt das Fahrradpiktogramm im Signalgeber.

    Ein fehlendes Fahrradpiktogramm im Signalgeber macht diese Kreuzung jedenfalls nicht gefährlich. Und dass Radfahrer absteigen müssten, wenn nur das Fußgängersymbol vorhanden wäre, ist auch Quatsch.
    Was diese Kreuzung meiner Meinung nach wirklich gefährlich macht, ist die linksseitige Benutzungspflicht. Erst recht, weil die Straße in Richtung Bahnhof leicht abschüssig ist. Schaut man bei Google Maps, sieht man auf der rechten Straßenseite auch einen Radweg. Entweder darf man den nicht benutzen, weil ja der gezeigte Weg auf der linken Seite benutzungspflichtig ist, oder dort hat man wieder eine beidseitige Benutzungspflicht für Radfahrer mit einer multiplen Persönlichkeit, die gleichzeitig auf beiden Straßenseiten fahren können. Vielleicht ist man in Buxtehude auch konsequent und lässt den Gegenverkehr auch nur auf der linken Straßenseite fahren.
    Dass dort das [Zeichen 240] steht, obwohl der Weg eine optische Trennung in zwei Bereiche aufweist, ist dabei schon fast geschenkt.
    Bei Mapillary sieht man noch eine andere Regelung: Auf der rechten Straßenseite [Zeichen 241-30] und links [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10] Man musste also den rechten Radweg benutzen, durfte aber auch auf dem linken Gehweg fahren. Nun hat man den Quatsch offenbar noch getoppt und man muss auf beiden Seiten gleichzeitig fahren.

    So wird es gewesen sein. Genauso hat man damals einfach überall dort, wo so etwas Ähnliches wie ein Radweg vorhanden war, ein Blauschild aufgestellt
    Der Abschnitt der Straße erfüllt eigentlich auch nicht die Voraussetzungen für eine 30er-Zone, weil dort nur ein Wohnhaus auf der linken Straßenseite ist und ansonsten nur ein Pizzabringdienst und der Bosch-Service. Tempo 30 könnte man machen wegen des schlechten Fahrbahnbelages und der geringen Fahrbahnbreite, aber nicht als 30er Zone. Dort, wo der Belag richtig schlimm wird, endet die 30er-Zone auch.

    Ich habe nochmal nachgelesen. Furtmarkierungen im Zuge nicht vorfahrtberechtigter Straßen sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern nur bei Kreuzungen, an denen Rechts vor Links gilt. Im Zuge von Vorfahrtstraßen müssen Furtmarkierungen aufgebracht sein.


    Als Radverkehrsführung über Kreuzungen und Einmündungen hinweg dienen markierte Radwegefurten.
    ...
    Im Fall von Radverkehrsanlagen im Zuge von Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) sind Radwegefurten stets zu markieren. Sie dürfen nicht markiert werden an Kreuzungen und Einmündungen mit Vorfahrtregelung „Rechts vor Links", an erheblich (mehr als ca. 5 m) abgesetzten Radwegen im Zuge von Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) sowie dort nicht, wo dem Radverkehr durch ein verkleinertes Zeichen 205 eine Wartepflicht auferlegt wird.

    Mit "Eindruck erwecken" meinte ich übrigens, dass die gesamte Gestaltung der Straße den Eindruck erweckt, als handelte es sich um eine Vorfahrtstraße und nicht um eine Tempo-30 Zone, in der rechts vor links gilt. Auch an Tempo 30 hält sich dort niemand. Jedenfalls werde ich auf dem Rad regelmäßig überholt, wenn ich dort 30km/h schnell fahre. Die 30er Zone wird in der Linkskurve aufgehoben, bevor es unter der Bahnlinie durch geht. Dort stand dann bis zum Oktober auf der linken Seite noch ein Z240, wie hier schon beschrieben: Neues aus Stade

    Furtmarkierung sind im Zuge von Vorfahrtstraßen anzubringen, steht in der VwV. Hier haben wir eine, wo keine sein dürfte, dafür fehlen sie dort, wo sie wichtig wären.

    Edit: Wenig später gibt es noch eine weitere Kreuzung. Die Straße ist jedoch für Kfz gesperrt und nur für Radfahrer frei. Glaubt bloß nicht, dass man dort als Radfahrer Vorfahrt bekommt, weil man von rechts kommt.
    Das ist die Straße "Hinterm Teich"

    In der 30er-Zone rechts vor links. Die markierte Furt und die Aufpflasterung erweckt jedoch einen gegenteiligen Eindruck. Ich habe auch noch nie erlebt, dass Autofahrer von rechts kommenden Fahrzeugen dort Vorfahrt gewähren. Du findest in dieser Stadt so viele haarsträubende Umsetzungen oder Regelungen, dass es einen wundert, dass nicht täglich viel mehr passiert.

    Spannend wäre auch die Frage, wie ein Gericht im Falle eines Unfalls zwischen einem von rechts kommenden Geisterradler und einem Rechtsabbieger aus der Seitenstraße entscheiden würde. Bei Vorfahrtstraßen gibt es ja wohl Urteile, die die Vorfahrt auch Radfahrern zugebilligt haben, obwohl sie auf der falschen Seite oder sogar auf dem Gehweg gefahren sind.

    Ich habe gestern über die oben gezeigte Straße mit einem Kollegen gesprochen, der auch oft mit dem Rad kommt. Er fährt dort immer auf dem Radweg. Den Unterschied zwischen benutzungspflichtigen und nicht-benutzungspflichtigen Radwegen kennt er nicht. Dies ist sicherlich der Wissensstand der meisten Radfahrer hier. Man behandelt Radfahrer wie Fußgänger, die sich auf gar keinen Fall auf der Fahrbahn bewegen sollen und folglich verhalten sie sich auch wie Fußgänger: Hauptsache auf dem Hochbord, egal in welcher Richtung und auf welcher Straßenseite. Dort, wo es gefährlich ist, können Radfahrer doch absteigen und schieben. Man dürfe als Radfahrer halt nicht immer auf sein Recht pochen, was in der Praxis darauf hinausläuft, dass das Recht des Stärkeren (Kfz-Verkehr hat grundsätzlich Vorrang) gilt. Auf den vielen gemeinsamen Geh- und Radwegen geht die ganze Fehlplanung auf Kosten der Fußgänger.

    Diese Grundeinstellung gilt es zu ändern: Beim Stadtrat, bei der Verwaltung und nicht zuletzt bei den Verkehrsteilnehmern selbst. Wie es gelingt, dass Radfahrer ihre Rechte wahrnehmen (können), ohne jedesmal ein Hupkonzert zu ertragen oder gar dabei über den Haufen gefahren zu werden, wird eine spannende Aufgabe.

    Beim letzten Gespräch mit der Verwaltung war ein Thema, was mit den gemeinsamen Geh- und Radwegen nach Entfernen des [Zeichen 240] passiert. Rechtlich gesehen wird aus einem Weg, der keinen optisch erkennbaren Bereich für Radfahrer hat, ein reiner Gehweg, auf dem man mit dem Fahrrad nichts zu suchen hat. Aus einer Benutzungspflicht wird schlagartig ein Benutzungsverbot und es ist davon auszugehen, dass die meisten Radfahrer das gar nicht wissen und selbst die, die es wissen, sich nicht auf die Fahrbahn trauen.

    Nun ist ein nicht-benutzungspflichtiger Radweg dadurch definiert, dass ein Radfahrer den Weg als Radweg erkennt. Eine Kennzeichnung für einen Radweg, den man benutzen darf aber nicht muss, gibt es nicht. Das allein stehende Zusatzzeichen [Zusatzzeichen 1022-10] ist nur auf der Gegenrichtung vorgesehen.
    Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Ich möchte, dass hier alle unnötigen und vor allem unzulässige Benutzungspflichten aufgehoben werden. Ich möchte aber auch, dass hier mehr Leute das Fahrrad benutzen, die bislang nur Auto fahren. Ein Argument der Verwaltung für unnötige Benutzungspflichten war genau das: Wenn man z.B. vor den Kreisverkehren Radfahrer auf die Fahrbahn führt und die Benutzungspflicht aufhebt, dann wäre es anschließend auch Oma Ilse verboten, auf dem bisherigen Weg neben der Fahrbahn zu fahren. Man befürchtet, dass bei einem Fahrbahnzwang einige Radfahrer vom Radfahren abgehalten würden.

    Die Frage, die ich mir aber stelle, lautet, ob der rot gepflasterte Weg von Oma Ilse nicht trotzdem weiter mit dem Rad benutzt werden dürfte. Es gibt jedenfalls ausreichend viele Beispiele, wo das auf jeden Fall geduldet wird.
    Diesen Kreisel hier hatten wir schon mal:
    Die Straße Am Staatsarchiv ist eine Tempo-30 Zone. Hier gibt es einen rot gepflasterten Weg, der zwar nicht benutzungspflichtig ist, der aber genauso aussieht, wie die benutzungspflichtigen Wege. Fahre ich aus dieser Straße auf der Fahrbahn in den Kreisel, ist das legal. Auch aus der Straße Am Bahnhof ist der rot gepflasterte Weg nicht benutzungspflichtig. Nur aus Richtung Am Güterbahnhof steht am Beginn des Kreisverkehrs Z240 und zwingt Radfahrer auf das rote Pflaster. Kommt man von oben in den Kreisel von der Salztorscontrescarpe, ist der rot gepflasterte Weg benutzungspflichtig. Das weiß man aber nicht, wenn man über die Holzbrücke über den Burggraben kommt, weil dort kein Blauschild steht.

    Für mich ist das ein Scheinargument der Verwaltung. Es gibt Situationen, wo man von Radfahrern erwartet, auf einem rot gepflasterten Weg zu fahren, auch wenn dort kein Z240 steht. Es gibt Wege, die nur benutzungspflichtig sind, wenn man aus bestimmten Richtungen kommt, aber aus anderen Richtungen nicht. Die Radfahrer sind hier auch gewohnt, dass sie sich die Wege mit den Fußgängern teilen, weil es kaum getrennte Geh- und Radwege gibt. Für den Durchschnitts-Radler, der nicht die StVO auswendig kennt, ist aus meiner Sicht ein rot gepflasterter Weg neben der Fahrbahn auch ohne Z240 ein Radweg, den er benutzen darf (leider auch aus Sicht der Autofahrer, die erwarten, dass die Radfahrer diesen auch benutzen). Dass man eine Benutzungspflicht aufrecht erhält, nur um das Gewohnheitsrecht, auf rot gepflasterten Wegen zu fahren nicht zur Ordnungswidrigkeit werden zu lassen, kann es eigentlich nicht sein.

    Quiz: benutzungspflichtig oder nicht?

    Kurz vorher gibt es einen rot gepflasterten und einen hell gepflasterten Bereich, also einen getrennten Bereich für Radfahrer und Fußgänger (rot für Radfahrer). Dann geht es über in diesen nur rot gepflasterten Bereich. Da das eine Tempo-30 Zone ist, ist der Weg nicht benutzungspflichtig, aber er beginnt aufgrund der optischen Trennung eindeutig mit einem Weg, den man benutzen darf. Wie sollte ein Radfahrer erkennen, dass er auf diesem rot gepflasterten Teil plötzlich nicht mehr fahren darf? Wenn man optisch hervorheben wollte, dass das nur noch ein Gehweg und kein Radweg mehr ist, müsste man das helle Pflaster fortführen, aber nicht das Rote.

    Ich fahre dort immer an der ersten Bordsteinabsenkung auf die Fahrbahn, aber sehe immer wieder Radfahrer, die weiter auf dem Hochbord bleiben. Wie man auf dem Bild sieht, sogar in Gegenrichtung und auch dort, wo die geringe Breite eine gemeinsame Nutzung mit Fußgängern absolut ausschließt.

    Wie sieht das in einem solchen Fall eigentlich mit §315b StGB aus?

    Zitat von §315b


    (1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er
    1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
    2. Hindernisse bereitet oder
    3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
    und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


    Solange man allerdings "Straßenverkehr" mit "Kfz-Verkehr" gleichsetzt, hat man als Radfahrer wohl keine Ansprüche zu stellen, dass nach einem Unfall die Sicherheit genauso schnell wieder hergestellt wird wie es für den Kfz-Verkehr selbstverständlich wäre.

    Ich finde es hart, dass bei der Unfallursache "Fahrbahnüberquerung durch Fußgänger" automatisch davon ausgegangen wird, dass die Fußgänger Hauptverursacher dieser Unfälle sind, weil diese sich unachtsam verhalten haben. Zu Fuß eine Fahrbahn zu überqueren, ist erstmal kein Fehlverhalten und dabei machen "Fehlverhalten gegenüber Fußgängern" und "Wenden/Rückwärtsfahren" zusammen ebenso 44% der Unfälle aus. Gehen wir davon aus, dass auch ein Teil der Unfälle bei Fahrbahnquerungen durch ein Fehlverhalten des Autofahrers mitverursacht wurde (nicht angepasste Geschwindigkeit, Ablenkung durch Smartphone etc., beschlagene oder vereiste Scheiben, ...), dann ist diese Antwort in der Tat Victim-blaming vom Feinsten.