Beiträge von Epaminaidos

    Und dann würde ich mir sehr gerne diesen Teil der StVO von einem Richter erklären lassen.

    Richter sollen den tatsächlichen Willen des Gesetzgebers erforschen. In diesem Fall ist es wohl offensichtlich, dass der Gesetzgeber nicht wollte, dass Radfahrer bei Auto- und Fußgänger-Rot einfach weiterfahren dürfen.
    Aber was wollte der Gesetzgeber? Hier gibt es verschiedene "Forschungsmöglichkeiten" (z.B. Protokollnotizen, die vorgenommenen Änderungen am Wortlaut, etc.). Und wenn alles nichts hilft, wird halt irgendein halbwegs sinnvolles Konstrukt erfunden.
    Und wenn man ehrlich ist, ist das Ergebnis in dem Fall ja wohl sogar gut, oder? Auch wenn es nicht direkt im Wortlaut steht.

    Du interpretierst die StVO nicht so, wie es viele Richter tun. Dort scheint sich der "geschützte Kreuzungsbereich" durchzusetzen. Fährt man durch so einen, gilt ersatzweise die Autoampel, obwohl es aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht direkt hervorgeht.

    Also erst einmal, darf er sich während der Bewährungszeit nix Neues zu schulden kommen lassen, sonst darf er seine Haftstrafe antreten. Dass er sich auch regelmäßig bei der Polizei melden muss oder irgendwelche Bewährungsauflagen bekommt, glaube ich nicht

    Also doch eher eine Nicht-Strafe :(
    Abgesehen natürlich von den sonstigen Auswirkungen einer Verurteilung.

    wieso Anruf? wieso Notruf?

    Weil es noch viel weniger Spaß macht, jeden Morgen 4-5 Falschparker zu fotografieren und das weiterzumelden.
    Der Weg über den Notruf ist leider der effizienteste Weg, das Thema zu melden. Die Polizeidienststelle lehnt den Anruf unter Verweis auf das Ordnungsamt ab. Und das Ordnungsamt schaltet fast durchgängig (auch während den Öffnungszeiten) die Ansage: "Ist gerade keiner da. Wenn Sie wirklich stören wollen, schicken Sie uns bitte eine Mail.". Beim Notruf hingegen wird der Fall entgegen genommen und normalerweise auch bearbeitet.
    Klingt jämmerlich? Ist die Verwaltung ist Berlin leider auch.
    Wenn der Staat das Gewaltmonopol will, soll er es bitte auch wahrnehmen.

    Viel drängender die Frage: Wieso halten die Anwohner dann nicht durch?

    Weil es keinen Spaß macht, jeden Tag mit einem Anruf beim Notruf zu beginnen.
    Ich wohne auch in einem verkehrsberuhigten Bereich - und auch bei mir wird illegal geparkt. Es gibt einfach schönere Möglichkeiten, seinen Tag zu beginnen. Und speziell bei mir würde sich nicht viel ändern, da viele Falschparker "Laufkundschaft" sind. Man redet also nicht nur über 100 Leute, die es einfach lernen müssen.

    Wie soll man so ein Unrechtsbewußtsein entwickeln?

    Also eigentlich ist die Regel doch ganz einfach:
    - Schild vorhanden -> Fußweg erlaubt.
    - Kein Schild -> Fußweg verboten.

    Hier mangelt es mMn einfach am nötigen Respekt vor Mitmenschen. Denn zum Respekt vor der Umgebung gehört auch, dass man sich darüber informiert, was man darf und was nicht.

    Aber mich nervt an solchen "Artikeln" bzw. Kommentaren, dass hier eine Gefahr postuliert wird, die im Vergleich zu den mit 50km/h fahrenden Kfz sehr gering ist.

    Ich verstehe das Klagen der Fußgänger inzwischen schon: Der Fußweg ist ein Schutzraum, auf dem man normalerweise abschalten können soll.
    Mich stören diesen Sommer auch Radfahrer das erste mal vermehrt. Vor meinem Büro ist eine Ecke, an der Radfahrer gerne rechts abbiegen. Aber anstatt das auf dem Radweg zu erledigen, wird gerne über den Fußweg abgekürzt - und gleich die ersten 100m auf dem Fußweg gefahren.
    Natürlich passen die alle auf. Trotzdem hat man die ständig im Auge. Das nervt einfach - unabhängig davon, dass Autos faktisch gefährlicher sind.
    Vor ein paar Woche habe ich aus dem Augenwinkel gesehen, dass ein Radfahrer von hinten auf dem ca. 15m breiten Gehweg viel zu dicht an mir vorbeifahren möchte. Ich konnte es mir gerade so verkneifen, mich spontan mal zu strecken und den vom Rad zu holen. Aufgrund eines Pollers hätte er nichtmal ausweichen können.
    Da hilft eigentlich nur Konsequenz: Verbotenes Gehwegradeln konsequent verfolgen.
    Man könnte auch aufhören, Gehwege für Radfahrer freizugeben. Das dürfte aber wohl ein frommer Wunsch bleiben, da sich viele ältere Menschen genau das wünschen.

    Der Vollständigkeit halber sollte auch die Checkliste für Autofahrer erwähnt werden:

    Zitat

    Meine Checkliste als AutofahrerIn

    • Ich weiß: Die Fahrbahn ist oft auch für Radfahrer da.
    • Beim Überholen von Radfahrern drossele ich das Tempo und halte ausreichend Abstand.
    • Beim Abbiegen achte ich auf Radfahrer und Fußgänger.
    • Ich parke nicht auf Radwegen, Radfahrstreifen und Schutzstreifen.
    • Ich achte beim Türöffnen auf Radfahrer und Fußgänger.
    • Ich rechne damit: Radfahrer machen auch Fehler
    • Ich verzichte auch mal auf meine Rechte.
    • Mein Motto heißt: kommunizieren!


    Ganz am Rand: Ich wundere mich bei solchen Seiten oft, wer diese "AUTOFAHRERLN" oder "RADFAHERERLN" sind. Klingt so, als ob das ein Österreicher geschrieben hätte :)

    Da stecken ja einige interessante Dinge drin.
    Die Regelung zum Begleiten von Kindern auf Gehwegen war überfällig.
    Die Rettungsgasse finde ich ab vier Spuren wenig intuitiv. Mein persönlicher Reflex ist immer: "Nach außen ausweichen, im Zweifel (mittlere Spur) nach rechts.". Ist aber in der Praxis mangels 4-spuriger Autobahnen nur selten relevant.
    Das Piktogramm für E-Bikes finde ich nicht sonderlich gelungen. Da fehlt mir die Unterscheidung zum S-Pedelec. Irgendein "<25" o.ä. hätte man da noch unterbringen sollen.

    Der Knüller steckt aber in den Änderungen an §45 Abs. 9.
    Zum einen:

    Zitat von §45 StVO Neu

    Dabei dürfen Gefahrzeichennur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss.

    Da kann man mal direkt fast alle Zeichen "gefährliche Kurve" abschrauben. Denn fast immer kennzeichnen die keine gefährliche Kurve, sondern einfach eine Kurve. Und eine einfache Kurve kann ein "aufmerksamer Verkehrsteilnehmer" wohl immer rechtzeitig erkennen :)
    Würde höchste Zeit, wenn Ihr mich fragt. Ich brauche nicht für jede Kurve ein Schild. Aber ein Hinweis auf eine Kurve, die hinten raus eklig zumacht, ist nett (aber auch nur nett, denn man muss natürlich selber aufpassen).

    Und dann wird es wohl mittelfristig zu einigen Klagen kommen:

    Zitat von §45 STVO neu

    Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

    Das könnte zu einer Klagewelle führen. Denn nun dürfen entsprechende Beschränkungen und Verbote nur noch unter genau definierten Bedingungen angeordnet werden.
    In einem Handstreich werden fast sämtliche Rechte für Beschränkungen in §45 Absätze 1-8 stark eingeschränkt. Sie sind nun noch zulässig, wenn der fließende Verkehr an genau dieser Stelle besonders unerträglich ist. Normale Unerträglichkeit reicht nicht mehr.

    Insbesondere könnten einige nächtliche "Lärmschutz-30-Strecken" plötzlich rechtswidrig sein, da es nun auf die erhebliche Überschreitung der allgemeinen Belästigung ankommt.
    In meiner Nähe gibt es auch eine Stelle mit Linksabbiegeverbot, die eher der Einfachheit der Ampelschaltung als sonstigen Schutzgütern dient.
    Und was ist mit Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen? Könnte auch in vielen Fällen nicht mehr rechtmäßig sein.
    Eventuell ist sogar die Anordnung des Parkens senkrecht zum Bordstein an diesem Satz zu messen. Denn es handelt sich im weiteren Sinn um eine Beschränkung des fließenden Verkehrs.

    Man darf gespannt sein, was die Gerichte in den nächsten Jahren daraus machen. Bei der Benutzungspflicht-Novelle von 1997 hat es ja auch gut 10 Jahre gedauert, bis es höchstrichterliche Urteile dazu gab.

    Als ob Diskussionen mit Beamten fruchten würden.

    Das war wirklich ein Lichtblick: Die haben sich auf keine Diskussionen eingelassen.
    Entweder gibt es einen Verstoß oder nicht. Entsprechend gibt es dann entweder ein Ordnungsgeld oder nicht.

    Die Strafen sind ohnehin so niedrig, da muss man es nicht auch noch bei einer mündlichen Verwarnung belassen.

    Daniel Wolf: Pretty remarkable: helmet use and fatality rates by country

    Jetzt müsste man noch rausbekommen, woher die Korrelation kommt:
    - Zufall?
    - Manipulierte Daten
    - Die Zeitungsmeldungen über tote Radfahrer führen zu einer höheren Quote von Helmträgern.
    - Helme sind gefährlich.

    Ich schwanke zwischen die letzten beiden Punkten.
    Wenn es wirklich dumm läuft, stimmen beide :)

    Ne, der lügt sich und den Lesern in die Tasche, und er versucht dabei, die Rechtsbeugung seiner "Kollegen" an den Gerichten, für deren Ausbildung und folglich deren Urteilspraxis er mitverantwortlich ist, schönzuschwadronieren.

    Also wenn ich die aktuelle Strafrechtstheorie richtig verstanden habe, ist die Strafe an der individuellen Schuld zu bemessen. Und genau das haben die Strafgerichte inzwischen zur Perfektion getrieben, so dass extrem viele in der Person selbst begründete Dinge zur Strafmilderung verwendet werden (schwere Kindheit, unzureichende Ausbildung, etc). Da sind die aktuellen Urteile nur eine logische Konsequenz. Das mag gerecht erscheinen, vernachlässigt aber vollkommen die Folgen für die Gesellschaft. Denn die Menschen stellen sich darauf ein, dass man recht geringe Strafen bekommt, wenn man nur genug Gründe für Fehlverhalten hat. Die persönliche Verantwortung für eigenes Handeln bleibt dabei auf der Strecke.
    Das Problem ist leider nicht trivial zu lösen. Aber das ist ja zum Glück auch nicht meine Aufgabe, sondern die von Strafrechtsprofessoren.

    Der Herr Strafrechtsprofessor Zopfs aus dem Spiegel-Artikel bringt das Problem des aktuellen Strafrechts ganz gut auf den Punkt:

    Zitat von Spiegel Online

    Doch Raser unterschätzen typischerweise völlig die Gefahren überhöhter Geschwindigkeit und denken nicht ansatzweise an Todesgefahren, so Zopfs . "So gesehen halte ich es im Einzelfall durchaus für angemessen, wenn eine fahrlässige Tötung durch erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung dennoch nur mit einer Freiheitsstrafe geahndet wird, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann."

    Wir alle hier laufen also Gefahr, bei einem Unfall eine höhere Strafe zu erhalten. Einfach nur, weil wir uns mit dem Thema Rad- und Autofahren aktiv auseinandersetzen und über die Gefahren informiert sein sollten.
    Wer sich hingegen keine Gedanken darüber macht, was er da tut, erhält die geringere Strafe.

    Ich habe noch kein besseres Zitat von einem Strafrechtsexperten gefunden, das die Lächerlichkeit des aktuellen Strafrechts besser auf den Punkt bringt. Eigenverantwortung und Reflektion über eigene Handlungen wird vom Einzelnen nicht mehr verlangt. Wer es doch tut, erhöht damit nur seine Schuldfähigkeit.

    Fazit des Urteils:

    Da ist mir auch schlecht geworden.
    Etwas genauer:

    Zitat von Spiegel

    Das Gericht folgte in seiner Entscheidung zwei Sachverständigen, die den Tod von N. als nahezu unvermeidbar ansahen. Auch bei einer angemessenen Geschwindigkeit von 50 km/h und vorherigem Abbremsen wäre die Wucht des Aufpralls wahrscheinlich für den Fußgänger tödlich gewesen, so die Experten.

    Ich hoffe wirklich, dass das einfach nur falsch oder verzerrend wiedergegeben wurde. Denn bereits bei 50km/h gibt es eine 30-prozentige Wahrscheinlichkeit, den Zusammenstoß zu überleben. Bremst man noch etwas, ist man schnell bei über 50%. Den Tod dabei als "nahezu unvermeidbar" anzusehen, ist schon ziemlich lächerlich.
    Vielleicht ist der Richter anders herum an die Sache herangegangen: Er hat sich erst die Strafe ausgedacht und dann einen "berufungsfesten" Weg gesucht, sie zu verhängen. Da ist Fahrerflucht vielleicht tatsächlich "sicherer".