Beiträge von Epaminaidos

    Wie will der Richter denn nicht zur Überzeugung kommen, dass die jungen Männer genau wissen, dass bei weit überhöhten Geschwindigkeiten tödliche Unfälle mit steigender Geschwindigkeit immer Wahrscheinlicher werden?

    Es geht nicht darum, was die Männer grundsätzlich wissen und nach reiflicher Überlegung in einer Prüfungssituation antworten würden.
    Strafrechtlich ist nur relevant, was ihnen in dem konkreten Moment durch den Kopf gegangen ist. Für bedingten Vorsatz wäre ungefähr folgender Gedanke nötig:
    "Jetzt kachel ich wohl gleich mit 160 in einen rein, der dann wohl stirbt. Na ja, ist dann halt so.".
    Ein anderer möglicher Gedanke wäre: "Ups, ist ganz schön schnell. Wird aber schon gut gehen."

    Letzteren halte ich für wesentlich wahrscheinlicher. Das wäre aber dann nur fahrlässig.

    Wer so beschränkt ist, jemandem zu imponieren, in dem er demonstriert, dass er in der Lage ist, den rechten Fuß nach unten zu neigen (das können weltweit nur ganz wenige Menschen...), sollte eher in die geschlossene Anstalt eingewiesen werden!

    Es wird viel mehr mit dem Fahrzeug selbst angegeben als mit der Neigung des Fußes.
    Wir reden hier über zwei junge Menschen, einer Security-Mitarbeiter, einer Hartz IV. Da spricht moralisch erstmal überhaupt nichts dagegen, dass man auch mal stolz auf das eigene Auto und die normalerweise zum Erwerb nötige Leistung ist. Auf irgendwas muss ein Mensch ja stolz sein, sonst geht er ein. Die beiden haben sich halt ihre Autos ausgesucht. Andere haben ihre Modelleisenbahn im Keller. Oder kennen die Verkehrsregeln für Radfahrer ganz genau.

    Ich habe nie verstanden, wie man sich so über sein Auto definieren kann und was einige Damen an diesen Kerlen so toll finden. Vor allem da die getunten Dinger ja meist auch noch hässlich sind. Aber andere verstehen wohl auch die Dinge nicht, an denen ich mich freue. Man sollte halt nur zur Kenntnis nehmen, dass die beiden sich halt ihre Autos ausgesucht haben und das nicht ins Lächerliche ziehen.

    Allerdings geht mir bei den Karren aber schon der Gedanke durch den Kopf, wie die beiden an solche Autos gekommen sind. Aber gehen wir zu deren Gunsten mal davon aus, dass sie sich die Autos vom Munde abgespart haben.

    Bei den gemeingefährlichen Mitteln stimme ich Dir zu.

    Niedere Beweggründe sind schon wieder kritisch. Sind es wirklich niedere Beweggründe, schneller, besser, toller sein zu wollen als jemand anderes?

    Und bei Vorsatz wird es richtig schwierig.
    Bei Vorsatz handelt es sich um einen subjektiven Tatbestand. Subjektive Tatbestände erfüllen sich nur im Kopf des Täters - oder eben nicht.
    Im Gegensatz dazu sind objektive Tatbestände für jeden erkennbar: Ist das Opfer tot oder nicht?

    Vorsatz ist weiter zu unterteilen in:

    • echten Vorsatz: "Ich will ihn umbringen". Das liegt hier sicher nicht vor.
    • bedingten Vorsatz wie oben geschrieben. Das ist hier sehr fraglich.

    Wer igO Hochgeschwindigkeitsrennen austrägt, nimmt billigend in Kauf, ggf. eine ganze Menschengruppe zu töten.

    Es kommt nicht darauf an, was ein normal verständiger Mensch nach reiflicher Überlegung in dieser Situation getan hätte. Es ist nur wichtig, was der Täter sich in dem Moment tatsächlich gedacht hat.
    Der Richter müsste also zu der Überzeugung kommen, dass der junge Mann während der Begehung der Tat einen tödlichen Unfall ernsthaft für möglich gehalten und sich mit dieser Tatsache abgefunden hat.
    Das nachzuweisen dürfte sehr schwierig sein.

    Ich zitiere mal Gerhart:
    "Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen."

    Es fehlte der Tötungsvorsatz, der war nur bedingt, es war denen halt egal.

    Ich bin auch gespannt, was dabei herauskommt.
    Das liest sich ja erstmal recht stichhaltig:

    Zitat von §211 StGB

    (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
    (2) Mörder ist, wer
    aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oderum eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,einen Menschen tötet.

    "aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen"
    Sonstige niedrige Beweggründe sind hier wohl gegeben, damit ist die erste Bedingung erfüllt.
    "heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,"
    Gemeingefährliche Mittel sind wohl auch gegeben, damit ist auch die zweite Bedingung erfüllt.

    Die Rechtsprechung verlangt zusätzlich noch Vorsatz, da Mord als eine Sonderform des Totschlags angesehen wird. Grundsätzlich genügt hier bedingter Vorsatz (Eventualvorsatz):

    Der Eventualvorsatz liegt nach herrschender (deutscher) Auffassung vor, wenn der Täter den Taterfolg als Folge seines Handelns ernsthaft für möglich hält und ihn zugleich billigend (im Rechtssinne) in Kauf nimmt.

    Der Richter muss also erforschen, ob der Täter ernsthaft mit einem tödlichen Unfall gerechnet hat.

    Bei zwei jungen Menschen Anfang 20, die wenige Minuten lang durch die Stadt rasen wie die Bekloppten, ist das keine zwingende Annahme. Die haben wohl eher einfach nicht nachgedacht. Und in dem Fall schützt Dummheit dann doch vor einer harten Strafe.

    Klingt für mich unter dem Strich sehr nach fahrlässiger Tötung, da es wohl am Vorsatz fehlt: Gröbste Fahrlässigkeit dürfte gegeben sein, Vorsatz mMn nicht.
    Und dann sind wir schon wieder ganz schnell in der Nähe von Bewährungsstrafen. Denn die Höchststrafe für fahrlässige Tötung beträgt 5 Jahre, bei Ersttätern meistens viel weniger. Bei einer Strafe bis 2 Jahre ist Bewährung möglich.

    Mal schauen, was der Richter daraus macht.

    Unabhängig von der juristischen Bewertung wäre eine Verurteilung wegen Mord auch moralisch etwas zu viel des Guten. Sollen die beiden tatsächlich genauso bestraft werden, wie ein "richtiger" Mord? Genauso wie der Typ, der seine schwangere Ex in den Wald lockt und da umbringt?
    Eine ordentliche Haftstrafe sollte es auf jeden Fall werden. Mord ist aber meiner Meinung nach zu viel.

    Die zentrale Frage ist doch, für wen die Stadt "da" sein soll. Für den Autoverkehr? Für die Wirtschaft? NEIN! Für die Menschen, die in ihr leben und arbeiten. Natürlich braucht es dafür eine funktionierende Wirtschaft. Und natürlich braucht es dafür auf absehbare Zeit auch den MIV. Aber nichts davon ist Selbstzweck, nur dazu da, den Menschen zu dienen. Es dient den Menschen aber nicht, wenn die Stadt in verpesteter Luft, Schmutz, Lärm und Blech erstickt. Hamburg hat mit der City Nord die Vision einer autogerechten Stadt auf die Spitze getrieben. Sieht so für Sie eine lebenswerte Stadt aus?

    Das ist mMn der wichtigste Teil:
    Haben "wir" uns Städte geschaffen, die so lebenswert wie möglich sind?

    Nun ja, auf was will man den Fokus legen?

    Definitiv in der Praxis keine leichte Sache. In der Theorie hingegen schon :)
    Wenn man zu validen Ergebnissen kommen möchte, sollte man die volkswirtschaftliche Wohlfahrt optimieren.
    Eine Mini-Erklärung, was Wohlfahrt ist:

    Spoiler anzeigen

    In der VWL dreht sich vieles um den Nutzen, den ein Individuum aus einer Konsumentscheidung zieht. "Konsumentscheidung" ist hier ziemlich allumfassend definiert. Jetzt gerade habe ich mich beispielsweise entschieden, dieses Forum zu "konsumieren". Auch eine Fahrt mit dem Auto fährt unter "Konsum". Aus dem Konsum entsteht für jedes Individuum ein Nutzen, dem die Kosten für den Konsum gegenüber stehen. Sowohl Kosten als auch Nutzen sind hier wieder sehr weit definiert. Die reine Transportleistung ist natürlich ein Nutzen. Aber auch der Effekt auf die Fitness beim Radfahren. Zu den Kosten zählt natürlich auch Geld. Aber beispielsweise auch der Zeitverlust und speziell auch Nutzenverluste von anderen (beim Auto z.B. durch Lärm). So gibt es für jede Entscheidung eine Nutzenfunktion für alle Individuen. Die Wohlfahrt ist nun der aggregierte Nutzen aller Individuen eine Volkswirtschaft.


    Leider ist es sehr schwer, diese für nicht-triviale Fälle zu berechnen. Denn man muss den Nutzen von verschiedenen Individuen gewichten. Aber wie macht man das? Wie soll man den Zeitvorteil des Autofahrers gegen die Belästigung der Umgebung bewerten? Alleine das zu berechnen ist schon ein Desaster - geschweige denn es zu optimieren.
    Aber es gibt einen Ausweg: Einen effizienten Markt. Wenn ein Markt "effizient" ist, trägt jeder einzelne Bürger "von alleine" zu einer optimalen Wohlfahrt bei. Einfach weil dann egoistische Entscheidungen im Sinne des Gemeinwohls (der Wohlfahrt) sind.
    Bleibt noch die Frage, wann ein Markt "effizient" ist. Dazu gehören eine Reihe von Bedingungen, beispielsweise vollständige Information und geringe Transaktionskosten. Im Verkehrssektor sind die "negativen externen Effekte" der größte Posten, der die Effizienz des Marktes stört. Das sind Nachteile (Kosten), die Dritten durch den Konsum entstehen, die aber nicht in die Konsumentscheidung mit einbezogen werden. Lärm beim Autofahren ist der Klassiker: Er ist dem Autofahrer egal, den Anwohnern nicht.
    Durch solche Effekte subventioniert die Gemeinschaft den Einzelnen und im Ergebnis wird mehr Auto gefahren als eigentlich wünschenswert wäre.
    Der Staat sollte nun dafür sorgen, dass der Einzelne sämtliche entstehenden Kosten bei seiner Konsumentscheidung berücksichtigt. Beim Auto wird das über die Mineralölsteuer versucht.
    Im Ergebnis sollte der Staat dafür "einfach" dafür sorgen, dass kein Verkehrsmittel subventioniert wird (weder direkt noch durch externe Effekte) und die Nutzer sämtliche damit verbundenen Kosten tragen. Das ist überhaupt nicht trivial, kann aber den wissenschaftlichen Rahmen für die Diskussion geben.

    Nun zur Realität:
    Beim Auto sind sich alle einig - inklusive der Kfz-Industrie: Es ist aktuell zu billig*. Nur über die Höhe der tatsächlichen Subvention wird hitzig diskutiert. Laut Autoindustrie genügen schon wenige cent zusätzliche Mineralölsteuer. Das andere Extrem ist die berühmte Studie der TU-Dresden, die ca. 1€ zusätzlich fordert.
    Beim Fahrrad hingegen ist sich die Wissenschaft einig, dass Radfahrer sogar vom Staat bezahlt werden müssten.
    Zum ÖPNV und Fußgängern habe ich keine Zahlen.

    *Die Formulierung "es ist zu billig" stammt natürlich von mir und nicht von der Autoindustrie. Allerdings hat ein großer Verband der Industrie Studien bestätigt, die eine geringe Subventionierung des Autos bestätigen. Also ist Autofahren zu billig.

    Ich schrieb, wenn es ein Verband wäre, müssten Lücken gelassen werden.

    Das spielt für die Beurteilung als geschlossener Verband keine Rolle, sondern wäre eine Ordnungswidrigkeit seitens des Verbands (keine Ahnung, wer dafür eine Strafe bekommen müsste). Wahrscheinlich gilt ähnliches auch für das komplette Blockieren der Fahrbahn und von Kreisverkehren: ordnungswidrig, aber wohl nicht relevant für den Verbandsstatus.
    Gilt natürlich alles nur, wenn es keine Demo ist. Dann gelten ja sowieso ganz andere Grundlagen.

    Ich finde es überraschend, wie tief hier geschlagen wird, nur weil jemand am Verbandsstatus der CM zweifelt.
    JEHOVA!

    Abgesehen davon, dass ich Warnwesten da sinnvoll finde und schon immer welche im Auto hatte.

    *g* so unterschiedlich können die Meinungen sein.
    Ich halte diese Vorschrift für eine der überflüssigsten überhaupt und hätte mir niemals eine Warnweste ins Auto gepackt. Bei einer Panne ist es ja nun überhaupt kein Problem, das stehende Auto zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen, ohne überfahren zu werden. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Warnwesten das Unfallrisiko erhöhen. Denn anstatt sich schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen, bleibt die vierköpfige Familie erstmal noch einige Minuten im Auto, bis alle ihre Warnwesten gefunden und angezogen haben.
    Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich mich noch nicht mit Unfallstatistiken zum Thema auseinander gesetzt habe.

    Auto zieht rechts in den Woyrsweg, "übersieht" den Bus der Linie3, der um eine Kollision vermeiden eine Notbremsung macht, sich dabei 2 Passagiere leicht verletzen, der Autofahrer aber trotz erkannter Situation des Beinaheunfalles seine Fahrt wieder fortsetzt?

    Da hat eindeutig der RadBusfahrer die Hauptschuld. Der kann ja wohl auch mal auf seine Vorfahrt verzichten! Statt dessen kommt er einfach wie aus dem Nichts angeschossen, hält sich für was besseres und setzt seine Vorfahrt einfach durch. §1 StVO gilt auch für RadBusfahrer!

    Spaß beiseite:
    Fahrerflucht liegt strafrechtlich nur vor, wenn der Flüchtende den Unfall bemerkt hat. Einen stürzenden Passagier bemerkt man vom Auto aus eher nicht.

    ...oder aber das Schild lag einfach zufällig auf der Ladefläche.

    Ist die Verwaltung nicht toll?
    Am Samstag habe ich beim zuständigen Revier angerufen: "Wir schauen uns das mal an".
    Montag früh dachte ich noch: "Gib ihnen mal wenigstens einen Werktag Zeit".
    Am Dienstag habe ich das über "Ordnungsamt-Online" gemeldet.
    Und heute am Donnerstag kommt die Meldung: "Habe es erstmal weitergeleitet".

    Ist schon toll so eine "Fahrradstadt"...

    Danach müsste ich ab dem Schild die nächste Möglichkeit nutzen, um auf den Radweg zu fahren...

    Ich würde das analog zu Geschwindigkeitsbegrenzungen sehen:
    Genauso wie bei Geschwindigkeitsbegrenzungen muss Du Dich rechtzeitig auf das Schild vorbereiten und die Vorschrift ab dem Schild einhalten.

    Wenn das nicht zumutbar/möglich ist, gibt es bestimmt Ausnahmen...

    Hier hat sich mal jemand richtig Gedanken gemacht.
    Vermutlich werden die Autofahrer durch die Baustelle so stark abgelenkt, dass die Fahrbahn nun zu gefährlich ist. Also müssen die Radfahrer geschützt werden. Es muss also eine Benutzungspflicht her. Nun ist aber zu erwarten, dass die Fußgänger wegen der Baustelle bevorzugt auf der anderen Seite gehen. Deshalb ist der rechte Radweg viel zu gefährlich und darf natürlich nicht benutzungspflichtig werden. Also wurde nach intensiver Beratung eine linksseitige Benutzungspflicht für die Radfahrer angeordnet, damit sie die Gefahrenstelle sicher passieren können.

    ...oder aber das Schild lag einfach zufällig auf der Ladefläche.

    Wie kommt es, dass ich die Bilder in Beitrag 77 nicht öffnen kann? Beim Klick öffnet sich ein schwarzer Bildschirm mit dem Dateinamen, es kreist, während das Bild geladen wird, und dann passiert -- nichts. Wenn ich den schwarzen Bildschirm durch das x rechts oben schließe, bin ich wieder im Normalmodus.

    Ist bei mir exakt genauso (Chrome 51.0.2704.106 m).

    Zu der dennoch stattgefundenen Gefährdung kam es also nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig (weil das Kurve-enger-Fahren nicht genügte, um die Gefährdung zu vermeiden).

    Es kommt nicht auf den Vorsatz der Gefährdung sondern auf den Vorsatz des Vorfahrtsverstoßes an. Eine vorsätzliche Gefährung würde wohl eher als versuchte Körperverletzung angeklagt.

    Gestern kam der Anhörungsbogen für den Typen, der mich für eine Lücke im Verkehr gehalten hat.
    Zumindest stand er still und wartete von links kommend auf Lücke im Verkehr, um in meine Richtung einzubiegen (30-Zone). Gerade als ich mich der Einmündung näherte, fuhr er los. Er zog die Kurve schön eng und fuhr zuerst parallel zu mir auf der Gegenspur, seine Stoßstange auf Höhe meines Vorderrads. Nach vielleicht 1-2s zog er dann rechts rüber und drängte mich in die parkenden Autos. Meine Tochter auf dem Fahrradsitz machte die Nummer nicht angenehmer. Erst als nun wirklich kein Platz mehr war, hielt er endlich an.

    Heute war die Verhandlung. Der Autofahrer wurde zum erhöhten Regelsatz von 140€ wegen fahrlässiger Behinderung verurteilt. Zu einem eigentlich zugehörigen Punkt hat die Richterin nichts gesagt. Kommt der automatisch dazu?

    Für mich überraschend war, dass er nur wegen fahrlässiger Behinderung verurteilt wurde. Vor allem, da die Richterin in ihrer Urteilsbegründung keinen Zweifel an der Gefährlichkeit der Situation gelassen hat (sinngemäß: "In der Enge kann ein Radfahrer schnell stürzen mit in der Folge oft schwersten Verletzungen bis zum Tod"). Ich dachte bisher, der Regelsatz für eine Behinderung beträgt 25€. Auf meine Nachfrage nach Verhandlungsende meinte die Richterin, dass Behinderung und Gefährdung den gleichen Regelsatz hätten. Dann wäre es verständlich, dass sie natürlich den geringeren Verstoß heranzieht. Ich finde aber keine Quelle, die das bestätigt. Ganz im Gegenteil: , Zeile 33f.

    Der Beschuldigte hat während meiner Anwesenheit kein Wort gesagt. Seine Aussage war aber wohl, dass er mich nicht gesehen hätte und ich ihn wie aus dem Nichts rechts überholt hätte.
    Die Richterin hat nachdrücklich gefragt, ob ich irgendwie Blickkontakt hatte oder einen anderen Anhaltspunkt hätte, dass mich der Fahrer gesehen hat. Dem war nicht so. Und somit war Vorsatz für ihn glücklich vom Tisch. Auch meine Aussage, dass er die Kurve bewusst so eng gefahren ist, um mir Platz zu lassen, hat für einen Nachweis von Vorsatz nicht gereicht. Auch die Vorbelastung hat bei diesem Aspekt keine Rolle gespielt. Der Fahrer musste wohl dieses Jahr schon einmal 80€ zahlen, weil er einen Fußgänger am Zebrastreifen nicht vorgelassen hat. Und nochmal um die 100€ wegen zu schnellem Fahren.

    Am Ende war die Richterin nur noch vom Anwalt genervt, der nichtmal eine "wesentliche Behinderung" sehen wollte und offen um die Höhe des Bußgelds schacherte ("Na 55€ würden doch auch reichen").

    Sein Anwalt war auch sonst der Knüller. Zuerst einmal hat er mich direkt als Autohasser bezeichnet. Ich hatte wohl in der ursprünglichen Anzeige geschrieben, dass mir an dem Tag schon zweimal die Vorfahrt genommen wurde. Das hat ihm für diese Aussage genügt. Merken für das nächste mal: Nichts dergleichen erwähnen! Denn das war die einzige Aussage des Anwalts, die bei der Richterin etwas verfangen hat. In der Urteilsbegründung meinte sie, dass meine Toleranzschwelle für Anzeigen wohl etwas niedriger sei als bei anderen. Zum Glück hatte das in dem Fall keine Auswirkungen auf das Urteil, senkt aber die eigene Glaubwürdigkeit unnötig.
    Als ich sagte, dass ich die Fahrbahn im Nachhinein mit 5m Breite zwischen den parkenden Autos vermessen habe, meinte der Anwalt, dass das Quatsch sein müsse. Denn laut DIN müssten Fahrbahnen schließlich 12m breit sein. Sehr witzig.
    Dann meinte er noch, dass man mit Kind hinten drauf ja wohl höchstens 15km/h fahren solle. Würde er schließlich auch so machen. 30km/h auf der Fahrbahn in der 30-Zone wäre nur etwas für Rennradler und brandgefährlich.
    Und zum Schluss haut er noch raus, dass meine Schilderung ja wohl objektiv unmöglich sei. Schließlich sei ein Fahrradsitz breiter als ein Lenker. Dementsprechend hätte der Kindersitz bei der beschriebenen Enge das Auto berühren müssen. Der Typ hatte mein Rad natürlich nie gesehen. Und falsch ist die Aussage auch noch.
    Im Schlussplädoyer wurde dann deutlich, dass die ganze Verhandlung nur stattfand, um über das Bußgeld zu verhandeln. Offensichtlich hat der Typ also eine Rechtschutzversicherung. Sonst würde es so einen Quatsch nicht geben.

    Sind dabei aber an den Wortlaut des Gesetzes gebunden.

    Nein. Aber der Wortlaut ist eine sehr wesentliche Quelle bei der Auslegung der Gesetze. Wenn aber Blödsinn im Gesetz steht oder sich Gesetze sogar widersprechen, wird gegen den Wortlaut geurteilt. Die Regelung zu Fahrradampeln ist so ein Beispiel, in dem der Wortlaut Blödsinn ist:

    Zitat von STVO

    Wer ein Rad fährt, hat die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten. Davon abweichend sind auf Radverkehrsführungen die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten.

    Den zweiten Satz kann man auf zwei Arten lesen:
    1.) Davon abweichend sind auf Radverkehrsführungen nur die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr zu beachten.
    2.) Auf Radverkehrsführungen gehen die besonderen Lichtzeichen für den Radverkehr vor.

    Für beide Auslegungen gibt es leider passende Alltagssituationen: Mal ist die erste sinnvoll, mal die zweite.

    Nach dem reinen Wortlaut ist die erste Variante korrekte Interpretation: Die Voraussetzung ist erfüllt (fahren auf Radverkehrsführung), also tritt die Folge ein (abweichend von Satz 1 gelten die Fahrradampeln).
    Durch die Worte "davon abweichend" wird das noch unterstützt. Denn es wird nochmal deutlich gemacht, dass Satz 1 auf Radverkehrsführungen eben nicht gelten soll.

    Um Variante 2 zu retten, müsste man geschickt definieren, was eigentlich eine Radverkehrsführung ist. Ein Richter könnte durchaus zu dem Schluss kommen, dass eine Radverkehrsführung nur dann vorliegt, wenn es tatsächlich Fahrradampeln gibt. Das würde im Ergebnis auf Lesart 2 hinauslaufen, würde aber den Begriff "Radverkehrsführung" aber doch arg strapazieren. Denn plötzlich wäre ein benutzungspflichtiger Radweg keine Radverkehrsführung iSv §37 StVO mehr. Und noch schlimmer: Ein Radweg wäre an der einen Kreuzung eine Radverkehrsführung und an der nächsten eventuell nicht mehr. Und im Extremfall ist der einzige Unterschied zwischen den Kreuzungen die Streuscheibe in der Fußgängerampel. So eine Definition des Begriffs "Radverkehrsführung" wäre wohl nicht haltbar.

    In so einer Situation müssen sich Richter halt Gedanken machen, nach welchen objektiven Kriterien sie entscheiden. Es bleibt ihnen schlicht und einfach nichts anderes übrig. Denn entscheiden müssen sie immer.