Gestern kam der Anhörungsbogen für den Typen, der mich für eine Lücke im Verkehr gehalten hat.
Zumindest stand er still und wartete von links kommend auf Lücke im Verkehr, um in meine Richtung einzubiegen (30-Zone). Gerade als ich mich der Einmündung näherte, fuhr er los. Er zog die Kurve schön eng und fuhr zuerst parallel zu mir auf der Gegenspur, seine Stoßstange auf Höhe meines Vorderrads. Nach vielleicht 1-2s zog er dann rechts rüber und drängte mich in die parkenden Autos. Meine Tochter auf dem Fahrradsitz machte die Nummer nicht angenehmer. Erst als nun wirklich kein Platz mehr war, hielt er endlich an.
Heute war die Verhandlung. Der Autofahrer wurde zum erhöhten Regelsatz von 140€ wegen fahrlässiger Behinderung verurteilt. Zu einem eigentlich zugehörigen Punkt hat die Richterin nichts gesagt. Kommt der automatisch dazu?
Für mich überraschend war, dass er nur wegen fahrlässiger Behinderung verurteilt wurde. Vor allem, da die Richterin in ihrer Urteilsbegründung keinen Zweifel an der Gefährlichkeit der Situation gelassen hat (sinngemäß: "In der Enge kann ein Radfahrer schnell stürzen mit in der Folge oft schwersten Verletzungen bis zum Tod"). Ich dachte bisher, der Regelsatz für eine Behinderung beträgt 25€. Auf meine Nachfrage nach Verhandlungsende meinte die Richterin, dass Behinderung und Gefährdung den gleichen Regelsatz hätten. Dann wäre es verständlich, dass sie natürlich den geringeren Verstoß heranzieht. Ich finde aber keine Quelle, die das bestätigt. Ganz im Gegenteil: , Zeile 33f.
Der Beschuldigte hat während meiner Anwesenheit kein Wort gesagt. Seine Aussage war aber wohl, dass er mich nicht gesehen hätte und ich ihn wie aus dem Nichts rechts überholt hätte.
Die Richterin hat nachdrücklich gefragt, ob ich irgendwie Blickkontakt hatte oder einen anderen Anhaltspunkt hätte, dass mich der Fahrer gesehen hat. Dem war nicht so. Und somit war Vorsatz für ihn glücklich vom Tisch. Auch meine Aussage, dass er die Kurve bewusst so eng gefahren ist, um mir Platz zu lassen, hat für einen Nachweis von Vorsatz nicht gereicht. Auch die Vorbelastung hat bei diesem Aspekt keine Rolle gespielt. Der Fahrer musste wohl dieses Jahr schon einmal 80€ zahlen, weil er einen Fußgänger am Zebrastreifen nicht vorgelassen hat. Und nochmal um die 100€ wegen zu schnellem Fahren.
Am Ende war die Richterin nur noch vom Anwalt genervt, der nichtmal eine "wesentliche Behinderung" sehen wollte und offen um die Höhe des Bußgelds schacherte ("Na 55€ würden doch auch reichen").
Sein Anwalt war auch sonst der Knüller. Zuerst einmal hat er mich direkt als Autohasser bezeichnet. Ich hatte wohl in der ursprünglichen Anzeige geschrieben, dass mir an dem Tag schon zweimal die Vorfahrt genommen wurde. Das hat ihm für diese Aussage genügt. Merken für das nächste mal: Nichts dergleichen erwähnen! Denn das war die einzige Aussage des Anwalts, die bei der Richterin etwas verfangen hat. In der Urteilsbegründung meinte sie, dass meine Toleranzschwelle für Anzeigen wohl etwas niedriger sei als bei anderen. Zum Glück hatte das in dem Fall keine Auswirkungen auf das Urteil, senkt aber die eigene Glaubwürdigkeit unnötig.
Als ich sagte, dass ich die Fahrbahn im Nachhinein mit 5m Breite zwischen den parkenden Autos vermessen habe, meinte der Anwalt, dass das Quatsch sein müsse. Denn laut DIN müssten Fahrbahnen schließlich 12m breit sein. Sehr witzig.
Dann meinte er noch, dass man mit Kind hinten drauf ja wohl höchstens 15km/h fahren solle. Würde er schließlich auch so machen. 30km/h auf der Fahrbahn in der 30-Zone wäre nur etwas für Rennradler und brandgefährlich.
Und zum Schluss haut er noch raus, dass meine Schilderung ja wohl objektiv unmöglich sei. Schließlich sei ein Fahrradsitz breiter als ein Lenker. Dementsprechend hätte der Kindersitz bei der beschriebenen Enge das Auto berühren müssen. Der Typ hatte mein Rad natürlich nie gesehen. Und falsch ist die Aussage auch noch.
Im Schlussplädoyer wurde dann deutlich, dass die ganze Verhandlung nur stattfand, um über das Bußgeld zu verhandeln. Offensichtlich hat der Typ also eine Rechtschutzversicherung. Sonst würde es so einen Quatsch nicht geben.