Beiträge von RainerH

    Ich bleibe dabei:
    Kopenhagen zeigt, und das wissen und kommunizieren alle (so auch in diesem Artikel), die dort für (Rad-)verkehr Verantwortung tragen:
    It's the infrastructure, stupid.

    Da habe ich so meine Zweifel. Colville-Anderson ist zweifellos ein glühender Verfechter separierter Radinfrastruktur. Nur finden sich auf seinem Blog auch Dinge, die mich an der Theorie "Der hohe Radverkehrsanteil in CPH kommt von der separierten Infrastruktur" zweifeln lassen. Beispielsweise dieser Blogeintrag mit historischen Filmen aus den 1930er und 50er Jahren. Und was sehen wir da? Hunderte von Radfahrern zwischen Autos und Straßenbahnen auf der Fahrbahn. Die Radwege hat man also erst später im Zuge der Massenmotorisierung angelegt, um dem Autoverkehr freie Fahrt zu gewährleisten und der Radverkehrsanteil ist nicht wegen, sondern eher trotz der Separierung so hoch.

    Für einen hohen Radverkehrsanteil sind mM. nach noch eine ganze Reihe anderer Faktoren entscheidend: Begünstigt die Topographie und das Klima den Radverkehr? Wie hoch ist der Anteil von Schülern und Studenten? Wird das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel, oder eher als Freizeit/Sportgerät und "Arme-Leute-Fahrzeug" angesehen? Ist es eine Stadt der kurzen Wege zwischen Wohnen, Arbeiten, Einkauf und Freizeit?

    US-Städte wie Portland oder San Francisco, die in den letzten Jahren nennenswerte Steigerungen des Radverkehrsanteil erreicht haben, besitzen nur Radstreifen und Radspuren, die höchstens an stark belasteten Innenstadtstraßen mit ein paar Plastikpollern gegen Zuparken geschützt sind. Die europäischen Hochbordradwege kennt man dort nicht, trotzdem steigt der Radverkehrsanteil. It's not only separated infrastructre, stupid!

    Passend dazu wird in der heutigen Ausgabe der "Hessenschau" ein Reporter über seinen Selbstversuch zur Fahrradfreundlichkeit Frankfurts berichten. Zusätzlich können die Leser des Online-Angebots des HR einen Kommentar hinterlassen, ob sie mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.

    Bin gespannt ... Wenn das mal nicht wieder in einen Shitstorm gegen Radfahrer ausartet ...

    Die Kommentare sind bisher sehr sachlich; hauptsächlich (positive) Erfahrungsberichte von Radpendlern. Vielleicht moderiert der HR die Kommentare?

    Die Reportage des Herrn Möller finde ich dagegen enttäuschend. Da wird einmal die Bockenheimer runtergeradelt und sich über Radfahrer, die auf die Straße Fahrbahn ausweichen oder bei Rot vorsichtig eine übersichtliche Kreuzung überqueren empört - so mache Fahrradfahren keinen Spaß. Dafür wird dann die neue Fahrradampel an der Untermainbrücke als das Nonplusultra der Fahrradfreundlichkeit hochgejubelt. Wirkt auf mich wie "Eigentlich interessiert mich das Thema nicht, aber die Redaktion hat mich losgeschickt was über Radverkehr zu machen."

    Wenn mein Fahrrad abrupt bremst und ich nicht rechtzeitig den Körperschwerpunkt hinter den Sattel bringe, fliege ich über den Lenker. Trägt nicht geade zu meiner Sicherheit bei.

    Das Fahrrad ist mir nicht zuletzt deshalb so sympathisch, weil es wohl als letztes heutiges Verkehrsmittel auf reiner Mechanik basiert. Kein störanfälliger Elektronikschnickschnack, der mir ohne Software-Update, Onlinezugang, GPS-Ortung oder niedriger Akkuleistung den Dienst versagt.
    Das beste Sicherheitssystem des Radfahrers heißt mM. nach Augen auf + Gehirn einschalten und kostet keinen Cent extra.

    Lässt sich der dichte Verkehr in etwa mit den Zuständen in Frankfurt im morgendlichen Berufsverkehr vergleichen? Mir fehlt es an einer Vorstellung von diesem Verkehr. Im großen und ganzen scheint es mir aber so, als wenn die Pariser eine entspanntere Einstellung zum Verkehr haben.


    In Frankfurt sind meiner Beobachtung nach vor allem Haupteinfallstraßen (also zB. die äußeren Enden von Hanauer oder Mainzer Landstr) oder der Alleenring stauanfällig, die Innenstadtachsen (Berliner Str, Cityring, mittlere Mainzer Landstr/Reuterweg) laufen einigermaßen flüssig wenn nicht gerade Fahrbahnsperrungen sind.
    In Paris sind auch die innerstädtischen Hauptstraßen regelmäßig verstopft. Für Radfahrer und Öffi-Nutzer insofern lästig, weil die Staus auch Busspuren treffen (Lieferwagen parken sie zu, ganze Konvois von Taxis benutzen sie mit). Busse müssen sich in die Autofahrspuren einfädeln, Radfahrer im Slalom zwischen den Dosen durchmanövrieren oder über den Bürgersteig ausweichen.

    Aber angesichts Deiner mehrfachen Schilderungen über den Verkehr in Paris und aufgrund dieser Meldung über die Einrichtung von Tempo-30-Zonen frage ich mich so langsam, aus welchem Antrieb heraus die Pariser bzw. Franzosen so anders handeln als die Deutschen. Sind sie in Verkehrsdingen schlicht weitsichtiger oder haben sie einfach ein wesentlich entspannteres Verhältnis zum Verkehr und zum Leben allgemein?

    Der Verkehr in Paris ist werktags so dicht und chaotisch, dass man mit Hektik und cholerischem Schimpfen nicht weiterkommt. Man wurschtelt sich durch, und das geht am einfachsten wenn man die Verkehrsreglen "flexibel" auslegt. Als Radfahrer bin ich auf der Fahrbahn noch nie(!) angehupt oder beschimpft worden, aber es regt sich eben auch niemand über bei Rot gehende Fußgänger, zugeparkte Radwege und Busspuren oder auf dem Gehweg fahrende Mopeds auf. Das ist einfach so; man arrangiert sich damit. Nur die Taxifahrer kommen mir oft hektisch und gestresst vor.
    In Paris leben 2/3 der Haushalte autofrei. Die Staus werden hauptsächlich von Pendlern aus dem Umland verursacht (man sieht wenig 75er-Nummernschilder). Dementsprechend lässt sich für eine Verkehrspolitik, die den Autoverkehr zurückdrängt auch eine breite Mehrheit in der Stadtbevölkerung finden.

    Die Begründung mit dem Gewicht und der Geschwindigkeit der Autos scheint mir auch nicht ganz schlüssig. Eher spricht die geringere Breite (etwa beim Rechtsabbiegen) und die bessere Einsehbarkeit von Kreuzungsbereichen (durch gegenüber Kfz erhöhte Sitzposition und das Fehlen einer Motorhaube) für die Freigabe roter Ampeln für Radfahrer.

    In Paris erlebe ich es regelmäßig wie Eltern mit kleinen Kindern bei Rot die Straße überqueren. Es ist dort das Normalste der Welt. Im obrigkeits- und regelwerksgläubigen Deutschland undenkbar. Trotzdem ist mir nichts von mehr Unfällen mit Kindern in Frankreich bekannt. Wenn Kinder Geschwindigkeiten und Entfernungen noch nicht richtig abschätzen können, können sie eben nicht alleine am Straßenverkehr teilnehmen (schließlich muß hin und wieder eine Fahrbahn auch ausserhalb einer Ampel gequert werden). Und sobald sie alt genug sind, lernen sie von Gleichaltrigen ohnehin als erstes, dass eine rote Ampel nur empfehlende Funktion hat. Was ist da wohl wichtiger: Sich auf die Farbe des Signalgebers zu verlassen oder sich über das frei sein der Fahrbahn zu vergewissern?

    *themaabstaub*

    Schöner Kommentar von Michael Herl in der Frankfurter Rundschau:
    Regeln für Großstädter

    Wie recht er doch hat! Und in der Kommentarspalte geifert wieder die Law-and-Order-Fraktion. Da hält man brav an jeder Ampel an und bringt seiner Tochter mühsam bei, eine lustige Salatschüssel aufzusetzen und dann sagt der pöhse Rundschaukommentator einfach, man könne bei Rot fahren :evil:

    Die katastrophale, das Gehwegradeln provozierende Radverkehrsführung auf der Mainzer Landstraße hat ein Opfer gefordert:

    Zwölfjährige bei Unfall schwer verletzt

    Für Ortsunkundige: Stadteinwärts wird der Radverkehr auf einem viel zu schmalen Geh-/Radweg geführt, der an der Sondershausenstraße abrupt endet und auf die Fahrbahn führt. Kurz darauf zwingt ein blauer Lolli an der Rebstöcker Straße wieder auf das enge Hochbord, bevor es keine 300m weiter an der Lidl-Einfahrt wieder zurück auf die Fahrbahn geht. Und ein paar Meter weiter beginnt das Spiel von vorn: An der Kriegkstraße ab auf die benutzungspflichtige Holperpiste, an der Galluswarte wieder auf die Fahrbahn.
    Die meisten Radfahrer überbrücken die Abschnitte zwischen den Radwegen natürlich durch Gehwegradeln, und genau so muss es zu dem Unfall gekommen sein. Die Strecke steht ganz oben auf der Prioritätenliste des ADFC zur Aufhebung der Benutzungspflicht, getan hat sich bisher nichts.

    CM scheint ein cooles Event zu sein für viele Hamburger, bei dem sich ein großes Teil nicht unbedingt Gedanken macht zum Radverkehr. Es geht für viele Telnehmer offenbar um Spaß, Bier trinken, Geselligkeit, weniger um eine "Demo für besseren Stadtverkehr".

    Würde ich, ergänzt noch um "selbstgebaute und exotische Fahrräder präsentieren und bewundern", auch für die Frankfurter CM unterschreiben. Aber mal ganz ehrlich: Mit der Forderung "RWBP abschaffen, Fahrbahnradeln fördern" erreichst Du als Zielgruppe nur eine Handvoll Leute und bekommst vermutlich nichtmal die erforderlichen 16 Radler zusammen. Spaß haben, Party machen zieht viel mehr. Wenn davon ein paar Leute anfangen, sich Gedanken um korrektes Verhalten im Straßenverkehr zu machen, ist das doch ein positiver Nebeneffekt.

    stelle ich fest, dass Radfahrer ein sehr desorganisiertes Völkchen sind! Warum bilden sie nicht spontan Radfahrer-Gruppen in solchen Grossstädten und fahren sie nicht systematisch als Gruppe auf der Fahrbahn in Stadtkernen mit so hohem Radverkehraufkommen?


    Gibts in Ffm schon seit 1998. Treffpunkt jeden ersten Sonntag im Monat um 14:00 Uhr oder den darauffolgenden Freitag um 19:00 Uhr vor der Alten Oper. Immer ein buntes, lustiges Völkchen, aber das Tempo ist eher Fußgängerniveau.

    Jetzt muß der Sprecher nur noch Deutsch lernen.

    Nein, das stimmt nicht. Schau Dir mal die Ampeln am Übergang der Europa-Allee in die Pariser Straße an. Grün für Radfahrer gibt es nur auf Anforderung, trotz Radfurt


    Die sind mir bisher nur als reine Fußgängerampeln aufgefallen; für Radfahrer macht die Querung im Moment noch wenig Sinn. Die Kreuzung/Ampel muss nach Fertigstellung des Europagartentunnels eh umgestaltet werden.

    aber nicht auf diese Art und Weise mit permanenten sich bedanken für Selbstverständlichkeiten (und dann auch noch die Blumenfee spielen und Konfetti durch die Luft werfen... ).


    Vielleicht hab ich's falsch verstanden, aber ich hatte den Eindruck, der Radfahrer bedankt sich ironischerweise für's Nicht-Rücksichtnehmen (Autofahrer, der ihn als Fußgänger nicht vorbeilässt, Fußgänger, die auf dem Radweg laufen) um bei den Leuten einen Denkprozess in Gang zu setzen.
    Die Kommentare bei YT ("Die Radfahrer kommen viel zu gut weg...") sprechen wieder für sich. Aber das Respektieren von Zebrastreifen scheint bei Frankfurter Radlern nicht sehr ausgeprägt zu sein. Jedenfalls ernte ich oft überraschte Blicke oder überschwengliches Bedanken, wenn ich bei am Straßenrand stehenden Fußgängern anhalte. Konfetti und Blumen sind bisher aber ausgeblieben.
    Kampfradler: Zugegeben, das Straßenverkehrsamt könnte mehr machen, sei's bei der Aufhebung der RWBP oder bei den Ampelschaltungen (wobei ich da eher Busse und Straba statt der Radfahrer diskriminiert sehe), aber den Vorwurf der Bettelampeln kann man ihnen in Ffm nicht machen. Zumindest im Stadtbereich sind alle Ampeln mit Radfurten in Festumläufe geschaltet.

    Und alles, damit das Halteverbotsschild untergebracht werden kann ...


    Und hätte man das Halteverbotsschild einfach an die Stelle des "getrennter Rad-/Gehweg Ende"-Schildes gesetzt, wäre der ganze Unsinn überflüssig gewesen. Aber Baustellenbeschilderungen bieten immer wieder Gelegenheit zum Kopfschütteln.

    Heute hat das Straßenverkehrsamt ein Video zum Thema "Rücksichtnahme" online gestellt:
    Deine Stadt. Deine Entscheidung
    Eigentlich traurig, dass man solche Selbstverständlichkeiten wie am Zebrastreifen Fußgängern Vorrang gewähren oder nicht auf dem Radweg (man hat den tollen Kaiserstraßen-Zeirichtungsradweg für den Film ausgewählt) laufen extra erwähnen muß.

    Kann mich mal jemand aufklären, was an dem Artikel in der Bild so schlecht ist?

    Wenn die Politik davon redet, dass immer mehr aufs Fahrrad umsteigen, finde ich es schon interessant, dass die Zulassungszahlen beim Auto weiterhin steigen. Soweit finde ich den Artikel eigentlich sachlich.


    Erstens dürfte nicht nur die Zahl der Autos, sondern auch die Bewohnerzahl von 2007 bis 2013 gestiegen sein. Zweitens ist zwar von "privaten Pkw" die Rede, aber ich bezweifle dass Dienst- und Firmen-Pkw extra aus der Statistik herausgerechnet wurden (oder weiß da wer mehr?). Konkret sagen die Zahlen also nicht aus, ob die Zahl der Haushalte mit eigenem Pkw zu- oder abgenommen hat. Tendenziell vermute ich bei Innenstadt und innenstadtnahen Wohngebieten eher letzteres.
    Und die Aussagen von Oldtimerfans und Autobastlern als "repräsentativ" für den Durchschnittsautofahrer darzustellen ist genauso platt wie Fahrradbastler oder Ökos ("ich fahre Rad um das Klima und die Welt zu retten!") als "typischen Radfahrer" zu präsentieren.

    Ich vermute und befürchte, dass in dieser Karte nur die Spitze des Eisbergs dargestellt ist.

    Einmal das, zum zweiten sind viele Mängel ziemlich subjektiv. Etwa "freilaufende Hunde" an der Nidda oder das "Fehlen" von Radwegen auf der Mainzer Landstraße oder zwischen Friedensbrücke, Basler Platz und Hauptbahnhof. Wenn nicht gerade dicker Stau ist kommt man mM. nach an diesen Stellen auf der Fahrbahn wunderbar voran.

    Heute habe ich mir die neue Radverkehrsführung an der Untermainbrücke angesehen. Für geduldige Radfahrer gibt es damit eine neue Direktverbindung (Innenstadt-)Hauptwache - Willy-Brandt-Platz - Schweizer Platz (-Sachsenhausen).

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    Am Roßmarkt fädelt man sich vom Radstreifen in den Zweirichtungsradweg Kaiserstraße ein. An Samstagnachmittagen ein Spießrutenlaufen um Fußgänger, die den nur durch andersfarbige Pflasterung abgesetzten Radweg kaum erkennen und der zahlreichen Außengastronomie ausweichen müssen. Heute musste ich dort nur einen gedankenversunkenen Sackkarrenschieber, der mir direkt ins Fahrrad lief, wachklingeln.

    Dann kommt die große Kreuzung am Willy-Brandt-Platz. Bei ordnungsgemäßer Querung erfordert sie viel Geduld; es müssen nämlich drei einzelne Grünphasen (über die Weißfrauenstraße, die Neue Mainzer Straße und über die Straßenbahnschienen) abgewartet werden.

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    Dann folgt diese unscheinbare Passage entlang des Schauspielhauses an der Neuen Mainzer Straße. Kein Fahrradsymbol und kein Blauschild; nur die abweichende Farbe der Gehwegplatten weist kundige Radler auf die Radwegfunktion hin.

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    Keine 100m weiter stehen wir wieder vor einer roten Ampel und können die neu angelegte Fahrradfurt über die Hofstraße bewundern.

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    Wenn es grün wird und wir gaaanz langsam auf den neuen Radweg fahren, schaffen wir es sogar ohne Halt die kurze Grünphase der neuen Fahrradampel abzupassen, die uns im 45°-Winkel über die Hofstraße auf den Radweg der Untermainbrücke leitet.

    Mein Fazit: Eigentlich eine gute Idee, nur die endlosen Ampelwartezeiten (vor allem an der WBP-Kreuzung) und der nicht mehr zeitgemäße Zweirichtungsradweg Kaiserstraße/Friedensstraße machen die Verbindung sehr langsam und damit für "tempoorientierte" Radfahrer unattraktiv.

    Meinst Du? Aus meiner Perspektive betrachtet (Autofrei, überzeugter Radfahrer und ÖPNV-Nutzer) sehe ich sowohl Gleisanlagen als auch Straßen eher neutral. D. h. ich habe weder beim einen noch beim anderen den Eindruck, sie würden Städte bzw. Stadtteile zerschneiden. Sie sind halt da und erfüllen ihren Zweck.


    Meiner Erfahrung nach ja. Beispiel: Die oberirdische Führung der U5 auf der Europaallee. In diesem Forum ein Riesengezeter über die Trennungswirkung und die Verschandelung eines ganzen Stadtteils durch Trasse und Tunnelrampe, aber die zerschneidende Wirkung einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße mit Alibi-Grünstreifen und häßlicher Tunnelrampe zur Skylineplaza-TG wird klaglos hingenommen. Das Lärm- Argument gehört für mich in dieselbe Kategorie "Messen mit zweierlei Maß".
    Mit dem Radverkehr ist's nicht anders. Tempolimits und Halteverbote zu ignorieren ist für den autozentrierten Durchschnittsbürger ein verzeihliches Kavaliersdelikt, aber bei Rotlichtverstößen durch Radler oder Fahren ohne Licht droht der Untergang des Abendlandes.

    Jedoch scheint es, als wenn häufig nur Schienen bzw. Gleiskörper als "zerschneidend" angesehen werden und Straßen weniger. Ob das wohl damit zusammenhängt, dass sich eine Straße aufgrund des ebenen Baus auch abseits von Ampeln und Überwegen relativ leicht überqueren lässt, während das bei Schienen schon etwas schwieriger sein kann?


    Das hängt mM. eher damit zusammen dass immer noch viele Menschen Autofahrspuren als gottgebenen Segen für Fortschritt und Mobilität, Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel dagegen als störendes Ärgernis wahrnehmen. Eine vier- bis sechsspurige Straße im Berufsverkehr ausserhalb ampelgeregelter Überwege zu queren ist gegenüber der Querung einer im 10-Minutentakt befahrenen Stadtbahnstrecke eher als Mutprobe geeignet.
    Und wer sich am Drehstrompfeifen einer anfahrenden Stadtbahn stört, dem wünsche ich neben einer Bushaltestelle mit anfahrenden Gelenkbussen eine angenehme Nachtruhe ;)

    Allerdings zerschneidet so eine Straßenbahn wirklich die Stadt


    Bei den Stadtbahnen der 60er bis 80er Jahre war es wirklich so, da baute man ohne Rücksicht auf das Stadtbild regelrechte Eisenbahnstrecken mit Zäunen und Hochbahnsteigen in die Straßenmitte, etwa die Eschersheimer Landstraße in Ffm, aber auch aus Köln und Stuttgart gibts entsprechende Beispiele.

    Moderne Stadtbahnen wie die von Forumteilnehmer erwähnte Tram Paris sind niederflurig und werden mit Rasengleisen oder aufgepflasterten Trassen unabhängig vom Kfz-Verkehr geführt, ohne die Stadtviertel zu zerschneiden. Ein paar Beispiele von der 2012 eröffneten Linie T3, die die Ring-Boulevards um Paris befährt:


    An der Stelle im letzten Bild befand sich vor dem Stadtbahnbau ein riesiges Straßenkreuzungsbauwerk mit Tunnels. Man hat die Fahrbahnen zugunsten der Bahn massiv zurückgebaut. Es fahren tagsüber 42m lange Züge im Dreiminutentakt, die täglich etwa 120.000 Fahrgäste befördern. Das ist das Aufkommen so mancher U-Bahnlinie und könnte mit Doppelgelenkbussen niemals bewältigt werden, von der zerschneidenden Wirkung von Busspuren ganz zu schweigen.

    Bei allem Lob für die Pariser Straßenbahn - der Radverkehr hat vom Bau wenig profitiert. Zwar gibt es an jeder Haltestelle neue Vélib-Stationen, aber die Busspuren, die man früher für schnelles Vorankommen nutzen konnte, sind verschwunden und dafür enge Gehwegradwege entstanden, die einmal gerne zugeparkt werden


    zum zweiten alle paar 100m ampelgeregelt die Fahrbahnseite wechseln um dann einseitig kurz als Zweirichtungsradweg geführt zu werden, dann wieder einseitig fahrbahnbegleitend werden.

    Das sieht zwar optisch schön aus (was den Franzosen bei ihren Verkehrsanlagen sehr wichtig ist), ist für zügiges Vorankommen aber gänzlich ungeeignet und schlecht durchdacht. Zum Glück an den meisten Stellen nicht benutzungspflichtig.