Wildunfälle - auch für Fahrradfahrer ein Thema?

  • "Seit Jahren sterben in Niedersachsen Tag für Tag rund 70 Rehe im Straßenverkehr. Was kann dagegen helfen?", so lautet die Bildunterschrift unter dem Bild von einem toten Reh, das in der Nordwest-Zeitung veröffentlicht wurde. " Wildunfälle 2019: 260.000 Rehe sterben auf Niedersachsens Straßen, von Matthias Brunnert, NWZ-online vom 12.1.2020

    https://www.nwzonline.de/blaulicht/hann…3957614746.html

    Ganz klar: Die Antwort muss lauten: Auto stehen lassen und mehr Rad fahren! Allerdings muss ich gestehen, dass ich auch schon mehrfach kurz davor war Kaninchen zu überfahren, die ganz urplötzlich aus dem dichten Gras über den Radweg hoppelten. Und einmal wäre mir beinahe eine Eule zum Verhängnis geworden, die mir frühmorgens auf einer abschüssigen Landstraße beinahe ins Vorderrad geflogen wäre.

    260.000 Rehe, dazu 2000 Wildschweine, gut 1100 Dam- und Rothirsche sowie Tausende Hasen, Kaninchen, Füchse und Dachse werden laut dem verlinkten Bericht alleine in Niedersachsen jedes Jahr Opfer des immer weiter zunehmenden und sich immer stärker beschleunigenden Autoverkehrs. "Der beste Schutz gegen Wildunfälle," so die ADAC-Sprecherin Alexandra Kruse

    "seien angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. „Wer Tempo 80 statt 100 fährt, reduziert den Bremsweg um 25 Meter und reduziert im Fall eines Wildwechsels die Unfallschwere.“":

    Schade nur, dass Aufrufe zur Temporeduktion vom ADAC nur selten zu vernehmen sind. Und wenn überhaupt, dann nur als Ratschlag für das persönlich Autofahrerverhalten. Ich sehe in der Häufigkeit der Wildunfälle einen eindeutigen Hinweis zu deutlich geringeren Tempolimits auf allen Straßen, nicht nur auf der Autobahn, sondern gerade auch auf Landstraßen. Aber da habe ich den ADAC wohl nicht auf meiner Seite.

    Um nicht missverstanden zu werden: Solche Fahrzeug-Aufkleber https://www.pfotenshop.ch/images/product…r-tiere%201.jpg oder solche https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/61n5nFezy4L._SX466_.jpg

    halte ich für gefährlichen Unfug! Denn sie könnten einen Autofahrer dazu verleiten gegebenenfalls gefährliche Fahrmannöver einzuleiten, die über das Abbremsen hinaus gehen. Denn eines ist klar: Bei einem drohenden Zusammenstoß des Fahrzeuges mit einem Hasen oder einer Katze, aber auch mit einem größeren Tier, wie ein Reh oder ein Wildschwein gilt:

    "Wenn der Zusammenstoß nicht zu vermeiden ist, auf keinen Fall ausweichen. Die Gefahren für Sie selbst (z.B. durch Baumaufprall) und den Gegenverkehr sind bei Ausweichmanövern in der Regel höher als der Zusammenstoß mit dem Wild. Bremsen Sie möglichst stark ab und halten Sie das Lenkrad gut fest."

    https://www.adac.de/verkehr/verkeh…e/wildunfaelle/

    Und da kann ich mich den ADAC-Empfehlungen nur anschließen! Trotz der schier unüberschaubaren Flut von Aufklebern (siehe Beispiele oben), nehme ich mal an, dass die übergroße Mehrheit der Autolenker diese unbedingt Ernst zu nehmende Verhaltensempfehlung des ADAC beherzigen!

    Aber darüber hinaus gibt der ADAC weitere Empfehlungen, bei denen ich mir nicht so sicher bin, dass sie stets beherzigt werden:

    • Auch ohne Verletzte, muss immer die Polizei unter der Rufnummer 110 verständigt werden. Geben Sie auch Ihren genauen Standort durch. In vielen Bundesländern muss bei einem Wildunfall zusätzlich noch ein Jäger informiert werden. Bitten Sie darum, dass Ihnen der Jäger eine Wildschadenbescheinigung aushändigt.
    • Wenn möglich, das tote Tier an den Randstreifen ziehen, damit keine Folgeunfälle passieren. Wegen eventueller Tollwutgefahr aber nicht mit bloßen Händen anfassen (Handschuhe!)
    • Verletzte Tiere nicht anfassen, da sie sich wehren könnten.
    • Warten Sie am Unfallort, bzw. in sicherer Entfernung bis Polizei oder Jäger da sind.

    Wichtig: Das angefahrene Wild darf vom Unfallort nicht entfernt werden, sonst droht eine Anzeige wegen Wilderei. Das kann eine saftige Strafe nach sich ziehen. Dasselbe gilt auch für die Mitnahme verendeter Tiere für den eigenen Verzehr. Das darf nur der Jagdpächter."

    Und ich muss selbst an dieser Stelle gestehen: Ich weiß nicht, ob ich im Falle eines Wildunfalles in Niedersachsen verpflichtet bin, nicht nur die Polizei sondern auch den Jäger anzurufen.

    Aber wie verhält man sich eigentlich als Radfahrer richtig im Falle eines unmittelbar drohenden Wildunfalles? Mit dem Auto einen Keiler rammen, das mag zwar Blechschäden verursachen, aber mit dem Fahrrad kann man das sicher nicht empfehlen.

  • Mal abgesehen davon, dass es völlig theoretischer Natur ist, wie ein Autofahrer sich verhalten soll, denn wer schon mal ein Reh oder ein Wildschwein vor dem Auto hatte, verhält sich meistens nicht rational, sondern nach Reflex und dass ist sehr unterschiedlich. Meist auch bei Hasen und anderem Kleinvieh.

    Da ich ja als Landei schon Auswirkungen gesehen habe, die ein Schwein oder ein Rotwild an einem KFZ und dessen Insassen hinterlassen kann, rate ich auf jeden Fall zu einer Voll-Bremsung, mit und ohne Aufkleber hinten dran.

    Beim Radfahren sicher kein sehr problematisches Thema, aber wer über Land fährt muss nicht nur mit Hasen und Katzen rechnen, sondern auch mit größeren Tieren. Bei uns im Landkreis gab es die letzten zehn Jahre zumindest 2 Fälle, die es immerhin in den Lokalteil geschafft haben, wo Radfahrer mit Rotwild zusammengestoßen sind. Mir selber ist mal Abends ein kleiner Bock an einem Abhang zur Straße hin in Kopfhöhe vorbeigesegelt und ich habe öfter mal Begegnungen mit Rotwild und Wildschweinen, bis jetzt aber ohne direkten Kontakt, außer einer Eule, die mir mal gegen den Helm geflogen ist, wobei das wohl Absicht von Ihr war, denke ich. Selber habe ich mal eine Maus überfahren :(

    Vor allem in Maisfeldern kann man diese, also die Schweine, nachts hören, wenn man selber nicht zu sehr schnauft. Und Hasen, die wild im Zickzack auf dem Geh/Radweg vor einem flüchten sind eher der Normalfall.


    Licht ist auf jeden Fall nicht unwichtig, neben Autoteilen, abgestellten Hängern und anderm Gerät kann durchaus auch mal ein totes Tier auf der Fahrbahn / im Weg liegen.

    Mal abgesehen von Vögeln, die oft aufsteigen, wenn Radler unterwegs sind, nehmen einen Tiere sehr spät wahr, wenn überhaupt. Das heißt man kommt sich sehr nah, und das ist eben nicht immer gut.

  • Mal abgesehen davon, dass es völlig theoretischer Natur ist, wie ein Autofahrer sich verhalten soll, denn wer schon mal ein Reh oder ein Wildschwein vor dem Auto hatte, verhält sich meistens nicht rational, sondern nach Reflex und dass ist sehr unterschiedlich. Meist auch bei Hasen und anderem Kleinvieh.

    Da ich ja als Landei schon Auswirkungen gesehen habe, die ein Schwein oder ein Rotwild an einem KFZ und dessen Insassen hinterlassen kann, rate ich auf jeden Fall zu einer Voll-Bremsung, mit und ohne Aufkleber hinten dran.

    Die meisten Autos haben doch heutzutage ein Antiblockiersystem, das verhindert, dass der Wagen zum Beispiel beim Durchfahren einer Kurve gerade aus von der Straße rutscht, wenn der Fahrer eine Vollbremsung macht, weil ihm zum Beispiel gerade in dieser Kurve ein Reh oder ein anderes Tier vors Auto läuft. Mit einem solchen Aniblockiersystem dürfte es doch eigentlich kein Problem sein eine Vollbremsung hinzulegen, so dass die ADFC-Empfehlung, "Bremsen Sie möglichst stark ab" ein bisschen unklar bleibt. Das Antiblockiersystem ermöglicht doch bei der Vollbremsung genau dieses vom ADAC geforderte "Bremsen Sie möglichst stark ab". Inzwischen haben ja auch Motorräder und vereinzelt auch Fahrräder Bremsen mit einem Antiblockiersystem.

  • Nein, muss man wohl nicht. War trotzdem nicht schön, musste ich erschlagen, weil sie noch gelebt hat, aber wohl schwer verletzt, konnte nicht mehr laufen.

    Hab das Hinterrad nicht mehr hochbekommen, als sie versucht hat zwischen den Rädern durchzulaufen. Hätte schon gedacht, dass das eine Maus schadlos überstehen könnte.

    Weiß auch nicht, ob der Jäger oder die Polizei die Maus vor Ort erschossen hätten.

  • Patrick und ich wurden mal vor anderthalb Jahren von einem Reh beinahe erwischt, das erst zu unserer Freude neben uns rannte, dann aber zu unserem Missfallen plötzlich die Fahrbahn überquerte. Ansonsten ist mir bis auf Hasen oder Vögeln, für die ich natürlich rechtzeitig bremse, nichts in die Quere geraten.

  • Meine gefährlichste Wildbegegnung war mit einem Fuchsjungen. Mutter bereits überfahren, zwei oder drei "Welpen" neben der Straße. Der Kleine ist genau auf mein Vorderrad zugerannt als gerade ein Fahrzeug entgegen kam. Ausweichen war nicht, ich sag mich bereits über den kleinen Fuchs stürzen.

    Was Tiere allerdings hervortragend können ist reagieren. Ich sah mich fliegen und sagte relativ intensiv "Scheiße". Das war aber genug, dass der Füchsling zurück gezuckt ist und in die andere Richtung entfleucht ist. Statt "sofort anhalten" würde ich daher zu einer Lautmeldung raten. Red mit dem Viech. Dann flüchtet es schon. Radfahrer kann das gemeine Reh halt nicht einschätzen.

  • Ich habe als kleiner Junge einmal einen Spatz zwischen die Speichen bekommen. Ich bin schockiert mit flauem Magen zu Mama nach Hause und habe mich trösten lassen.

    Das Schlimmste: Seine "Freunde" sind zu ihm geflogen, als er am Boden lag.

    Ich war mental nicht in der Lage, ihm zu helfen. Muss 35 bis 40 Jahre her sein.

    Als Motorradfahrer hatte ich schon Fast-Kollisionen, als Autofahrer auch. Ersteres kann für beide wirklich übel ausgehen.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Der Jagdverband zeigt auch schön, dass Verkehrszeichen eher nicht so wirklich bekannt sind. Schon spannend, dass so ein Reh nur in einem eng begrenzten Geschwindigkeitsbereich überlebt. Mindestens 80 km/h, aber nicht mehr als 100 km/h.

  • Als "Stadtradler" habe ich hauptsächlich Begegnungen mit Tauben die immer bis zum letzten Moment sitzenbleiben um dann den denkbar ungünstigsten Fluchtweg zum wegflattern zu nutzen. Hin und wieder muss ich auch mal den Kopf einziehen um eine Kollision zu vermeiden.

  • Als "Stadtradler" habe ich hauptsächlich Begegnungen mit Tauben die immer bis zum letzten Moment sitzenbleiben um dann den denkbar ungünstigsten Fluchtweg zum wegflattern zu nutzen. Hin und wieder muss ich auch mal den Kopf einziehen um eine Kollision zu vermeiden.

    Das erlebe ich fast jedes Mal, wenn ich auf den S-Bahnsteig im UG des Bahnhofs Altona trete.

  • Der Jagdverband zeigt auch schön, dass Verkehrszeichen eher nicht so wirklich bekannt sind. Schon spannend, dass so ein Reh nur in einem eng begrenzten Geschwindigkeitsbereich überlebt. Mindestens 80 km/h, aber nicht mehr als 100 km/h.

    Ich habe an der Stelle noch mal ein bisschen genauer nachgeschaut: "Wildunfall ab 80 wird's gefährlich"

    "Bis Tempo 80 kann ein Autofahrer sein Fahrzeug rechtzeitig zum Stehen bringen, wenn in 60 Meter Entfernung plötzlich ein Wildtier auf die Straße springt."
    Diesen pdf-Flyer: https://www.jagdverband.de/sites/default/…igkeit%20FV.pdf ,

    kann man unter dem hier angegbenen Link dann auch vergrößern, so dass dann die angegebenen Strecken besser zu lesen sind:

    Bei Tempo 60 wird ein Anhalteweg von 35,2 m angegeben.

    Bei Tempo 80 wird ein Anhalteweg von 55,1 m angegeben.

    Bei Tempo 100 wird ein Anhalteweg von 79,2 m angegeben.

    Bei Tempo 110 wird ein Anhalteweg von 92,8 m angegeben.

    Die Werte mit der Pi-mal-Daumen-Anhaltewegformel ausgerechnet ergeben:

    Bei Tempo 60 sind das 6x3+6x6=54 m Bei Gefahrenbremsung 6x3+6x6/2=36 m

    Bei Tempo 110 sind das 11x3+11x11=144 m Bei Gefahrenbremsung 11x3+11x11/2=93,5 m.

    Diese Angaben aus dem Flyer sind also zutreffend.