Neue Regelungen für S-Pedelecs

  • Aber für die weniger sportlichen, die wie in dem Video mit maximal bis zu 15 km/h unterwegs sind, würde dann vielleicht gar nichts mehr gemacht werden, weil sich dann die Verkehrsplaner sagen, es ist ja niemand gezwungen, den schmalen und holprigen Radweg zu benutzen. Und für die paar langsamen Radfahrer, die es trotzdem tun, brauchen wir den nicht breiter und glatter zu gestalten.

    Oder gerade dann ist man bemüht, vernünftige Radwege zu bauen, damit die Leute sie freiwillig benutzen. Zwingen kann man sie dann ja nicht mehr.

  • Oder gerade dann ist man bemüht, vernünftige Radwege zu bauen, damit die Leute sie freiwillig benutzen. Zwingen kann man sie dann ja nicht mehr.

    Dieser "Zwang" kommt ja nicht von der Polizei... :evil:

    Dass die Aufhebung der Benutzungspflicht zur Vernachlässigung der Radwege führen würde, ist ein gerne angebrachtes Argument von Hardcore-Radwegefans. Das ist aber bloß ein Trugschluss, der auf dem Phänomen basiert, dass es Entschilderungen von Hochbordwegen bislang quasi nur auf verkehrsarmen Nebenstrecken gegeben hat, wo entsprechend verwahrloste Wege existierten. In der Hauptsache handelt es sich dabei entweder um normale Bürgersteige ganz ohne Baumaßnahme oder aber um die in den 80er Jahren quick&dirty eingerichteten rot-grauen Plasterstreifen. Die bisher noch beschilderten Strecken dieser Kategorie sehen AFAICS exakt genau so aus wie die mittlerweile wahlfreien Wege woanders.

  • Oder gerade dann ist man bemüht, vernünftige Radwege zu bauen, damit die Leute sie freiwillig benutzen. Zwingen kann man sie dann ja nicht mehr.

    Dann würde die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht den Bau richtig gut ausgebauter Fahrradwege also begünstigen und beschleunigen?

    Ich bin mir da nicht so sicher, ob das tatsächlich eintreten würde.

    Umgekehrt verspreche ich mir auch keine allzu großen Effekte für einen gelungenen Radwegebau durch das Festhalten an der Radwegbenutzungspflicht.

    Aber eine Freigabe der Fahrradwege für S-Pedelecs würde auch nicht dazu beitragen, dass Fahrradwege dann breiter und besser gebaut würden.

    S-Pedelecs gehören wie Fahrräder auf die Fahrbahn. Bei S-Pedelecs verpflichtend, bei Fahrrädern, wer es sich zutraut, besonders wer es sich unter den gegenwärtig vielfach gegebenen Rahmenbedingungen (starke Dominanz schnell fahrender (oft unerlaubt zu schnell fahrender) Autos zutraut. Für viele Menschen aber ist das Vorhandensein einer Radwege-Infrastruktur ein wichtiges Argument dafür, das Rad zu benutzen. Diese Radwege-Infrastruktur wird aber nicht dadurch besser, dass man S-Pedelecs darauf zulässt, den Bestand aber nicht deutlich verbessert.

  • S-Pedelecs ermöglichen es, mit einem äußerlich Fahrrad-ähnlichen Fahrzeug ganz legal die Fahrbahn zu benutzen. Viele Fahrradfahrer*innen möchten gern auf der Fahrbahn fahren, dürfen es aber wegen der Fahrradweg-Benutzungspflicht nicht, wenn ein benutzungspflichtiger Fahrradweg vorhanden ist. Der Speed-Pedelec-Fahrer in diesem Video will aber gar nicht so gerne auf der Fahrbahn fahren, sondern würde lieber den Fahrradweg benutzen. Er wünscht sich die Freigabe der Fahrradwege für Speed-Pedelecs:

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    In dem Film wird auf die Schweiz verwiesen, wo Speed-Pededelec-Fahrer*innen auch Fahrradwege benutzen dürfen. Allerdings habe ich hier gelesen:

    https://www.veloplus.ch/kompetenz/e-bi…-verkehrsregeln (abgerufen am 23.4.24)

    "In unseren Nachbarsländern Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich dürfen schnelle E-Bikes nicht auf Velowegen fahren. In der Schweiz hingegen ist dies Pflicht und alle E-Bikes müssen den Veloweg benutzen.

    Das wird in dem oben verlinkten Film nicht erwähnt. Vielmehr wird so getan, als sei die Schweiz ein Hort der Freiheit, in der Speed-Pedelec-Fahrer mehr Rechte haben als in Deutschland.

    Merkwürdig finde ich in dem Film auch, dass der Speed-Pedelec-Fahrer an sehr vielen Stellen beklagt, dass er als Speed-Pedelec-Fahrer für den Autoverkehr ein Verkehrshindernis darstellt, z. B. in Minute 3:40 oder in Minute 7:15. Vielleicht erwähnt er deshalb nicht die Radwegbenutzungspflicht in der Schweiz? In Minute 9:30 sagt er nur, dass die Schweizer andere Verkehrsregeln haben, geht aber nicht genauer darauf ein. Es wird nur so viel deutlich, dass er es begrüßt, dass es in der Schweiz kein Fahrradweg-Verbot für Speed-Pedelecs gibt. Aber er sagt nichts dazu, dass in der Schweiz die Fahrradweg-Benutzungspflicht auch für Speed-Pedelecs gilt.

  • Ich frage mich, ob sich der S-Pedelec-Fahrer erst nach dem Kauf seines Fahrzeugs über die einschlägigen Regeln für seine Fahrzeugart informiert hat und deswegen so überrascht tut. Und ob er denn auch genauso argumentieren würde, wenn er sich z. B. ein Verbrenner-Kleinkraftrad gekauft hätte, welches in etwa die selbe Endgeschwindigkeit hat.

  • Ich meine, das Thema ist doch echt durchgekaut. Solange man in Deutschland meint, alles was halbwegs breit aussieht mit einem VZ 240 verzieren zu müssen, solange haben S-Pedelecs auf diesen Wegen nix verloren.

  • Ich frage mich, ob sich der S-Pedelec-Fahrer erst nach dem Kauf seines Fahrzeugs über die einschlägigen Regeln für seine Fahrzeugart informiert hat und deswegen so überrascht tut. Und ob er denn auch genauso argumentieren würde, wenn er sich z. B. ein Verbrenner-Kleinkraftrad gekauft hätte, welches in etwa die selbe Endgeschwindigkeit hat.

    Bei Minute 16:55 berichtet der Protagonist, dass er das Speed-Pedelec nur ausgeliehen hatte, um es zu testen. Also den Vorwurf, dass er sich ein Speed-Pedelec gekauft hat und er sich erst nachträglich über die dafür geltenden Verkehrsregeln informiert habe, kann man ihm nicht machen.

    Noch weiter vorne im Video bei Minute 2:45 warnt er die Zuschauer sogar ausdrücklich davor, leichtfertig ein teures S-Pedelec zu kaufen, ohne sich vorher genau über die dafür geltenden Regeln informiert zu haben.

    Auch wird in dem Film deutlich, dass sich die Hauptperson bereits vor dem Ausleihen darüber informiert hat, wo er mit dem Speed-Pedelec fahren darf und wo nicht. Es kann sein, dass er den Film einfach nur so gedreht hat. Ich glaube eher nicht, dass Hersteller von Speed Pedelecs den Film finanziert haben und darüber hinaus etwas springen lassen für den Produzenten. Oder dass er selbst in der Branche arbeitet und sich höhere Profite erhofft, wenn Speed Pedelecs für Radwege zugelassen werden. Aber ganz auszuschließen ist das auch nicht.

    Jedenfalls hält der Protagonist am Ende des Films, wenn er wieder mit seinem Bio-Bike auf den schönen Fahrradwegen unterwegs ist, wo er mit dem Speed-Pedelec nicht fahren durfte, eine flammende Rede an den Gesetzgeber, dass der doch bitteschön die Speed-Pedelecs auch für Radwege zulassen möge.

    Jetzt im Nachgang fällt mir noch eine Bemerkung auf, die der YouTube-Filmer ziemlich am Anfang, bei Minute 3:22, macht: Da lobt er die Schweiz dafür, dass dort eine andere Gesetzgebung als in Deutschland gilt und dass dort doppelt so viele S-Pedelecs verkauft würden als in Deutschland.

  • Ich meine, das Thema ist doch echt durchgekaut. Solange man in Deutschland meint, alles was halbwegs breit aussieht mit einem VZ 240 verzieren zu müssen, solange haben S-Pedelecs auf diesen Wegen nix verloren.

    Sie haben auch dann da nichts verloren, wenn die Fahrradwege breit gebaut sind. Denn die mit dem Speed-Pedelec ohne Mühe erreichbaren Geschwindigkeiten sind einfach zu hoch, sodass viele Menschen, davon abgeschreckt werden, das Fahrrad zu benutzen, wenn auf Fahrradwegen immer mehr Menschen mit S-Pedelecs unterwegs wären, sodass die Radverkehrsgeschwindigkeit auf den Fahrradwegen sehr stark zunehmen würde.

    Eigentlich ist diese Gefahr einer unerwünschten Steigerung der Radverkehrsgeschwindigkeit schon beim normalen Pedelec mit Tretunterstützung bis 25 km/h gegeben. Deshalb hatte ich ja an anderer Stelle bereits gesagt, dass ich mir auch eine niedrigere Geschwindigkeitsgrenze bei Pedelecs vorstellen kann, bei der die Tretunterstützung abschaltet.

    Das Problem ist halt, dass es im Autoland fast immer nur um schneller, mehr PS, stärkere Beschleunigung usw. geht. Und das färbt dann auch ab auf die Fahrrad-Mobilität-Diskussion in der Form, dass viele der Gedanke überrascht, dass eine niedrige Radverkehrsgeschwindigkeit etwas Wünschenswertes sein kann. Ist es aber, und zwar insbesondere deshalb, um mehr Menschen für das Fahrrad fahren zu gewinnen, die bisher noch gar nicht oder nur sehr wenig Fahrrad fahren!

  • Und das färbt dann auch ab auf die Fahrrad-Mobilität-Diskussion in der Form, dass viele der Gedanke überrascht, dass eine niedrige Radverkehrsgeschwindigkeit etwas Wünschenswertes sein kann. Ist es aber, und zwar insbesondere deshalb, um mehr Menschen für das Fahrrad fahren zu gewinnen, die bisher noch gar nicht oder nur sehr wenig Fahrrad fahren!

    Wir könnten ja eine allgemeine zulässige Höchstgeschwindigkeit für alle muskelgetriebenen (und dabei ggf. motorunterstützten) Fahrzeuge von 15km/h einführen, die nie und nirgends überschritten werden darf. Ihrer Logik nach müsste das dann einen regelrechten Fahrrad-Boom auslösen. :S

    Ich habe allerdings etwas Anderes gehört. Nämlich, dass vor allem dort besonders viel Fahrrad gefahren wird, wo das Fahrrad gegenüber dem Auto einen Zeitvorteil bietet.

  • warnt er die Zuschauer sogar ausdrücklich davor, leichtfertig ein teures S-Pedelec zu kaufen, ohne sich vorher genau über die dafür geltenden Regeln informiert zu haben.

    Vor Jaaaahren hatten wir beim VCD mal eine Anfrage eines Radlers, der ein S-Pedelec zum Pendeln erwägte von glaub Wörth nach Karlsruhe rein.

    Nachdem ich ihm gemailt habe, dass Radwege, Feld- und Waldwege und vieles mehr, wo man radeln darf, eigentlich verboten ist, und dass das u.a. heißt, dass man auf der sechsspurigen Rheinbrücke, unsere einzige Brücke im Umkreis, eigentlich auf der Fahrbahn fahren müsste oder sich alternativ einen feuchten Kehricht um die StVO scheren müsste (das wird auch von vielen 45er Mopeds o.ä. genau so gemacht, die man dort fast nur auf den 240er Radwegen findet ...), war er nicht mehr so ganz begeister von der Idee ...

    Wir könnten ja eine allgemeine zulässige Höchstgeschwindigkeit für alle muskelgetriebenen (und dabei ggf. motorunterstützten) Fahrzeuge von 15km/h einführen, die nie und nirgends überschritten werden darf.

    Weg mit den Alpen! Freie Sicht aufs Mittelmeer! (Funktioniert aber nur, wenn die Erde eine Scheibe ist ...)

    Und alle anderen Berge und Deiche und Brücken und Unterführungen auch einebnen! Vor allem die Deiche, die sind eh nicht zukunftsfähig ...

  • Ich meine, das Thema ist doch echt durchgekaut. Solange man in Deutschland meint, alles was halbwegs breit aussieht mit einem VZ 240 verzieren zu müssen, solange haben S-Pedelecs auf diesen Wegen nix verloren.

    Stimmt. Das ist nämlich genau so logisch wie die Forderung, alle Fahrzeuge, die schneller als 100 km/h fahren können, dürfen nurauf der Autobahn unterwegs sein. Deshalb dürfen ja auch trainierte Rennradler auf 7-kg-Carbon-Rädern keine Radwege benutzen.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Wir könnten ja eine allgemeine zulässige Höchstgeschwindigkeit für alle muskelgetriebenen (und dabei ggf. motorunterstützten) Fahrzeuge von 15km/h einführen, die nie und nirgends überschritten werden darf. Ihrer Logik nach müsste das dann einen regelrechten Fahrrad-Boom auslösen. :S

    Ich habe allerdings etwas Anderes gehört. Nämlich, dass vor allem dort besonders viel Fahrrad gefahren wird, wo das Fahrrad gegenüber dem Auto einen Zeitvorteil bietet.

    Knoflachers Bedenken in Bezug auf Pedelecs betreffen die Motorisierung.

    In dem bereits weiter oben erwähnten Interview im Mangermagazin beschreibt Knoflacher wie sein Bild einer idealen Mobilität aussieht:

    "Alle Menschen würden sich darin frei bewegen. Wir sind Zweibeiner, also würden wir gehen. Für längere Fußwege bräuchten wir zusätzlich das Fahrrad, um mit eigener Körperkraft voranzukommen. Größere Entfernungen legten wir in dieser idealen Welt nicht mit dem Auto, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück."

    Wenn alle Menschen ausschließlich in der von Knoflacher in dem Interview im Manager Magazin vom 26.2.2019 als Idealbild beschriebenen Form mobil sind, dann entfällt beispielsweise die Frage, ob ich mit einem Individualverkehrsmittel unterwegs bin, das motorisiert ist. Das gibt es nämlich in Knoflachers Idealbild nicht. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass es verboten wäre, mit einem Fahrrad 30, 40 oder 50 km/h schnell zu fahren.

    Es wären allerdings nur wenige Menschen, die deutlich höhere Geschwindigkeiten als 15 bis 20 km/h mit dem Fahrrad fahren würden. So wenige, dass die vermutlch nicht zu einem Problem werden. Im Gegensatz zum jetzigen Zustand, in dem sehr sehr viele Menschen mit dem motorisierten Individualverkehrsmittel Auto deutlich höhere Geschwindigkeiten fahren können und dazu auch noch ständig aufgefordert werden.

    Merkwürdig finde ich es, wenn Fahrradfahrer*innen so tun, als sei es ganz normal mit dem Fahrrad schneller als 25 km/h zu fahren. Häufig sind diese Fahrradfahrer*innen sogar stolz drauf, dass sie sich mit ihrem hohem Tempo abheben von der breiten Masse der anderen Fahradfahrer*innen. Gleichzeitig sagen sie aber auch, dass es doch normal sei so schnell zu fahren.

  • Ich meine, das Thema ist doch echt durchgekaut. Solange man in Deutschland meint, alles was halbwegs breit aussieht mit einem VZ 240 verzieren zu müssen, solange haben S-Pedelecs auf diesen Wegen nix verloren.

    Das Thema ist keineswegs durchgekaut. S-Pedelecs haben weder auf Fahrradwegen noch auf Fahrbahnen noch sonst irgendwo etwas zu suchen, in einem Idealbild von Mobilität entsprechend der von Knoflacher zugrunde gelegten Vorstellung, dass individuelle Mobilität an die eigene Körperkraft gebunden sein soll.

    Es mag in manchen Fällen Sinn machen, auf dem Weg zu diesem Idealbild hin auch ein Speed-Pedelec zu benutzen. sozusagen als "Zwischenlösung". Dann aber bitte in der vorgesehenen Form (d. h. Radwege sind tabu).

  • Es wären allerdings nur wenige Menschen, die deutlich höhere Geschwindigkeiten als 15 bis 20 km/h mit dem Fahrrad fahren würden.

    Warum nicht? Ich bin immer noch mit 25 oder 30 km/h schneller am Ziel als mit 15-20. Und daran ändert auch ein ÖPNV nichts, denn der bleibt auf kurzen Strecken schnarchlangsam – schlicht weil er nur in den seltensten Fällen genau jetzt, genau vor meiner Tür, genau zu meinem Ziel fährt, ohne Zwischenhalt.

  • Manche betreiben Radfahren (nebenbei auch) als Sport und/oder legen tausende Kilometer im Jahr zurück. Da liegt es nahe, das sie auch im Alltag höhere Geschwindigkeiten erreichen, als jemand, der das Fahrrad nur zum Brötchenholen benutzt und dreimal im Sommer eine Radtour macht.

    Und Art und Zustand des Rades hat natürlich auch einen Einfluss darauf. Oftmals rolle ich quasi hunderte Meter hinter jemandem her, der die ganze Zeit konstant am Treten ist.

  • Manche betreiben Radfahren (nebenbei auch) als Sport und/oder legen tausende Kilometer im Jahr zurück. Da liegt es nahe, das sie auch im Alltag höhere Geschwindigkeiten erreichen, als jemand, der das Fahrrad nur zum Brötchenholen benutzt und dreimal im Sommer eine Radtour macht.

    Und Art und Zustand des Rades hat natürlich auch einen Einfluss darauf. Oftmals rolle ich quasi hunderte Meter hinter jemandem her, der die ganze Zeit konstant am Treten ist.

    Das kann ja auch sehr schön sein, schnell Fahrrad zu sein, wenn es einem gefällt. Es gibt ja auch Leute, die gerne schnell laufen. Und ich bin mir sicher, in einer Welt ohne Autos ist es keineswegs so, dass alle Fußgänger nur ganz langsam gehen und alle Fahrradfahrer nur ganz langsam fahren. Es sind ja sehr große Verkehrsflächen vorhanden, die nicht alle umgepflügt und begrünt werden. Wie würde sich denn der Fahrradverkehr entwickeln, z. B. auf einer Landstraße ohne KFZ? Sollte ein separater Fuß- und Radweg vorhanden sein, dann könnte der komplett dem Fußverkehr gewidmet werden. Auf der Fahrbahn ist genug Platz für viele Fahrräder. Die meisten würden eher im Bereich bis 20 km/h eher außen fahren, die schnelleren innen. Hin und wieder passiert ein Bus die Fahrradfahrenden mit Tempo 60 oder ein Lieferfahrzeug, aber sowohl für ÖPNV als auch für Lieferverkehr sind Gleisverbindungen zu schaffen. (Und viele Landstraßen sind so breit, dass da immer noch genug Platz für den Rad- und Fußverkehr bliebe, wenn man ein Teil der Breite für Gleise benutzt.) Auf vielen Autobahnen könnten Eisenbahnfernverkehrsstrecken eingerichtet werden. Kurzfristig könnte man in Reisebussen dort Fernverkehr abwickeln.

    Wahrscheinlich gäbe es auch in einer Idealwelt ohne Autoverkehr und stattdessen mit ganz viel Fußverkehr, Fahrradverkehr und ÖPNV in den Verkehrsspitzen ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. Ich stelle mir als Extrem-Variante dann immer eine Fahrraddemo mit mehr als tausend Teilnehmern vor. Und überschlage, wie lange eine solche Demo wäre, wenn alle im Auto säßen. Dann sieht man, wie wenig Platz Fuß- oder Fahrradverkehr gerade in extremen Situationen benötigt, und trotzdem gut vorankommt. Und sicher könnte man auf vielen Autobahn-Streckenabschnitten Fahrradverkehrs-Spuren einrichten. (Warum den Postillion nicht beim Wort nehmen?)

    Verkehrswende: Standstreifen auf Autobahnen werden zu Radwegen umfunktioniert
    Berlin (dpo) - Die Verkehrswende erreicht das deutsche Autobahnnetz: Die bisher als Standstreifen genutzten Fahrbahnränder sämtlicher Bundesautobahnen
    www.der-postillon.com

    Der Fahrradverkehr würde allerdings weiter innen fahren. Auf dem Standstreifen wäre Platz für Fußverkehr. ;)

    Straßenbahn-Lieferverkehr gab es bereits vor mehr als 100 Jahren (und gibt es auch heute noch, heute allerdings eher selten), Eisenbahnlieferverkehr gab es sowieso schon immer. Die ersten Eisenbahnen dienten ja Lieferverkehrszwecken.

    Wenn ich mir eine solche autofreie Welt vorstelle, dann sollte die Idee jedoch besser nicht dadurch torpediert werden, dass Fahrräder daran teilnehmen, die mit Motorkraft aufgeputscht werden auf Geschwindigkeiten, die über denen liegen, die ein durchschnittlich konstituierter Mensch mit dem Fahrrad fährt. Das heißt aber doch nicht, dass alle Fahrradfahrer*innen, die aus eigener Kraft schneller fahren, eine Zwangsbremse eingebaut wird.

  • als sei es ganz normal mit dem Fahrrad schneller als 25 km/h zu fahren.

    Wenn man Jahre lang regelmäßig Fahrrad fährt. Ist es genau das. Trainingseffekt und so... Außer natürlich man fühlt sich unwohl bei Geschwindigkeiten jenseits der 15km/h. Aber das trifft auf die wenigsten Menschen zu.

  • Warum gibt es in deinem

    Idealbild von Mobilität

    ohne Motorunterstützung eigentlich wie selbstverständlich

    sehr große Verkehrsflächen

    ?

    Nur für den ÖPNV wären die doch gar nicht gebaut worden.


    Und wo im realen Leben gibt es eigentlich ideale Zustände (für irgendetweas) für die Mehrheit der Bevölkerung?

  • Eine untrainierte Person die mit etwa 6kmh zu Fuß unterwegs ist fährt mit dem Fahrrad mühelos 20kmh.

    Wenn nun die Radelnden auf 15kmh reduziert werden müssten Fußgänger auf 4kmh begrenzt werden.

    Dann stellen wir auf den Fußwegen überall Blitzer auf und alle müssen Nummernschilder vorne und hinten um den Hals tragen. Das wird bestimmt allen gefallen.

    Von Öffis bin ich seit der Berufsschule weg. Hier in Hamburg gibt es auch heute noch Verbindungen die sehr Zeitraubend sind. Führ die 15 Km zur Berufsschule dauerte es rund 90 Minuten. Also 3 Stunden Reisezeit pro Tag. In überfüllten Fahrzeugen mit vielen Verhaltensoriginellen Personen. Mit dem Fahrrad brauchte ich nur 25 Minuten. Ich fande es auch deutlich angenehmer in Bewegung zu sein als so lange rumzulungern.

    Ich bin auch gerne regelmäßig zum Oortkatener Baggersee geradelt. Für die 35 Km hatte ich einen Schnitt von 32kmh. Und hatte alles für ein Picknick dabei und ein Schlauchboot mitsammt Paddel. Diese Aktion mit Öffis? Im Leben nicht.

    Es mag ja sein das viele mit 12 bis 14 kmh auf dem Rad unterwegs sind. Aber warum müssen alle anderen das auch? Ich beherrsche das Fahrradfahren und bin damit nicht überfordert.

  • Merkwürdig finde ich es, wenn Fahrradfahrer*innen so tun, als sei es ganz normal mit dem Fahrrad schneller als 25 km/h zu fahren. Häufig sind diese Fahrradfahrer*innen sogar stolz drauf, dass sie sich mit ihrem hohem Tempo abheben von der breiten Masse der anderen Fahradfahrer*innen.

    Sie bringen immer alles durcheinander. Natürlich ist es es völlig normal, mit einem Fahrrad schneller als 25 km/h zu fahren, wenn es z.B. bergab geht. Selbst im flachen Stade kenne ich Strecken, da muss man sich einfach nur rollen lassen, um auf dieses Tempo zu kommen (jedenfalls, wenn man mit mehr als 0,7 bar Reifendruck fährt). Wer das nicht will, darf dort bremsen.

    Ein nicht geringer Teil der Radfahrenden ist in der Ebene und ohne Wind mit 20-25 km/h unterwegs, dazu zähle ich mich auch. Bergab und mit Rückenwind sind es dann eher 25-30 km/h. Und dann gibt es Viele, die mit 15-20 km/h in der Ebene fahren, also gerade einmal 5km/h langsamer. Der Durchschnitt aller Radfahrer liegt im Stadtverkehr bei etwa 18km/h, soweit ich mich an einen Bericht der UDV erinnere. Damit sind die gefahrenen Geschwindigkeiten auf gerader Strecke gemeint und nicht die Durchschnittsgeschwindigkeit über den gesamten Weg. Nur zur Info: Wenn Sie jetzt auf die Idee kommen, dass das doch ein guter Punkt sei, um die Motorunterstützung bei 18km/h abzuregeln, damit alle dem Durchschnitt entsprechen: Der Durchschnitt würde dann sinken!

    Wo ist eigentlich Ihr Problem? Warum ziehen Sie ständig Vergleiche mit Autos, die durch einen sanften Druck aufs Gaspedal in wenigen Sekunden auf 100km/h und mehr beschleunigen können? Das ist doch etwas völlig Anderes: Die kinetische Energie (0,5 * Masse * Geschwindigkeit²) eines 1500kg schweren Autos, das mit 50km/h fährt, ist 50 mal höher als die kinetische Energie eines Radfahrers (120 kg), der mit 25 km/h unterwegs ist. Für diesen Vergleich habe ich extra ein unterdurchschnittlich schweres Auto und einen überdurchschnittlich schweren Radfahrer (inkl. Pedelec) genommen. Vergleicht man einen Radfahrer mit 80kg Gesamtmasse mit einem 2,5 Tonnen schweren SUV, beträgt das Verhältnis bei den selben Geschwindigkeiten bereits 1 : 125, fährt der SUV 100km/h, ist das Verhältnis 1 : 500.

    Ich habe jedenfalls noch keine Polizeimeldung gelesen, dass ein Radfahrer "aus ungeklärter Ursache" vom Radweg abgekommen ist und eine Hauswand durchbrochen hat, oder dass ein Radfahrer von der Feuerwehr aus den Überresten seines verbogenen Fahrradrahmens mit der hydraulischen Rettungsschere befreit werden musste.

    Knoflacher würde sicherlich eine Stadt lieben, in der so gut wie keine Autos fahren, viele Menschen zu Fuß gehen und den ÖPNV nutzen, oder mit Fahrrädern und Pedelecs unterwegs sind. Sicherlich wäre ihm das deutlich lieber als eine Stadt, in der dann doch wieder viel mehr Menschen mit dem Auto fahren, weil ihnen ein normales Fahrrad zu langsam und/oder zu anstrengend ist.

    Und um ganz zufällig den Bogen zum eigentlichen Thema zu schließen: Aus meiner Sicht spielen S-Pedelecs ihren Vorteil nicht im Stadtverkehr aus, sondern eher im ländlichen Raum, um größere Strecken zurückzulegen. Eine Motorunterstützung bis 60km/h wäre hier sinnvoll, damit die S-Pedelecs nicht den Omnibus aufhalten. 8)