Ob die Autofahrerin ihn übersehen hat, weiß die Zeitung gar nicht. Vielleicht dachte die Fahrerin ja: "Heute hab ich keinen Bock zu glotzen, ich lass es einfach drauf ankommen?" Das erscheint zumindest plausibler als die Annahme, jemand hält vorsichtshalber vor der Furt an, guckt nach links und nach rechts und erkennt - durch eine plötzliche Sehschwäche verursacht - den Radfahrer nicht.
„Übersehen“ ist ein Symptom, keine Ursache.
Im übrigen ist dieses Rummäkeln der Fahrradblase an einzelnen Formulierungen in Presseberichten eine Konsequenz aus dem deutschen Verkehrsunfallstatistikgesetz, das die deutsche Polizei dazu verpflichtet, bei der Unfallaufnahme einen Schuldigen zu bennenen und dazu ein konkretes Fehlverhalten für die Statistik festzuhalten. Das gibt es so im Ausland nicht, so dass Hergang und Schuld bei Verkehrsunfällen bestenfalls erst im Einzelfall vor Gericht zur Sprache kommen und dort abschließend geurteilt werden. Die deutsche Polizei hingegen muss vorsichtig mit konkreten schweren Anschuldigungen sein, da die ad hoc-Einschätzung durch Gutachter und nachträgliche Zeugenaussagen später korrigiert werden könnte. Insofern ist „Übersah“ schon eine eindeutige Zuweisung der Verantwortung an den Verursacher bzw eine eindeutige Entlastung des Unfallgegners.